Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
Sie sind derjenige, der hier lästig ist«, erklärte sie. »Ich weiß nicht, warum Sie unbedingt den Störenfried spielen möchten.«
Sie wusste sofort, dass sie zu weit gegangen war. Pomfrey war kein sehr standfester Mann, erinnerte sie sich. Wenn er getrunken hatte, war er unberechenbar, und er neigte zu Gewalttätigkeiten.
Wut blitzte in seinen Augen auf, doch der Vorhang öffnete sich, noch ehe er auf Lavinias Beleidigung reagieren konnte. Tobias betrat die Loge.
» Mrs. Lake hat nicht ganz Recht, Pomfrey«, erklärte Tobias lässig. »Sie werden nicht lästig. Sie haben das Stadium der Belästigung schon weit überschritten und langweilen nur noch.«
Pomfrey zuckte bei diesem unerwarteten Angriff zusammen. Er erholte sich sehr schnell, doch auf seinem Gesicht spiegelte sich Überraschung und nicht nur Wut. »March. Was zum Teufel tun Sie denn hier? Das hier geht Sie gar nichts an.«
»Oh, es geht mich sehr wohl etwas an.« Tobias sah ihm in die Augen. »Ich bin sicher, Sie verstehen, was ich meine.«
Pomfrey war schrecklich wütend. »Was soll das bedeuten? Sie und Mrs. Lake? Ich habe nie auch nur ein Wort über eine Verbindung zwischen Ihnen beiden gehört.«
Tobias bedachte ihn mit einem Lächeln, das so kalt war, dass Lavinia überrascht war, dass er nicht zu Eis erstarrte.
»Nun, jetzt haben Sie etwas über unsere Verbindung gehört, nicht wahr?«, meinte Tobias.
»Hören Sie«, tobte Pomfrey. »Ich kannte Mrs. Lake in Italien.«
»Aber offensichtlich nicht sehr gut, denn sonst würden Sie wissen, dass sie Sie fürchterlich langweilig findet. Wenn Sie nicht in der Lage sind, diese Loge auf Ihren eigenen Beinen zu verlassen, dann werde ich Ihnen gern bei Ihrem Abgang helfen.«
»Verdammte Hölle, soll das eine Drohung sein?«
Tobias dachte kurz darüber nach, dann senkte er ein wenig den Kopf. »Ja, ich glaube, das ist es.«
In Pomfreys Gesicht arbeitete es. »Wie können Sie es wagen, Sir?«
Tobias zuckte mit den Schultern. »Sie wären erstaunt, wenn Sie wüssten, wie einfach es ist, Ihnen zu drohen, Pomfrey. Es ist wirklich überhaupt nicht schwierig. Ich würde sagen, es ist ganz natürlich.«
»Dafür werden Sie zahlen, March.«
Tobias lächelte. »Ich glaube, ich kann mir den Preis leisten.«
Pomfreys Gesicht lief rot an. Er ballte die Hände zu Fäusten. Lavinia hatte plötzlich schreckliche Angst, dass er eine förmliche Herausforderung aussprechen würde.
»Nein.« Sie war schon fast aufgestanden. »Nein, warten Sie. Pomfrey, Sie dürfen so etwas nicht tun. Das werde ich nicht zulassen.«
Doch Pomfrey hörte gar nicht auf sie. Er richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf Tobias. Statt ihre größten Ängste wahr zu machen, ihn zu einem Duell mit Pistolen in der Morgendämmerung aufzufordern, erstaunte er alle, indem er zu einem plötzlichen, mächtigen Schlag auf Tobias' Magen ansetzte.
Tobias musste den Schlag erwartet haben, denn er trat einen Schritt zurück und wich Pomfreys Faust aus. Die plötzliche Bewegung brachte ihn allerdings aus dem Gleichgewicht. Lavinia sah, wie sein linkes Bein nachgab. Er klammerte sich an den Rand des Samtvorhangs, um nicht zu fallen, doch der schwere Vorhang konnte sein Gewicht nicht halten. Er löste sich aus den Ringen, die ihn an der Decke hielten, und fiel nach unten.
Tobias stolperte zurück gegen die Wand.
Priscilla stieß einen kleinen Schrei aus. Emeline sprang auf. Anthony fluchte leise und stellte sich vor die beiden jungen Damen, in einem vergeblichen Versuch, sie vor der männlichen Gewalt zu beschützen.
Tobias glitt auf den Boden, in dem Augenblick, in dem Pomfreys Faust mit einem dumpfen Knall gegen die Wand donnerte. Pomfrey stieß ein unterdrücktes schmerzliches Stöhnen aus und hielt seine verletzte Hand mit der anderen Hand fest.
Lavinia hörte ein eigenartiges dröhnendes Geräusch. Sie brauchte ein paar Sekunden, ehe sie begriff, dass die Menschenmenge über das Schauspiel jubelte und applaudierte. Nach den aufmunternden Rufen zu urteilen, fanden sie diese Unterhaltung besser als alles, was sie an diesem Abend auf der Bühne gesehen hatten.
Sie hörte ein unterdrücktes Aufstöhnen, gefolgt von einem heftigen Plumps. Als sie zur Seite blickte, stellte sie fest, dass Lady Wortham von ihrem Stuhl gefallen war und flach auf dem Boden lag.
»Mama.« Priscilla lief auf sie zu. »Oje, ich hoffe, du hast daran gedacht, dein Riechfläschchen mitzubringen.«
»Meine Tasche«, keuchte Lady Wortham. »Schnell.«
Tobias griff
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