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Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition)

Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition)

Titel: Leahs Vermächtnis (Berg und Thal Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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Perücke trug. Die Dinger werden immer besser, sehen immer echter aus. Aber was soll’s. Die Tropfen wirkten präziser als erwartet. Gestern konnte er schon besser damit umgehen, sein Timing war perfekt. Nur der Weg war zu weit, er musste sie am Schluss fast tragen. Er sollte leichtere Frauen aussuchen. Sie entschädigte ihn aber für die Plackerei, ihre Brüste waren perfekt, genau so, wie er sie mochte.
    Er erreichte den kleinen Jachthafen am Ende der Seestraße, wo der unbefestigte Seeuferweg in Richtung Hörnle begann. Für einen Moment blieb er stehen und starrte auf die leeren Pontons, ehe er sich umdrehte und zurück in Richtung Innenstadt ging.
    Der Kommissar würde bald noch mehr zum Nachdenken bekommen. Bestimmt setzte er längst seinen ganzen Apparat in Gang. Aber es würde ihm nichts nützen. Ein Künstler hinterlässt keine Spuren. Keine Fingerabdrücke und schon gar keine Spermaspuren. Er lächelte in sich hinein. Hier haben Sie es nicht mit einer der üblichen primitiven Taten zu tun, Herr Kommissar! Und von wahrer Kunst verstehen Sie nichts! Gar nichts!
     
     
    ***
     
     
    Thal schlug die Augen auf. Er brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Aus dem Fenster fiel ein schwacher Lichtschein auf den Spiegel gegenüber dem Bett. Das Zimmer war in milchig weißes Licht getaucht. Er spürte einen eiskalten Luftzug und zog die sonnengelbe Decke fester an sich. Leah und er schliefen bei offenem Fenster. Nach einem kurzen Blick auf den Wecker schloss er erneut die Augen. Es war fünf Minuten vor sechs, er hatte höchstens drei Stunden geschlafen. Zwar hatte er den Mut gefunden, die Nacht im Bett statt auf der Couch zu verbringen, Ruhe fand er aber keine. Zum x-ten Mal las er die Kondolenzbriefe von Leahs Freunden und Kollegen. Einige waren in sein Gedächtnis eingebrannt, trotzdem konnte er zu vielen Absendern kein Gesicht erinnern. Aber sie kannten Leah, sie kannten sie gut. Besser, als er das gekonnt hätte, zeichneten sie ihren Charakter, beschrieben seine Frau als Künstlerin und Kollegin, vor allem aber als Freundin und wundervollen Menschen. Er fand Trost in diesen teils mehrere Seiten langen Briefen. Leah hatte Spuren hinterlassen, das beruhigte ihn, gab ihm für kurze Zeit das Gefühl, nicht einsam zu sein. Als er in einen sanften, traumlosen Schlaf zu gleiten begann, brach die Fastnacht über ihn herein wie ein plötzliches Sommergewitter. Direkt vor seinem Haus stand eine Guggemusikkapelle und spielte zum Beginn des »Schmotzigen« auf. Pünktlich um sechs Uhr begann der höchste Feiertag der Fastnacht. Den ganzen Tag und die folgende Nacht würde in der Altstadt Ausnahmezustand herrschen. In manchen Jahren versammelten sich bis zu dreißig Kapellen und kleinere Musikgruppen in den Gassen. Mit stampfendem Schlagwerk und schrillen Tönen zogen sie die Narren aus ihren Häusern. Tanzend folgten sie den Musikanten, ziellos, einzig dem Rhythmus des Tages hingegeben.
    Thal wusste, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war. Am besten wäre es, Konstanz zu verlassen und in die Berge zu fahren. Doch erst musste er die Post abwarten. Er schlich sich ins Badezimmer, vorsichtig einen Schritt vor den anderen setzend. Ein kurzer Blick in den Spiegel ließ ihn innehalten. Wann hatte er sich zuletzt angeschaut? Seine Haare standen wirr zu Berge, und seine Bartstoppeln waren deutlich älter als drei Tage. Er brauchte einen Friseur, aber den würde er heute in Konstanz nicht finden. Benutzte sein Sohn nicht einen Rasierer, um seine Haare auf Stoppelmaß zu kürzen? Thal hatte diesen Apparat in den letzten Wochen gesehen, Tobias hatte ihn wohl vergessen, als er eine Woche nach Leahs Beerdigung wieder in seine eigene Wohnung zog. Thal öffnete Schubladen und Schranktüren, bis er ihn in der Wandnische neben der Badewanne fand. Als er den Stecker in die Dose schob, kam ihm kurzfristig der Gedanke, die Einstellung der gewünschten Haarlänge zu lassen. Warum sollte er sich nicht einen Igelschnitt verpassen, wie ihn sein Sohn seit Jahren trug? Thal schüttelte heftig mit dem Kopf. Das gefiele Leah nicht. Er schob den Schalter auf die höchste Stellung.
     
     
    ***
     
     
    Bettina Berg wachte an diesem Morgen um kurz nach sechs auf. Selbst im verschlafenen Dettingen, weit ab vom Zentrum der Fastnacht, spielte eine Kapelle zum Wecken auf. Sie folgte dem Ruf nicht und blieb liegen. Weil sie vergessen hatte, den Wecker zu stellen, stand sie erst kurz vor acht auf. Trotzdem beschloss sie, den anstrengenden Tag mit

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