LaVyrle Spencer
und Sie
hören mir zu. Sie können sich doch vernünftigen Überlegungen nicht
verschließen. Ich schlage Ihnen vor, daß Sie mich heiraten, und wir ...«
»Sie
sind verrückt!«
»Vielleicht«,
sagte er kühl, »vielleicht aber auch nicht.«
Sie wollte
aufstehen, doch er drückte sie wieder auf ihren Stuhl.
»Sie wollen
wohl nicht den Tatsachen ins Auge sehen, wie?«
»Sie sind verrückt. Schlagen mir
vor, daß ich Sie heiraten soll!«
»Bleiben
Sie sitzen!« befahl er. »Sie führen sich wieder auf.« Ein schneller Blick in
die Runde, und sie sah, daß er recht hatte. »Sind Sie erwachsen genug,
Catherine, um diese Situation mit mir einigermaßen vernünftig zu besprechen? Es
gibt wenigstens ein Dutzend gute Gründe, die für eine Heirat sprechen. Fangen wir
mit Ihrem Vater an ...«
Diesem Argument durfte sie sich
nicht verschließen. »Wollen Sie sagen, daß er Sie mehr als einmal
zusammengeschlagen hat?«
»Das spielt hier keine Rolle. Ich
fange an zu verstehen, warum Sie nicht wollen, daß er aus dieser Situation
materiellen Nutzen zieht. Er ist wahrhaftig kein idealer Schwiegervater, aber
wenn ich ihn vorübergehend als solchen akzeptiere, muß er mit seinen
Belästigungen aufhören. Außerdem steht dann meiner Zulassung als Anwalt nichts
mehr im Wege. Als verheirateter Mann hätte ich einen makellosen Ruf. Ich weiß
auch, daß Ihr Vater nicht an Ihrem Wohlergehen interessiert ist. Aber meine
Eltern sind es.
Und meiner Mutter gegenüber komme
ich mir wie ein Verbrecher vor. Sonderbarerweise teilt mein Vater ihre Ansicht.
Die beiden haben das Gefühl, bald Großeltern zu werden. Und so benehmen sie
sich. In dieser Hinsicht sind sie nicht bereit, ihren Standpunkt zu ändern. Sie
wollen dieses Kind in der Familie behalten. Was mich betrifft, so will ich Sie
nicht mit meiner gefühlsmäßigen Verfassung langweilen. Es genügt zu sagen, daß
mich der Gedanke an eine eventuelle Adoption unendlich quält.«
»Ich habe nicht gesagt, daß ich das
Kind zur Adoption freigebe.«
»Nein, das haben Sie nicht. Aber was
wollen Sie machen, wenn Sie es behalten? Von der Sozialfürsorge in einer elenden
Wohnung leben? Das Studium aufgeben?« Er beugte sich über den Tisch und sah sie
voller Sorge an. »Diese Ehe soll auch Ihnen Vorteile bringen. Als ich Sie an
jenem Tag auf dem Campus entdeckte, glaubte ich, meinen Augen nicht zu trauen. Ich wußte nicht, daß Sie
studieren. Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?«
Sie schwieg, denn sie wollte ihm
ihre prekäre finanzielle Lage nicht enthüllen.
»Nehmen wir
einmal an, wir heiraten in der Übereinkunft, daß unsere Ehe nur so lange dauert,
bis ich mein Studium beendet habe und als Anwalt zugelassen bin. Ihr Vater wird uns in Ruhe lassen. Sie können sich
um das Kind kümmern, und ich trete in die Kanzlei meines Vaters ein. Dann
bezahle ich für Ihr Studium und komme für den Unterhalt des Kindes auf. Das ist
mein Vorschlag. Von jetzt an bis Juli. Das ist alles. Und sechs Monate später
lassen wir uns scheiden. Das ist überhaupt kein Problem, und diese Lösung wäre
für uns alle – das Kind eingeschlossen, denn es wäre nicht unehelich geboren –
die beste.«
»Und wer
behält danach das Kind?«
»Sie«, sagte er ohne Zögern. »Und
ich könnte es von Zeit zu Zeit sehen und würde Ihren Lebensunterhalt und Ihr
Studium finanzieren. Was wäre vernünftiger?«
»Und was
wäre ehrlicher?«
Enttäuschung und Unmut waren in
seinem Gesicht zu lesen, doch sie wußte, daß sie ihn mit dieser Bemerkung
getroffen hatte. Also
sagte sie: »Sie haben mir einmal gesagt, daß Ihr Vater ein außerordentlich
ehrlicher Mann ist. Was sollen er und auch Ihre Mutter von dieser Abmachung
halten?«
»Müssen sie denn davon erfahren? Das kann doch unter uns bleiben.«
»Ach? Dann wollen Sie also vor Ihren
Eltern nicht als Lügner dastehen?«
»Ich bin kein Lügner, Catherine.
Mein Gott, nehmen Sie doch Vernunft an. Ich möchte mein Studium abschließen und
Anwalt werden. Was ist daran so schrecklich?«
Sie dachte nach und spielte mit
ihrem Glas. »Sie brauchten sich nie Sorgen darüber zu machen, wie Sie Ihre
Schäfchen ins trockene bringen, wie?«
»Und das nehmen Sie mir übel?«
»In
gewisser Weise schon.«
»Nehmen Sie es mir so übel, daß Sie
meinen Vorschlag ablehnen?«
»Ich glaube
nicht, daß ich darauf eingehen kann.«
»Warum?« Er beugte sich vor.
»Dazu braucht man schauspielerisches
Talent, was ich nicht habe.«
»Nicht lange. Nur etwa ein Jahr.«
»Auch
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