Lavinia & Tobais 01 - Liebe wider Willen
hob die Röcke und kam schnell die Treppe hinunter. »Aber kümmere dich nicht um mein Kleid. Erzähle mir lieber, was im Museum passiert ist.«
Lavinia schnaufte ein wenig. »Ich werde dir die ganze Geschichte erzählen, aber du musst mir schwören, dass du niemals, unter keinen Umständen auch nur ein Wort davon Mr March erzählen wirst.«
»Oje.« Emeline blieb auf der untersten Treppenstufe stehen. »Es ist etwas schief gelaufen, nicht wahr?«
Lavinia ging durch den Flur zu ihrem Arbeitszimmer. »Ich kann nur sagen, die Dinge sind nicht so gelaufen, wie ich sie geplant hatte.«
Mrs. Chiltons Gesicht verzog sich alarmiert. »Ma'am, bitte, Sie möchten sich sicher umziehen, ehe Sie in Ihr Arbeitszimmer gehen.«
»Ich brauche ein Glas Sherry im Augenblick nötiger als anständige Kleider, Mrs. Chilton.«
»Aber ...«
»Sie hat Recht, Lavinia«, meinte Emeline, die ihr schnell gefolgt war. »Du musst wirklich zuerst nach oben gehen.«
»Ich bedaure, dass mein Kostüm euch beiden nicht gefällt, aber dies ist mein Haus, und ich werde, verdammt, in meinem eigenen Arbeitszimmer das tragen, was mir gefällt. Möchtest du meine Geschichte nun hören oder nicht?«
»Natürlich will ich sie hören«, versicherte ihr Emeline. »Bist du auch ganz sicher in Ordnung?«
»Es war knapp, aber ich bin glücklicherweise unversehrt davongekommen.«
»Unversehrt?« Emelines Stimme wurde in ihrer Besorgnis lauter. »Gütiger Himmel, Lavinia, was ist passiert?«
»Es hat sich ein unerwartetes Problem ergeben.« Lavinia eilte durch die Tür ihres Arbeitszimmers und ging sofort zu dem Schrank, in dem der Sherry stand. »Wie ich schon sagte, du darfst kein Wort dieser Geschichte Mr March verraten. Er wird nie wieder Ruhe geben.«
Tobias blickte von dem Buch auf, in dem er in der Nähe des Fensters gelesen hatte. »Das verspricht aber wirklich eine interessante Geschichte zu werden.«
Lavinia blieb einen Schritt vor dem Schrank stehen. »Was zum Teufel tust du denn hier?«
»Ich warte auf dich.« Er schloss das Buch und warf einen Blick auf die Uhr. »Ich bin vor zwanzig Minuten gekommen, und man hat mir gesagt, du seist ausgegangen.«
»Genau das habe ich getan.« Sie riss die Schranktür auf, griff nach der Karaffe und goss sich ein großes Glas Sherry ein. »Raus.«
Er betrachtete sie lässig von Kopf bis Fuß. »Warst du vielleicht auf einem Maskenball?«
Sie verschluckte sich beinahe an dem Sherry. »Natürlich nicht.«
»Hast du dich entschieden, dein Einkommen aufzubessern, indem du eine Stelle als Putzfrau angenommen hast?«
»Damit lässt sich nicht genug Geld verdienen.« Sie nahm noch einen Schluck von dem Sherry und genoss die Wärme, die danach in ihr aufstieg. »Nicht, solange man nicht bereit ist, etwas anderes zu polieren als Fußböden.«
Emeline warf ihr einen besorgten Blick zu. »Bitte lass uns nicht zu lange in Unsicherheit. Was ist passiert, während du in Huggetts Museum warst?«
Tobias verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an den Bücherschrank. »Du bist noch einmal zu Huggett gegangen? In diesem Kostüm?«
»Jawohl.« Lavinia trug ihr Glas zur anderen Seite des Zimmers und ließ sich in einen Sessel fallen. Sie streckte die Beine aus und betrachtete ihre dicken Strümpfe. »Mir kam der Gedanke, dass es sehr aufschlussreich sein würde, festzustellen, welche Art von Wachsarbeiten wohl in der Galerie in der ersten Etage ausgestellt sind. Huggett tat sehr geheimnisvoll, fand ich.«
»Er hat geheimnisvoll getan wegen der Themen der Ausstellungsstücke.« Tobias' Stimme klang ungeduldig. »Aus offensichtlichen Gründen wollte er einer Dame nicht erklären, dass der ganze obere Raum voller erotischer Wachsfiguren ist.«
»Erotische Wachsfiguren?« Emeline sah neugierig aus. »Wie ungewöhnlich.«
Tobias sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Verzeihen Sie mir, Miss Emeline. Ich hätte das Thema gar nicht erwähnen sollen. Das ist kein Thema, über das man in Anwesenheit junger, unverheirateter Damen spricht.«
»Machen Sie sich deshalb keine Sorgen«, erklärte Emeline fröhlich. »Lavinia und ich haben über solche Dinge während unserer Reise nach Rom eine ganze Menge gelernt. Mrs. Un derwood war eine wirkliche Frau von Welt, müssen Sie wissen.«
»Ja«, stimmte ihr Tobias ein wenig zu ausdruckslos zu. »Ich weiß. Jeder in Rom wusste Bescheid über ihre Vorlieben.«
»Wir schweifen vom Thema ab«, erklärte Lavinia knapp. »Es war nicht nur Huggetts Reaktion, als ich ihn nach
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