Leander und die Stille der Koje (German Edition)
Pampe wirklich schon nicht mehr so ganz heiß war. Einen Moment lang kämpfte er noch gegen seinen inneren Schweinehund, verlor aber haushoch und machte sich so wieder auf den Rückweg in die Höhle des Löwen.
Dieser Wiese war ohnehin hochgradig verdächtig, dachte Hinrichs nun. Bestimmt erzählte der den beiden Kommissaren gerade das Blaue vom Himmel herunter. Es war ein nicht wiedergutzumachender Fehler, ihn, Torben Hinrichs, nicht zu der Vernehmung hinzuzuziehen. Niemand kannte den rasenden Naturschützer so gut wie er. Niemand wusste, wozu der Mann fähig war, wenn es um das Leben seiner scheiß Viecher ging. Er hätte fast den vollen Cappuccino-Becher in seiner rechten Hand zerknüllt statt den leeren in der linken. Zum Glück merkte er es noch rechtzeitig und schleuderte den zerknüllten leeren Becher in den nächsten Papierkorb.
Hinrichs dachte sich wieder in Rage. Wenn er die Leitung der Ermittlungen behalten hätte – in diesem Moment vergaß er, dass er niemals die Leitung gehabt hatte –, dann wäre der Fall schon abgeschlossen. Wiese oder Baginski, einer von beiden war der Mörder, da bestand für ihn überhaupt kein Zweifel. Die musste man nur richtig anfassen, dann hätte man mit Sicherheit im Handumdrehen ein Geständnis. Vielleicht sogar zwei, dachte er plötzlich. Natürlich, dieser Baginski war ein fanatischer Naturfotograf. Und Wiese war ein fanatischer Naturschützer. Was, wenn Wiese den Baginski angeheuert hatte, um Rickmers zu töten? Genau! Und der hatte dann Muffe gekriegt, als er die Leiche vor sich liegen hatte. Und um nicht unter Verdacht zu geraten, hatte er die Polizei gerufen. Vielleicht hatten Wiese und Baginski den Mord sogar gemeinschaftlich verübt.
Hinrichs war aufgewühlt, als er nun mit dem Cappuccino in der Hand die Zentralstation betrat. Er stellte den Becher vor Olufs auf den Tisch und deutete mit dem Kopf in Richtung Vernehmungszimmer. So weit kam das noch, dass er für Wiese den Kellner spielte!
»Schieb das Ding aber vorher kurz in die Mikrowelle«, riet er seinem Untergebenen.
Kaum hatte Hinrichs schmollend den Raum verlassen, um den bestellten Cappuccino zu holen, hatte Dieter Bennings die Befragung in versöhnlichem Ton begonnen: »Herr Wiese, nur damit Sie das hier nicht missverstehen, Sie sind selbstverständlich nicht festgenommen, und das ist auch kein Verhör. Es handelt sich lediglich um eine Befragung, zu der wir Sie hergebeten haben. Wir haben Hinweise bekommen, dass Sie und Herr Rickmers, von dessen Tod Sie ja sicher schon gehört haben, vor dessen Ableben Streit hatten.«
»Streit? Das trifft die Sache nicht annähernd. Rickmers hat Krieg gegen meinen Verein Elmeere und auch gegen mich persönlich geführt. Und dabei war ihm jedes Mittel recht. Wenn Ihre Frage aber dahin geht, ob ich etwas mit seinem Tod zu tun habe, dann muss ich das verneinen. Ich bin Naturschützer, wissen Sie, und als solcher ist man Pazifist, jedenfalls gemessen an den militanten Methoden der Umweltzerstörer, wie Rickmers und Arfsten.«
»Machen wir es kurz, Herr Wiese. Wo waren Sie gestern Abend zwischen zweiundzwanzig und ein Uhr nachts?«
»Nun, ich fahre jeden Abend unsere Flächen ab, um die Schäden zu beseitigen, die nette Inselbewohner im Vorbeifahren an den Zäunen und Infotafeln anrichten. Gestern Abend hatte ich den zerstörten Ansitz an unserer Fläche 8 einigermaßen wieder instandzusetzen. Es hat einige Zeit gedauert. Gegen zweiundzwanzig Uhr oder etwas später war ich wieder in der Pension. Dort habe ich meinen Gästen Fotos und Videos über die Umweltzerstörung auf unserer Insel gezeigt. Die Filme habe ich übrigens auch bei Youtube einstellen lassen. Da können Sie sich die Sauerei mal ansehen. So ein Videoabend in der Pension löst immer ausufernde Gespräche aus. Etwa gegen halb eins sind meine Gäste auf ihre Zimmer gegangen. Ich habe noch aufgeräumt und bin dann auch ins Bett. Meine Frau wird Ihnen das bestätigen.«
Die Tür öffnete sich, und Polizeihauptmeister Olufs stellte einen Becher Cappuccino vor Wiese auf den Tisch. Hinrichs ließ sich nicht mehr blicken.
»Herr Olufs, Herr Wiese wird Ihnen gleich einige Namen nennen. Es handelt sich um Pensionsgäste, die sein Alibi für die Zeit ab zweiundzwanzig Uhr gestern Abend bestätigen können. Wenn wir hier fertig sind, bringen Sie Herrn Wiese bitte nach Hause, und lassen Sie sich das Alibi von den Herrschaften bestätigen. Danach fertigen Sie ein Protokoll an und legen es mir vor.«
Olufs nickte
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