Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
war in einer eleganten, schlichten Frisur hochgesteckt, die ihre feinen, intelligenten Augen betonte. Ihre Handschuhe waren ein paar Töne dunkler als das Kleid.
Das Opfer des Apollo war es wert gewesen, dachte Lavinia stolz, als zwischen den Akten die Lichter angingen. Erst war es ihre Hauptsorge gewesen, dass Lady Wortham Emeline als Konkurrenz betrachten könnte und nicht, als angemessenen Hintergrund, vor dem Priscilla vorgezeigt werden sollte. Doch ihre Furcht hatte sich als grundlos erwiesen. Lady Wortham hatte nur einen Blick auf Emelines schlichtes, elegant geschnittenes Kleid geworfen und sich nicht die Mühe gemacht, ihre Erleichterung darüber zu verbergen, dass Priscillas Kleid nicht übertroffen worden war.
Die beiden jungen Frauen hatten an diesem Abend viele bewundernde Blicke auf sich gezogen. Lady Wortham war sehr erfreut. Sie glaubte offensichtlich, dass diese Blicke ihrer Tochter galten. Lavinia war ziemlich sicher, dass einige davon Emeline galten.
»Eine ausgezeichnete Vorstellung, finden Sie nicht?«, wandte sich Lavinia an Lady Wortham.
»Erträglich.« Lady Wortham senkte die Stimme, damit Emeline und Priscilla sie nicht hören konnten. »Aber ich denke, ich sollte Ihnen sagen, dass das Kleid Ihrer Nichte viel zu ernst für eine so junge Dame ist. Und dieses eigenartige Grün. Ganz und gar nicht die richtige Farbe. Ich muss daran denken, Ihnen den Namen meiner Schneiderin zu geben.«
»Sehr freundlich von Ihnen.« Lavinia legte einen Anflug von Bedauern in ihre Stimme. »Aber wir sind mit der Schneiderin, die wir haben, eigentlich recht zufrieden.«
»Wie schade.« Lady Worthams missbilligender Blick ruhte kurz auf Lavinias Seidenkleid. »Eine gute Schneiderin ist Gold wert, sage ich immer.«
»In der Tat.« Lavinia öffnete ihren Fächer.
»Ich bin sicher, meine Schneiderin hätte niemals dieses besondere Rot für Sie empfohlen. Nicht bei Ihrem roten Haar.« Lavinia biss die Zähne zusammen. Die Notwendigkeit einer Antwort blieb ihr erspart, als sich die schweren Samtvorhänge der Loge öffneten.
Anthony erschien, in seinem modisch geschnittenen Rock und der kunstvoll gebundenen Krawatte sah er sehr gut aus. »Ich hoffe, ich störe nicht.« Er machte eine anmutige Verbeugung. »Ich wollte nur all den hübschen Damen in dieser Loge meinen Respekt erweisen.«
»Anthony. Ich meine, Mr Sinclair.« Emeline bedachte ihn mit einem strahlenden Lächeln. »Wie schön, Sie zu sehen.«
Lady Wortham nickte freundlich. Ihre Augen blitzten zufrieden auf. »Setzen Sie sich doch, Mr Sinclair.«
Anthony zog sich einen Stuhl heran und schob ihn genau zwischen Emeline und Priscilla. Die drei jungen Leute unterhielten sich sofort lebhaft über das Stück. In der Nachbarloge wandten sich die Köpfe zu ihnen.
Lavinia warf Lady Wortham einen wissenden Blick zu. Sie würden niemals enge Freundinnen werden, dachte sie, doch in dieser Sache hier waren sie sich einig. Sie wussten beide sehr gut, dass auf dem Heiratsmarkt nichts so sehr das Interesse an jungen Damen weckte wie der Anblick eines ansehnlichen jungen Mannes, der die Damen umwarb. Anthony war für ihre Loge ein Gewinn.
»Wo ist Mr March?«, fragte Emeline in einer kurzen Pause in der Unterhaltung.
»Er wird auch gleich kommen.« Anthony warf einen schnellen Seitenblick auf Lavinia. »Er hat gesagt, er müsse zuerst noch kurz mit Neville sprechen.«
Diese Bemerkung weckte Lavinias Interesse. Sie war neugierig auf Tobias' Klienten. »Lord Neville ist heute Abend auch hier?«
»In der Loge dort gegenüber.« Anthony deutete lässig mit dem Kopf auf die Logen auf der anderen Seite des Theaters. »Er sitzt dort mit seiner Frau. Tobias ist jetzt bei ihnen. Ich nehme an, wenn er dort fertig ist, wird er hierher kommen.« Lavinia hob ihr Opernglas und folgte der Richtung, die Anthony gezeigt hatte. Sie entdeckte Tobias, und ihr stockte der Atem. Es war das erste Mal, seit sie ihn nach dem Vorfall in Mrs. Doves Kutsche gestern Abend gesehen hatte. Sie war erschrocken über die Erregung, die sie bei seinem Anblick erfasste.
Er hatte gerade Nevilles Loge betreten.Während sie ihn beobachtete, beugte er sich höflich über die Hand einer Frau in einem tief ausgeschnittenen blauen Kleid.
Lady Neville schien Anfang vierzig zu sein. Lavinia betrachtete sie einen Augenblick. Sie war eine große, stattliche Dame, die zweifellos in ihrer Jugend schlicht ausgesehen hatte. Sie war eine der Frauen, die mit einem gewissen Alter an Attraktivität gewannen. Ihr
Weitere Kostenlose Bücher