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Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Titel: Leander und die Stille der Koje (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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gewesen, hätte sie sich lange aus dem Konzept bringen lassen.
    »Das ist ja wohl die Höhe«, rief sie und brachte tatsächlich noch einmal einige zusätzliche Zentimeter an Halslänge zustande. »Eigentum verpflichtet! Haben Sie davon schon einmal etwas gehört? Ihr Unkraut streut seine Samen bis in meinen Garten. Niemals habe ich so viel Löwenzahn in meinem Rasen gehabt wie in diesem Jahr. Was glauben Sie wohl, woher das kommt? Soll ich in meinem Alter noch jeden Tag auf den Knien durch den Garten rutschen und den Löwenzahn ausstechen, der immer wieder von Ihnen herüberweht?«
    »Vielleicht solltest du einfach mal etwas Farbe in deinem Leben zulassen, du graues Gespenst«, murmelte Leander, hütete sich aber, es so laut zu sagen, dass Frau Husen es mitbekam.
    »Was haben Sie gesagt?« Offenbar hatte sie seine Lippenbewegungen gesehen.
    »Ich habe gesagt, dass der Löwenzahn in Ihrem Garten nicht in diesem Jahr gesät worden sein kann. Aber ich werde ab sofort dem lieben Gott nicht nur den Tag, sondern auch die Farben seiner Blumen stehlen, indem ich dem Löwenzahn zu Leibe rücke. Damit das auch von Erfolg gekrönt wird, bitte ich Sie nun, mich weiterarbeiten zu lassen. Einen schönen Tag noch, Frau Husen.«
    Einen Moment lang sah es so aus, als wollte die Frau sich nicht geschlagen geben, aber dann sah sie offenbar ein, dass sie für den Moment das Äußerste erreicht hatte, und zog ihren Kopf langsam wieder ein, was ihrem Hals das Aussehen einer Ziehharmonika gab.
    Kaum war Frau Husens Antlitz hinter der Hecke verschwunden, atmete Leander erleichtert auf und machte sich wieder mit der Sense an die Arbeit. Trotz seiner inneren Bewegung beschloss er, sich den Tag nicht von so einer alten Schreckschraube vermiesen zu lassen. Dafür war die Sonne heute viel zu herrlich, die Wärme kehrte in den Garten zurück, und auch das Vogelgezwitscher hob allmählich wieder an.
    Die Mäharbeit ging Leander erstaunlich flott von der Hand. Bald waren sogar die Baumstämme wieder zu sehen und einige stachelige Himbeersträucher an den Grundstücksseiten wurden sichtbar. Lena würde sich freuen, denn sie war ein Fan selbstgemachter Marmeladen.
    Mein Gott, Lena!, seufzte Leander in Gedanken. Wie lange hatte er seine Freundin schon nicht mehr gesehen! Sie hatten gemeinsam die Umstände des Todes seines Großvaters aufgeklärt. Dann war Lena nach Kiel aufgebrochen und hatte ihren Dienst beim LKA wieder aufgenommen, der noch umfangreicher geworden war, weil der Abteilungsleiter Henning Leander von Bord gegangen war. Nun hatte sie Aussicht auf seine Position, aber dafür kannte sie auch keinen Feierabend und keinen Urlaub mehr, und Leander verstand seine frühere Frau mit einem Mal viel besser. Inka hatte sich nicht zuletzt von ihm getrennt, weil er sie schlicht allein gelassen und nur noch für seinen Beruf gelebt hatte.
    Die Sonne stand inzwischen im Zenit und Leander inmitten der eigenen Schweißströme – Zeit, eine Pause einzulegen und die gute Sitte der Siesta auch im Norden Europas einzuführen. Leander brachte die Sense zurück in den Schuppen und kramte stattdessen ein paar klapperige Gartenstühle und einen Holztisch hervor, die er mitten auf dem Rasen unter einem Apfelbaum platzierte. Dann holte er sich eine Flasche Wasser aus dem Haus und ließ sich in seinem kleinen Paradies nieder. Unter den Bäumen konnte man es aushalten, und auch der Blick in den Garten um sich herum gestaltete sich nun viel erfreulicher als noch am Morgen. Wenn erst einmal das abgeschnittene Gras zu Heu getrocknet und zusammengeharkt war, konnte Leander den Rasen mit dem alten Handmäher kurz halten, den er im Schuppen entdeckt hatte. Er beschloss, von nun an so viel Zeit wie möglich in der windgeschützten Ruhe seines Gartens zu verbringen. Leander lehnte sich zurück, dachte noch, dass er sich vielleicht um einige bequemere Stühle und Liegen kümmern sollte, und war schon eingeschlafen, bevor er deren Kauf planen konnte.

    Heinz Baginski strampelte mit seiner Rostlaube bei heftigem Seitenwind schlingernd den Deich entlang, stieg vor jedem Gatter ab, um sein Rad durch die federbewehrten selbstschließenden Holztore zu schieben – wobei er einmal fast erschlagen worden wäre –, und erreichte nach einiger Zeit das Vorland. Lahnungen erstreckten sich rechter Hand in den Schlick des Wattbodens, um ebendiesen bei jeder Flut aufzustauen, bis neues Land gewonnen war. Hier würde sich zunächst der Queller ansiedeln, um erneut Sand abzufangen, und

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