Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
in einer so eleganten Kutsche nach Hause schicken konnte.
Neben ihr bewegte sich Tobias ein wenig auf seinem Sitz und lehnte sich tiefer in die Kissen. Sein unverletztes Bein drückte sich einen Augenblick lang gegen ihren Schenkel. Sie zweifelte nicht daran, dass die kurze Berührung rein zufällig gewesen war, dennoch war sie wie elektrisiert. Erinnerungen an die leidenschaftliche Umarmung in ihrem Arbeitszimmer drängten sich ihr auf.
Das war Wahnsinn.
Sie fragte sich, ob Tobias wohl auch die Angewohnheit hatte, spät am Abend auf seinem Weg nach Hause im Covent Garden anzuhalten. Irgendwie bezweifelte sie das. Er würde wählerischer sein, entschied sie. Viel wählerischer.
Dieser Gedanke führte zu der nächsten, noch viel beunruhigenderen Frage. Was für Frauen bevorzugte Tobias wirklich?
Trotz des Kusses in dem Arbeitszimmer war sie sehr sicher, dass sie nicht der Typ Frau war, den er normalerweise anziehend fand. Sie waren durch die Umstände zusammengeführt worden. Er war nicht von ihrem atemberaubenden Aussehen angezogen oder von ihrer klugen Art verzaubert.
Er hatte sie nicht durch einen überfüllten Ballsaal hinweg angesehen und war von ihrer überwältigenden Schönheit wie vom Blitz gerührt gewesen.
Um ganz genau zu sein, wenn man ihre Größe bedachte, so war es eher unwahrscheinlich, dass er sie in einem überfüllten Raum überhaupt sehen könnte.
»Sie haben Ihre Klientin meinetwegen abgewiesen, nicht wahr?«, fragte Tobias.
Die Bemerkung, die das tiefe Schweigen unterbrach, riss sie aus ihren Träumereien. Es dauerte einen Augenblick, ehe sie sich gefangen hatte.
»Es ging mir dabei ums Prinzip«, murmelte sie.
»Das glaube ich nicht. Sie haben Ihre Klientin meinetwegen aufgegeben.«
»Ich wünschte, Sie würden sich nicht ständig wiederholen, Sir. Das ist eine höchst ärgerliche Angewohnheit.«
»Ich bin sicher, dass ich viele Angewohnheiten habe, die Sie ärgerlich finden. Darum geht es hier gar nicht.«
»Worum geht es denn?«
Er legte eine Hand in ihren Nacken und beugte sich vor, bis seine Lippen nur noch einen Hauch von ihren entfernt waren. »Ich frage mich immer wieder, wie Sie sich wohl morgen früh fühlen werden, wenn Sie begreifen, dass Sie um meinetwillen den anständigen Betrag abgelehnt haben, den Mrs. Dove Ihnen bezahlt hätte.«
Es war nicht das verlorene Geld, an das sie am Morgen denken würde, dachte Lavinia. Es war das Ende ihrer unsicheren Partnerschaft mit Tobias, das ihre Gedanken beschäftigen würde. Das Tagebuch hatte sie zusammengeführt, und dieses Tagebuch gab es jetzt nicht mehr.
Die volle Bedeutung der Ereignisse dieser Nacht wurde ihr klar. Vielleicht würde sie Tobias nach dem heutigen Abend nie wiedersehen.
Das Gefühl des bevorstehenden Verlustes, das sie erfasste, schmerzte.Was war nur mit ihr los? Sie sollte doch eigentlich dankbar dafür sein, dass er bald wieder aus ihrem Leben verschwinden würde. Er hatte sie den Lohn für zwei Wochen Arbeit gekostet.
Doch aus irgendeinem Grund fühlte sie nichts anderes als Bedauern.
Mit einem leisen Aufschrei ließ sie die Decke los und schlang die Arme um seinen Hals.
»Tobias.«
Seine Lippen schlössen sich über ihren.
Sein erster Kuss hatte die Funken angefacht. Bei der Berührung seiner Lippen erwachten die Flammen jetzt zu einem brennenden, blendenden Feuer. Noch nie hatte die Umarmung eines Mannes eine solche Wirkung auf sie gehabt. Was sie all die Jahre mit John erlebt hatte, war ein süßes Sonett feiner, gegenstandsloser Gefühle gewesen, die für diese Welt zu flüchtig waren. Was sie jedoch in Tobias' Armen erlebte, erfüllte sie mit unbeschreiblichen, erregenden Gefühlen.
Tobias löste die Lippen von ihren und bedeckte ihren Hals mit vielen kleinen Küssen. Sie fiel zurück in die Samtkissen. Ihr Umhang breitete sich unter ihr aus. Sie fühlte seine Hand auf ihrem Bein und fragte sich, wie er wohl unter den Umhang und die Röcke ihres Kleides gekommen war, ohne dass sie das bemerkt hatte.
»Wir kennen einander doch kaum«, flüsterte sie.
»Ganz im Gegenteil.« Seine warmen Finger glitten an der Innenseite ihrer Schenkel empor. »Ich wette, ich habe in der Zeit in Rom mehr über dich erfahren, als viele Ehemänner von ihren Frauen wissen.«
»Es fällt mir äußerst schwer, das zu glauben.«
»Ich werde es dir beweisen.«
Sie küsste ihn voller Leidenschaft. »Wie willst du das denn machen?«
»Mal sehen, wo soll ich anfangen?« Er griff hinter sie und löste die Bänder
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