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Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Titel: Leander und die Stille der Koje (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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dann der Strandhafer und der Strandflieder, der die Salzwiesen lila einfärbte. Von Seevögeln war jedoch weit und breit nichts zu sehen – die waren weit draußen im Watt, denn es war Niedrigwasser, und damit war dort die Tafel für sie reich gedeckt.
    Heinz Baginski fuhr weiter bis zum Infowagen der Schutzstation Wattenmeer und informierte sich dort an Bildertafeln über die verschiedenen Limikolen, die hier heimisch waren – das war der Fachbegriff für alle Watvögel, die so hießen, weil sie durch den Schlick des Watts wateten und Würmer und sonstiges Getier darin suchten. Hin und wieder flogen Austernfischer in Kleingruppen laut pfeifend über den Deich, so dass Heinz Baginski wenigstens ein paar Fotos schießen konnte und nicht vergeblich hierher geradelt war. Dergestalt vertrieb er sich die Zeit bis gegen sechzehn Uhr und ignorierte den aufsteigenden Hunger und vor allem den Durst, denn er hatte nichts zu trinken dabei. Schließlich hatte er ja nicht ahnen können, dass aus einem vormittäglichen Kojenbesuch ein Ganztagesausflug würde. Dann machte er sich auf den Rückweg, in der Hoffnung, die Fanganlage nun verlassen vorzufinden.
    Zunächst hatte er jedoch wieder gegen den Wind zu kämpfen, denn der hatte sich gedreht. Das war Heinz Baginski gewohnt: An der See kam der Wind merkwürdigerweise immer von vorn, egal, in welche Richtung man radelte.
    Gegen siebzehn Uhr dreißig war er wieder an der Boldixumer Vogelkoje, die jetzt friedlich und verlassen hinter dem Deich in der Marsch lag. Heinz schob sein Fahrrad auf die Weide an der Seite der Koje – es musste schließlich niemand, der vorbeiradelte, sehen, dass dort jemand widerrechtlich eingedrungen war. Dann huschte er über die Straße zurück zum Eingang, um dort entsetzt festzustellen, dass die Klappbrücke ihrer Funktion gemäß hochgeklappt war. Als wäre das noch nicht genug, ragte auf der anderen Seite des Grabens, der die Vogelkoje umgab, ein seitlich mit Stacheldraht bewehrtes Tor fest verschlossen vor ihm auf.
    »Mist«, fluchte Heinz, denn daran hatte er nicht gedacht.
    Was sollte er nun tun? Unverrichteter Dinge nach Wyk zurückradeln? Morgen wiederkommen und noch einmal Eintritt zahlen, nur um erneut von nervigen Blagen am Fotografieren gehindert zu werden? Nichts da! Er würde einen Zugang finden, und dann hätte er Stunden Zeit, um die Föhrer Krickente dahin zu bekommen, wo sie hingehörte: auf den CCD-Chip seiner Spiegelreflex.
    Also ging Heinz Baginski zurück und umrundete die Vogelkoje bis zu ihrer Rückseite. Wenn bloß niemand auf dem Deich vorbeikam und ihn entdeckte! Aber da war weit und breit kein Mensch zu sehen. Und jetzt tat sich vor ihm die große Chance auf: Hinter dem Stacheldraht öffnete sich eine Schneise im Gebüsch, die aussah, als würde sie dem ansässigen Wild regelmäßig als Zugang dienen. Heinz pfiff in verwegener Vorfreude Gabys Hit »Es kann mit vierzig wie mit zwanzig sein« leise vor sich hin, schob sein Stativ auf den Rücken, damit es ihn nicht störte, und setzte zum Sprung über den Graben an. Er kam auch an der gegenüberliegenden Seite sauber auf. Sein Oberkörper wurde aber vom Gewicht seiner Ausrüstung so weit zurückgezogen, dass er abglitt und langsam rückwärts mit seinen Schuhen in den Graben rutschte. Kalter, nasser Schlick quoll an seinen Knöcheln durch die Strümpfe, schwappte an seinen Waden hinauf bis zum Hintern und erzeugte ein Gefühl, als sei Heinz Opfer einer unangekündigten Durchfallattacke geworden.
    ›Es kann mit vierzig wie mit achtzig sein‹, wäre jetzt passender gewesen, aber den Frevel verkniff sich Heinz zugunsten eines saftigen Fluches, um dann mühsam und auf allen vieren den glitschigen Hang hinauf zurück zum Zaun zu klettern. Nun befand er sich auf der richtigen Seite des Grabens und brauchte nur noch dem Trampelpfad durch das ansonsten dichte Gebüsch zu folgen. Kurz darauf gelangte er seitlich an das Wärterhäuschen, das einsam und offensichtlich verschlossen dalag. Von hier aus folgte er dem offiziellen Weg an der Pfeife vorbei zum Teich, erklomm die Stufen und fand sich auf dem Aussichtsplateau wieder. Und da waren sie: Die Enten schwammen im Pulk über die schwarzgrüne Wasserfläche. Nur die schwarze Ente war nicht dabei. Alles bloß Stockenten. Das durfte doch nicht wahr sein! Da hatte Heinz Baginski den ganzen Tag vertrödelt, seine Schuhe und seine Hose ruiniert, seine teure Ausrüstung dabei aufs Spiel gesetzt, und nun das! Wahrscheinlich war die einzige

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