LaVyrle Spencer
Ihnen wahrscheinlich nicht die Wahrheit gesagt. Wir sind über sein
Verhalten tief enttäuscht, denn er hat nicht nur versucht, sich seiner
Verantwortung zu entziehen, sondern er hat auch noch seine Karriere aufs Spiel
gesetzt.«
In diesem Moment konnte Angela
Forrester nicht länger schweigen. »Catherine«, sagte sie mit Wärme in der
Stimme, »Sie müssen wissen, daß wir uns sehr viel Sorgen um Ihr Wohlergehen und
das des Kindes gemacht haben. Ich hatte soviel Angst, Sie würden das Kind
abtreiben lassen, obwohl Sie Clay das Gegenteil gesagt haben.«
Catherine warf Clay einen Blick zu.
Sie wunderte sich, daß er seinen Eltern erzählt hatte, er würde eine Abtreibung
bezahlen.
»Sie wissen alles, worüber wir in
jener Nacht gesprochen haben«, bestätigte Clay.
»Sind Sie überrascht, Catherine?«
fragte Angela. »Daß Clay uns die Wahrheit erzählt hat oder daß wir ihn zwangen,
Verantwortung zu übernehmen?«
»Ja.«
»Catherine, wir wissen, daß Sie das
erste Mal gegen Ihren Willen hier waren. Glauben Sie mir, mein Mann und ich
haben uns unzählige Male gefragt, welches die beste Lösung für dieses Problem
ist. Wir zwangen Clay, Sie hierherzubringen. Also haben wir ebenso Gewalt
angewendet wie Ihr Vater.«
»Mein Vater ist ein Mann, der seinen
Verstand nicht gebraucht. Glauben Sie nicht, daß ich ihm in irgendeiner Weise
ähnlich bin. Ich ...« Catherine schaute in ihren Schoß, das erste äußere
Zeichen ihres inneren Aufruhrs. »Ich verabscheue meinen Vater.« Dann sah sie
Claiborne an und fuhr fort: »Sie sollen wissen, daß ich
unter anderem auch gekommen bin, weil ich nicht möchte, daß Sie ihm auch nur
einen Cent zahlen.«
Claiborne setzte sich hinter seinen
Schreibtisch. Er nahm einen Brieföffner und spielte damit. »Sie sind eine sehr
direkte junge Frau.«
Diese Charaktereigenschaft gefiel
ihrem Mann, das wußte Angela, während sie Mitleid mit diesem Mädchen hatte, das
für ihren Vater solche negativen Gefühle hegte und darunter so offensichtlich
litt.
Catherine senkte wieder den Blick.
»Nun, jetzt muß ich wenigstens nicht mehr mit ihm unter einem Dach leben.« Clay
legte seine Hand auf ihren Nacken, an die Stelle, wo ihr Vater sie verletzt
hatte. Sie sah ihn überrascht an. Die Berührung schien sie zu verbrennen. Dann
sagte Clay zu seinem Vater: »Catherine hat ihr Elternhaus verlassen, damit sie
in Ruhe weiterstudieren kann. Ihr Vater glaubt, sie lebe in einer anderen
Stadt.«
»Sie
studieren?« fragte Claiborne erstaunt.
»Ja. Hier
an der Universität.«
Wieder sprach Clay. »Selbstverständlich
wird das Leben mit dem Baby für sie sehr schwierig. Ich konnte sie glücklicherweise
dazu bringen, meine finanzielle Hilfe anzunehmen.« Er schwieg und griff nach
Catherines Hand, eine Geste, die ihr seltsam vertraut erschien. »Catherine und
ich haben alles besprochen. Ich habe sie heute abend gebeten, mich zu heiraten,
und sie hat zugestimmt.«
Angela saß
starr da und ließ keine Gefühlsregung erkennen. Der Brieföffner entglitt
Claibornes Fingern und fiel klappernd auf die Schreibtischplatte. Er stützte
die Ellbogen auf und bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
»Wir sind
der Meinung, daß dies die beste Lösung ist.« Was habe ich getan? dachte
Claiborne.
Angela murmelte: »Ich bin so
erleichtert«, und fragte sich, ob sie das auch wirklich war.
Claiborne entschlüpfte die Frage:
»Bist du dir dessen auch sicher?«
Clay sah Catherine beschwörend an.
Dann legte er ihr seine Hand auf die Schulter. »Ihre Freunde und ich konnten
sie überzeugen«, sagte er mit einem vertraulichen Unterton, so daß seine Eltern
einen falschen Eindruck gewinnen mußten. Catherine wurde rot.
Angela und Claiborne entging der
zärtliche Blick, mit dem Clay Catherine ansah, nicht. Wie konnte das so schnell
passieren? Dann stand Angela auf und gratulierte den beiden. Auch Claiborne kam
hinter seinem Schreibtisch hervor und schüttelte ihnen die Hände. Zu seinem
Sohn sagte er: »Wir sind stolz auf dich, Clay.«
Trotzdem herrschte im Raum eine
seltsame Stimmung. Catherine spürte sie nur zu deutlich und dachte: So muß
sich ein Dieb fühlen, der seine Freunde bestiehlt.
Etwas später, als sie über die
Hochzeit sprachen, fragte Angela: »Sollen dein Vater und ich uns um die
Vorbereitungen kümmern?«
»Natürlich«, antwortete Clay ohne zu
zögern. »Catherine und ich haben von diesen Dingen nicht die geringste Ahnung.«
»Warum heiratet ihr nicht hier?«
schlug Angela unerwarteterweise
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