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Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Titel: Leander und die Stille der Koje (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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auch den Inhalt des Töpfchens verdoppeln. Das konnte mitunter sehr teuer werden.
    Der Ramsch lief an diesem Abend relativ ausgeglichen. Jeder verlor mal und gewann anschließend auch wieder, so dass zwischen den Spielern kaum Umsatz stattfand und allein der Pott anschwoll. Nach der halben Stunde wurde dann regulär gereizt. Mephisto mischte ausgiebig das erste normale Spiel.
    »Sag mal, Mephisto, warst du das damals in Ohio?«, erkundigte sich Hindelang und starrte entgeistert auf dessen Mischkünste, bei denen nicht selten einige Karten auf den Tisch fielen.
    »Wovon faselst du, Meister Klecks?«
    »Von dem besagten Pokerspiel, bei dem sich einer totgemischt hat.«
    »Ha, ha und nochmals ha!«, erwiderte Mephisto mit versteinerter Miene und legte Leander, der rechts neben ihm saß, den Kartenstapel hin, damit er abhob. Dann teilte er seinen drei Mitspielern die Karten aus und schaute selber in den Skat, denn der Geber musste bei vier Spielern aussetzen. »Oha!«, verkündete er, legte die beiden Karten verdeckt wieder auf den Tisch und klopfte mit seinem wurstigen Zeigefinger gewichtig darauf. »Der brummt!«
    Leander hatte ein Blatt, mit dem er bestenfalls Fliegen verscheuchen konnte. Also sagte er bereits bei 18 »Weg!« und verfolgte entgeistert, wie sich Brodersen und Hindelang bis 48 hochreizten. Tom hätte weitersagen müssen, konnte dies aber nicht, so dass Hindelang das Spiel bekam. Er nahm den Skat auf, schaute hinein, warf ihn angewidert auf den Tisch, fixierte Mephisto abschätzig, der völlig unbeteiligt dreinschaute, nahm den Skat erneut auf, aber auch der zweite Blick in die beiden Karten gefiel ihm offensichtlich nicht besser.
    »Warum falle ich eigentlich immer wieder auf den verlogenen Schwarzrock herein?«, fragte er fassungslos.
    »Man reizt ja auch nicht auf den Stock«, belehrte Leander ihn.
    »Solltest du dereinst das Mysterium der Gutgläubigkeit vor allem Kirchenvertretern gegenüber ergründen, teile mir das Ergebnis bitte mit«, erwiderte Brodersen, der sichtlich damit zufrieden war, dass er die Karten nicht bekommen hatte, denn nach Lage der Dinge waren sie offenbar so schlecht, dass sie bestenfalls in Leanders Blatt gepasst hätten.
    »Ich will es euch erklären«, hob Mephisto dozentenhaft an. »Der Homo sapiens allgemein, der Insulaner im Besonderen und Skatbrüder sowieso glauben gerne an das Gute im Menschen, weil sie dann reinen Gewissens dem Irrglauben unterliegen können, sie selbst seien im Grunde gut und edel. Ich aber, vor allem in meiner Eigenschaft als Seelsorger, habe es mir zur Aufgabe gemacht, den Menschen ihr wahres Ich zu spiegeln. Das fällt mir in meiner eigentlich grenzenlosen Güte zugegebenermaßen unendlich schwer, aber ich betrachte es nun mal als meine Pflicht, die Welt zu retten. Also halte ich das aus.«
    Brodersen legte seine Hände gebetsartig zusammen, hob sie vor seine Stirn und bewegte den Kopf langsam auf und nieder. »Dank, großer Meister, hab Dank!«, wiederholte er mehrmals in einem Singsang, der an hinduistische Tempelgebete erinnerte.
    Mephisto winkte bescheiden ab, lehnte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Händen in seinem Stuhl zurück, schloss huldgewohnt die Augen und entgegnete: »Da nicht für.«
    Hindelang hatte inzwischen mehrfach zwei Karten gedrückt, sie wieder aufgenommen, in sein Blatt zurück gesteckt und zwei andere gedrückt, wobei sein Gesichtsausdruck immer verzweifelter wurde. Schließlich sagte er mit der Miene eines Mannes, der geradewegs auf dem Weg zur Guillotine war, einen Grand an.
    »Kontra!«, entgegnete Tom Brodersen triumphierend.
    »Re!«, donnerte Hindelang dagegen.
    Leander wurde schwindelig angesichts der Tatsache, dass Brodersen das Spiel nicht nur gewinnen musste, sondern er musste es mit ihm zusammen gewinnen. Mephisto beugte sich nach rechts und blickte in Toms Karten. Dabei erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht, das diabolischer nicht hätte sein können.
    »Jetzt verliert einer, der weiß das noch gar nicht!«, verkündete er zufrieden und empfing dafür einen verschwörerischen Blick Brodersens, der sich seiner Sache offenbar absolut sicher war.
    Hindelang hatte das Aufspiel. Er zog zunächst den Kreuz-Buben und entlockte Brodersen damit seinen Karo-Jungen. Leander hatte nur kleines Kroppzeug, das er völlig wirkungs- und damit auch gefahrlos dazuwerfen konnte. Dann folgte Hindelangs Pik-Bube, und mit Brodersens Herz-Buben waren nun alle Trümpfe aus dem Spiel. Tom Brodersen begriff schlagartig, was

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