Lea und die Pferde - Das Glück der Erde (German Edition)
zitternden Knien erklomm ich schließlich meinen Ronnie, der das Presslufthammer-Feeling viel unmittelbarer vermittelte als der dicke Toby. Schließlich versuchte ich es mit Thorstens Sandsackstrategie – was wirklich Erleichterung schaffte. So langsam nahm ich meine Umwelt wieder wahr – und blickte voll in das feixende Gesicht einer von Heikos Begleiterinnen.
»Ist das nicht schrecklich? Sie knallt dem armen Gaul bei jedem Schritt ins Kreuz!«
Das Mädchen wandte sich an Heiko und heuchelte Tierliebe. Der hatte aber nach wie vor nur Augen fürRonja und ihr Wunderpferd. Ab und zu warf er ihr irgendwelche Bemerkungen zu, die sie mit etwas gequältem Lächeln quittierte. Ob sie seine Freundin war? Wahrscheinlich. Und sicher fürchtete sie die Konkurrenz an der Bande. Ansonsten würde sie sich wohl kaum so von ihm abkanzeln lassen. Heikos Bemerkungen zu ihrem Reitstil – »Nun nimm ihn doch mal auf! Du hängst da drauf wie’n Schluck Wasser in der Kurve!« - waren nicht gerade feinfühlig. Was würde er wohl zu meiner Reiterei sagen? Ich bemühte mich verzweifelt um Haltung und einen optimistischen Gesichtsausdruck.
»So, jetzt mal tauschen«, befahl Frau Witt endlich. »Damit du eine Pause hast, Lea. Heute kommt jeder zweimal dran, dann seid ihr hinterher nicht so kaputt.«
Frau Witt heuchelte Menschenfreundlichkeit. Dabei nutzte sie die Zeit, die Thorsten brauchte, um Ronnie schwerfällig zu erklimmen, wieder für unverständliche Anweisungen an Ronja.
»Tiefer einsitzen, Ronja, der ist nicht so ein Mäuschen wie deine Mazurka, den musst du dir ranholen! Reiten, Mädchen! Streng dich mal richtig an!«
Ronja sah eigentlich nicht aus, als ob sie die Sache schleifen ließe. Sie war inzwischen knallrot im Gesicht und hielt in einer Ecke an, um ihr Sweatshirt auszuziehen. Auch das T-Shirt, das sie darunter trug, zeigte bereits Schweißflecken. Ich gelangte immer mehr zu der Ansicht, dass Thorsten sich bei der Einschätzung der Reiterei gründlich geirrt hatte. Kugelstoßen war sicher weniger anstrengend.
»Ronja und Heiko sind unsere Turnierhoffnungen«, verriet uns Frau Witt, während Thorsten die ersten Runden drehte. Ab und zu blickte er dabei zu Ronjahinüber und schien ähnliche Gedanken zu hegen wie ich. »Heiko ist auf Schleifen abonniert und Ronja eigentlich auch, sie war Kreismeisterin mit ihrem alten Pferd. Aber den hier hat sie noch nicht lange. Insofern ist es etwas fraglich, ob sie ihn bis Ostern in den Griff kriegt. Heiko hilft ihr da etwas …«
Hilfe konnte man das auch nennen. Ronjas Lächeln wurde immer gequälter, Heikos Stimme immer lauter. Das Pferd schlug unwillig mit dem Kopf und versuchte schließlich sogar zu buckeln.
Ronja wirkte verzweifelt, aber Marie und Anna verfolgten sie trotzdem mit neidischen Blicken. Überhaupt musste sie sich langsam fühlen wie beim Spießrutenlauf. Außer Thorsten und meiner Mom, die beide gerade auf dem Pferd saßen und mit der eigenen Haltung kämpften, hatten alle nur Augen für Ronja. Die einen guckten neidisch, die anderen schadenfroh – und dann stieß der riesige Braune auch noch beinahe mit Buffalo zusammen. Das war natürlich Lenas Schuld, die Buffalo an der Longe hielt. Sie hätte aufpassen müssen. Aber keiner rüffelte sie. Auch zu Heiko, der jetzt die Tür zur Halle aufstieß, sagte niemand etwas. Dabei scheute daraufhin selbst Ronnie, und der Fuchs, auf dem das andere Mädchen ritt, machte einen schockierten Seitensprung. Thorsten fiel herunter.
Hatte ich nicht gestern noch gelesen, dass man solche Aktionen mit dem Ruf »Tür frei!« ankündigte? Für Heiko schien das nicht zu gelten.
»Lass mich einfach mal!«, befahl er, woraufhin Ronja ihr Pferd brav in die Mitte lenkte. Inzwischen fragte ich mich ernstlich, warum sie sich so behandeln ließ. Gut, wahrscheinlich war sie in ihn verliebt, aber auch dashatte doch wohl Grenzen! Ronja schien allerdings nur noch froh zu sein, den Sattel endlich räumen zu können. Sie sah ziemlich geschafft aus, als sie abstieg.
Natürlich konzentrierte sich jetzt die gesamte Aufmerksamkeit auf Heiko. Selbst Frau Witt gab keine Kommentare mehr zu Moms und Thorstens Sitz ab.
Heiko schien das allgemeine Interesse allerdings nicht zu stören. Im Gegenteil, er warf mit Blicken um sich wie Brad Pitt vor dem Kampf um Troja. Ohne Rücksicht darauf, dass der Braune nervös in den Zirkel tänzelte, auf dem Lena eigentlich longieren sollte, schwang er sich in den Sattel, zog kräftig am Zügel und trabte vom Fleck
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