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Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Leander und die Stille der Koje (German Edition)

Titel: Leander und die Stille der Koje (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Breuer
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eine Geste, die ausdrücken sollte, dass er alles für denkbar hielt.
    »18!«, unterbrach Hindelang grimmig. »Sind wir jetzt zum Skatspielen hier oder zum Quatschen?«
    »Du bist gar nicht dran! Ich sage, und zwar 18!«, meckerte Brodersen zurück.
    »Jau!«, antwortete Mephisto, dem das Reizen galt.
    »20!«

    Es sollte noch ein langer Skatabend werden. Da bis zum Schluss niemand einen Grand Hand spielte, wurde aus dem Pott ein Teil der Getränkerechnung beglichen.
    Als sich schließlich eine allgemeine Aufbruchstimmung andeutete und niemand an etwas Böses dachte, erhob sich Mephisto plötzlich. »Liebe Freunde«, begann er theatralisch, »bevor wir uns nun in alle vier Himmelsrichtungen zerstreuen, lasst uns zum wahren Höhepunkt dieses Abends kommen.«
    Die Augen der sonst eher unernsten Skatbrüder richteten sich angesichts der Dramatik in Mephistos Stimme andächtig auf den kleinen Mann in Schwarz.
    »Brüder in Lukullus!«, fuhr der fort und faltete ehrfurchtsvoll die Hände über seinem Bauch. »Wie ihr alle wisst, seid nicht nur ihr einem guten Tropfen und einer deftigen Bauernplatte herzlich zugeneigt, nein, ich gestehe es rundheraus, ich bin es zuweilen auch.« Er hob beide Hände gen Himmel und ließ seine Augen unter den buschigen Brauen um Nachsicht heischend folgen.
    »Rundheraus, das hast du treffend formuliert«, stimmte Brodersen zu und deutete auf Mephistos Bauch.
    »Komm zur Sache, Orator, ich will ins Bett«, warf Götz Hindelang gequält ein, vollzog aber sogleich mit beschwichtigender Geste der rechten Hand einen bedingungslosen Rückzug, als Mephistos grimmer Augenpfeil ihn traf.
    »Wie ihr ebenfalls wisst – denn ich habe vor meinen Freunden nur die nötigsten Geheimnisse –, habe ich mir im Frühjahr einen alten Bauernhof in Oevenum gekauft, den ich nun die bisweilen zweifelhafte Freude habe, renovieren zu dürfen. Vor ein paar Tagen nun, als ich im Schweiße meines edlen Angesichtes im Garten das Unkraut rodete, um der Sonne die Chance zu geben, meinen Altersruhesitz in angemessener Weise zu beleuchten, da stieß ich in der hintersten Ecke des Grundstücks auf etwas schier Unfassbares. Und ihr alle, die ihr mir mit Recht so andächtig lauscht, tut gut daran, nun besonders aufmerksam zuzuhören, denn ich stieß hinter einem Berg alter Bretter und Balken auf ein Gartenhäuschen.« Er schaute triumphierend in die Runde und ließ seine Neuigkeit gebührend wirken, was zu seiner sichtlichen Enttäuschung nicht zu dem erwarteten Erfolg führte.
    »Manchmal geht mir der alte Mann sowas von auf den Sack!«, kommentierte der Maler das Gehörte.
    »Und womit?«, fragte Leander und beantwortete die Frage dann selbst: »Mit Recht!«
    Doch Mephisto war Derartiges gewohnt und fuhr unbeeindruckt fort: »Besagtes Gartenhäuschen nun war aber gar kein solches. Das wusste ich zu diesem Zeitpunkt nur noch nicht, jedenfalls nicht, bevor ich durch die Holzberge bis zur Tür vorstoßen konnte.«
    Götz Hindelang beugte sich nun etwas vor und fuhr in Mephistos Tonfall fort: »Und wie er nun Schicht für Schicht die Bretter abtrug, kam ihm schon ein erster Verdacht. Nennt es Intuition, wenn ihr schon nicht an einen Pakt mit höheren Mächten glauben wollt.«
    Mephisto ignorierte den Frevel und fuhr mit gedämpfter Stimme fort: »Und dann, nach schier endloser Plackerei, erkannte ich, welch ein Schatz sich dort vor den Augen der Welt und bis dato sogar vor meinen verborgen hatte. Mit einem Schlage war die Qual der Mühen vergessen. Und nun recht gründlich aufgemerkt, die Herren: Das vermeintlich schlichte Gartenhäuschen entpuppte sich als ein …«, er machte eine ausgedehnte Pause, trank ausgiebig aus seinem Bierglas und stieß dann triumphierend »Backhaus!« hervor.
    »Ein Backhaus«, echote Brodersen begeistert. »Ein Steinbackofen, den man mit Holz befeuert?«
    »Just!«, bestätigte Mephisto Brodersens Vermutung und konzentrierte sich nun ganz auf den Lehrer und Heimatforscher, der als Einziger die Tragweite seiner Erzählung gebührend zu erfassen schien. »Und dieses kleine Backhäuschen ist noch dazu in einem glänzenden Zustand! Ganze Generationen hart arbeitender Bauern und Feldarbeiter wird es gespeist haben, wöchentlich angefeuert durch unermüdliche Bäuerinnen, die unzählige Laibe feinsten Bauernbrotes darin gebacken haben.«
    »Nun, das Brot wird eher grob gewesen sein, Vollkorn halt«, wandte Brodersen ein. »Aber nichts desto trotz war es ein wesentlicher Bestandteil der täglichen

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