LaVyrle Spencer
war besser, sie blieb hier, um frei über ihre Zukunft
entscheiden zu können. Im Horizons urteilte niemand, alle saßen im
selben Boot.
Das dachten die Mädchen jedenfalls.
5
Die Atmosphäre bei den Forresters wurde immer
spannungsgeladener, je länger Catherines Aufenthaltsort unbekannt blieb.
Angela wirkte bedrückt. Clay spürte die Niedergeschlagenheit seiner Mutter und
konnte sie während des ganzen Tages nicht vergessen. Zu allem Übrigen entließ
man Herb Anderson schon nach vierundzwanzig Stunden aus dem Gefängnis, ohne
offizielle Anklage zu erheben. Und diese Tatsache belastete nicht nur Clay,
sondern auch seinen Vater. Beide kannten das Gesetz und wußten, daß sie den
Mann für das, was er getan hatte, festnageln konnten. Doch ein solcher Schritt
war, ohne öffentliches Aufsehen zu erregen, nicht möglich. Also waren ihnen die
Hände gebunden, und ihre Nervosität wurde immer größer.
Als Herb Anderson wieder auf freiem
Fuß war, wurde seine Selbstgerechtigkeit grenzenlos. Auf dem Heimweg lächelte
er selbstzufrieden und dachte: Ich hab sie mir geschnappt, diese Hurensöhne.
Und ich lasse nicht locker, bis sie mir diese schönen grünen Scheinchen
hinblättern!
Als Herb nach Hause kam, stand Ada
im Wohnzimmer und las eine Postkarte. Überrascht blickte sie auf. Sie hatte ihn
nicht erwartet.
»Was, Herb, bist du schon draußen?«
»Ja. Verdammt noch mal. Diese
Forresters wissen schon, was gut für sie ist, deshalb bin ich draußen. Wo ist
das Mädchen?«
Seine Augen
waren blutunterlaufen, seine Hände noch verbunden; die Verbände waren
schmutzig. Er stank bereits nach Gin.
»Es geht
ihr gut, Herb«, sagte Ada schüchtern und hielt ihm die Karte hin. »Schau mal,
sie ist in Omaha, bei einer Freundin, die ...«
»Omaha!« Herb schlug seiner Frau die
Postkarte aus der Hand. Sie duckte sich, als er sich schwankend danach bückte
und sie wieder aufhob. Er starrte auf die Handschrift, um sich zu vergewissern,
ob es auch Catherines war. Dann flüsterte er: »Diese verdammten reichen
Hurensöhne werden dafür bezahlen! Niemand macht aus Herb Anderson ein Arschloch!«
Dann ging er an Ada vorbei, als würde sie überhaupt nicht existieren, und
verließ das Haus.
Erleichtert
sank sie in einen Sessel.
Im Horizons rächte sich Francie an den Ungerechtigkeiten des Lebens
und stahl Catherine Anderson eine Flasche Parfüm.
Auf dem Campus der Universität von Minnesota stieg
eine dieser > Ungerechtigkeiten < gerade in Clay Forresters Corvette. »Du
kommst zu spät«, schimpfte Jill Magnusson, doch gleichzeitig schenkte sie Clay
ein strahlendes Lächeln und ließ dabei Jacketkronen sehen, die ihren Vater
mindestens zweitausend Dollar gekostet haben mußten. Jill war eine Schönheit
und gehörte außerdem einer der elitärsten Studentenverbindungen an.
»Ich hatte viel zu tun«, entgegnete
er. Er war mit seinen Gedanken beschäftigt und achtete nicht auf ihre Reize.
Mit einem leisen Brummen sprang der Motor an, und Clay reihte sich in den
Verkehr ein.
»Ich muß noch ein paar Bilder im
Fotolabor abholen, die ich für mein Forschungsprojekt brauche.« Jill war nicht
nur eine Schönheit, sondern arbeitete als
Assistentin für Flugelektronik und wollte helfen, die erste Raumfähre zu
konstruieren, die zwischen Erde und Mond verkehrte. Da ihr ihre Karriere
wichtiger als die Ehe war, hatte sie nicht die Absicht, bald zu heiraten. Was
Clay gut verstand.
Doch an diesem Abend war er
ungewöhnlich gereizt. »Ich komme zu spät, und du willst noch am Fotolabor
vorbeifahren!« blaffte er.
»Mein Gott,
was ist denn los?«
»Jill, ich habe dir gesagt, daß ich
eigentlich heute abend arbeiten wollte. Du hast darauf bestanden, daß wir auf
diese Party gehen. Du solltest verstehen, daß ich dich dahin nur ungern
begleite.«
»Gut. Vergiß das Fotolabor. Ich hole
die Bilder morgen ab.« Er hielt so abrupt an einer Ampel, daß Jill nach vorne
geschleudert wurde.
»Was hast
du denn plötzlich?« rief sie.
»Ich bin
nicht in Stimmung für diese Party. Das ist alles.«
»Offensichtlich«,
kommentierte sie. »Dann vergiß die Party ebenfalls.«
»Du willst mich dahin schleppen,
also gehen wir jetzt dahin.«
»Clay Forrester, sprich nicht in diesem Ton mit
mir. Wenn du nicht mitgehen willst, hättest du es vorher sagen können. Doch du
sagtest nur, daß du dich an diesem Wochenende mit einem Fall beschäftigen mußt.
Das ist immerhin ein Unterschied.«
Er legte krachend den Gang ein,
überholte rechts und links und
Weitere Kostenlose Bücher