LaVyrle Spencer
sozusagen als ihre Abgesandte. Ich war gegen sie
wehrlos.
Die Situation entglitt völlig meinen
Händen. Am liebsten wäre ich Ihnen in dieser Aufmachung nicht gegenübergetreten,
denn ich dachte, Sie könnten mich mißverstehen ... daß ich es auf Sie abgesehen
hätte.«
Er fuhr auf einen Parkplatz, wo eine
Neonschrift verkündete, daß das Lokal The Mullion hieß. Er stellte den
Motor ab und bemerkte: »Nun, Sie können den Mädchen sagen, daß ihre
Anstrengungen nicht umsonst waren. Sie sehen fantastisch aus.«
»Es lag nicht in meiner Absicht,
nach Komplimenten zu angeln«, sagte sie mit aufkeimendem Zorn.
Clay kannte diese Anzeichen bereits,
deshalb stieg er schnell aus, schlug die Tür zu und half ihr aus dem Wagen.
8
Clay geleitete Catherine am Ellbogen zu
einem abgelegenen Tisch in einer Nische. Er wollte ihr den Mantel abnehmen,
doch sie klammerte sich daran wie an einen Schutzschild. Noch ehe er ihren
Stuhl zurechtrücken konnte, hatte sie sich schon gesetzt.
Er nahm ihr gegenüber Platz und
fragte: »Was möchten Sie trinken?« Sie ließ den Mantel von ihren Schultern
gleiten und hängte ihn über die Stuhllehne.
»Etwas
Leichtes.«
»Wein?« schlug er vor. »Weißwein?«
Es verwirrte sie, daß er sich daran erinnerte, daß sie weißen Wein rotem
vorzog. »Nein. Etwas ohne Alkohol. Frischgepreßten Orangensaft.« Er blickte sie
an, konnte jedoch nichts in ihrem Gesicht lesen. Dann überraschte Clay
Catherine damit, daß er ebenfalls Orangensaft bestellte. Sie sah ihn kurz an,
wandte den Blick aber sofort wieder ab. Sie fragte sich, ob das Kind ihm wohl
ähnlich sehen würde.
»Als erstes möchte ich gern Ihre
Pläne kennenlernen«, begann er.
»Als
erstes? Und dann? Was kommt dann?«
»Dann sage
ich Ihnen, warum wir hier sitzen.«
»Meine Pläne sind doch
offensichtlich. Ich lebe in einem Heim für ledige Mütter.«
»Stellen Sie sich nicht dumm,
Catherine. Muß ich denn jede Antwort aus Ihnen herauspressen? Sie wissen genau,
was ich meine. Ich möchte wissen, wie die Zukunft des Kindes nach der Geburt
aussieht.«
Ihr Gesicht
verhärtete sich. »Nein. Nicht auch noch Sie.«
»Was meinen Sie damit?«
»In letzter Zeit will jeder von mir
wissen, was ich mit dem Baby vorhabe.«
»Wer denn?«
»Die Leiterin des Heims zum
Beispiel, Mrs. Tollefson. Sie sagt zwar, daß sie keine Kinder zur Adoption
vermittelt, aber eigentlich tut sie es doch.«
»Dann
wollen Sie das Kind zur Adoption freigeben?«
»Das geht nur mich etwas an.«
»Sie haben
sich also noch nicht entschieden?«
»Ich will nicht, daß Sie meine
Entscheidung beeinflussen.«
»Warum?«
»Weil Sie
das nichts angeht.«
»Ich bin
der Vater des Kindes.«
»Sie sind
der Erzeuger«, entgegnete sie und durchbohrte ihn mit ihrem Blick. »Das ist ein
großer Unterschied.«
»Seltsam«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme, »ich kann
da keinen großen Unterschied feststellen.«
»Leiden Sie
etwa unter Gewissensbissen?«
»Dieses Kind gehört auch mir. Ich
kann seine Existenz nicht einfach negieren, selbst wenn ich es wollte.«
»Ich wußte, daß Sie so reagieren
würden. Deshalb wollte ich Sie nicht sehen. Ich will mich von Ihnen nicht unter
Druck setzen lassen. Es ist allein meine Entscheidung, ob ich das Kind behalte
oder weggebe. Diese Verantwortung trage ich. Ihre Meinungsänderung verwundert
mich, da Sie mir doch noch vor kurzem Geld für eine Abtreibung angeboten haben.«
»Das war nur eine automatische
Reaktion. Ich wußte ja nicht einmal, ob
Sie das Kind austragen wollen. Vielleicht wollte ich Sie auch nur auf die Probe
stellen.«
»Leider
kann ich Ihnen nicht behilflich sein, denn ich weiß noch nicht, was ich tun
werde.«
»Gut«,
sagte er zu ihrer Überraschung. »Aber wir müssen über etwas anderes reden:
Ihren Vater.«
»Haben Sie
ihm erzählt, daß ich ...« fragte sie anklagend. »Nein. Das habe ich nicht. Er
weiß nicht, daß Sie noch in der Stadt sind. Er wähnt Sie in Omaha. Aber er
belästigt uns ständig und wird wohl nicht damit aufhören, bis wir ihn bezahlt
haben.«
»Oh, Cl
...« Sie unterbrach sich, ehe sie seinen Namen ganz ausgesprochen hatte. »Das
tut mir leid. Was können wir dagegen tun?«
Clay
erklärte ihr in knappen Umrissen seine Situation und schloß: »Ich möchte Ihnen
deswegen einen rein geschäftlichen Vorschlag machen.«
»Davon will
ich nichts hören«, sagte sie aufgebracht und mit hochrotem Kopf.
»Trinken
Sie Ihren Orangensaft, Catherine. Vielleicht kühlt er Sie ein wenig ab,
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