Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
haben mich gesehen.“
„Bevor wir überlegen, was wir tun können, zieh dich um.“
Wütend sah er Leandra an. Warum spielte sie sich in so einem Moment wie eine ältere Schwester auf?
„Hast du mir überhaupt zugehört? Jetzt, wo sie wissen, dass wir hier sind, werden sie die beiden Stadttore bewachen.“
„Sollen sie nur.“
Verwundert drehte sich Timor zu seinem Vater um, der am Fenster stand und verschlagen lächelte.
„Hast du eine Idee?“
„Das werdet ihr morgen erfahren. Geht ruhig schlafen, ich habe noch etwas zu erledigen.“
Nachdem Adain hinausgegangen war, sah Timor Leandra an.
„Hast du eine Ahnung, was er vorhat?“
„Du bist sein Sohn, oder? Wäre er so ruhig, wenn er keinen Ausweg gefunden hätte?“
„Wohl nicht.“ Timor überlegte, ob er sie fragen sollte, wie die Wahl ausgegangen war. Nein, lieber nicht. Amazonen verachteten Glücksspiele, und Leandra hatte bloß teilgenommen, weil ihnen das Geld die Reise zum Orakel von Nezia erleichtern würde.
„Timor?“
„Ja?“
„Zieh dir endlich trockene Sachen an.“
Obwohl ihre Worte ihn ärgerten, gehorchte Timor und ging danach ins Bett. Damit Leandra nicht merkte, dass er noch wach war, drehte er sich zur Wand. Und ich mache mir Gedanken um ihre Gefühle , dachte er beleidigt.
Am nächsten Morgen erwachte Timor mit Wanzenstichen übersät, und zu allem Überfluss war Adain schon wieder verschwunden. Wenn sein Bett nicht benutzt gewesen wäre, hätte Timor sich Sorgen gemacht. Er fragte sich, was die ganze Geheimniskrämerei sollte.
„Hat er gesagt, wann er wiederkommt?“
Leandra schüttelte den Kopf, und in diesem Moment klopfte es an der Tür. Vorsichtig öffnete Timor, und ein weißhaariger Magier mit langem Bart stand vor ihm. Sein blauer Umhang wirbelte auf, als er sich einmal um sich selbst drehte.
„Ich bin der große Jamal. Möchtet das junge Paar einen meiner berühmten Zaubertricks sehen?“
„Nein, wir-“ Timor sah den Mann in die Augen. „Vater! Das ist ja unglaublich!“
Adain nahm den weißen Bart ab und grinste breit.
„Wenn wir uns verkleiden, werden uns selbst unsere besonderen Freunde schwer erkennen. Eure Kostüme habe ich mitgebracht und eine Verstärkung fürs Schminken.“
Eine als Clown verkleidete Frau trat neben seinen Vater, stellte sich als Medea vor und kam ins Zimmer. Sie musterte Leandra und Timor von oben bis unten.
„Euer Vater hat mir etwas über euch erzählt, und ich denke, ich habe die richtigen Kostüme ausgewählt. Aus dir“, Sie deutete auf Leandra, „machen wir eine Furie.“
„Eine Furie?“
„Genau, schöne Menschen sollen beim Fest der Karuna hässlich werden, und als Rachegeist kannst du die anderen auch noch herrlich erschrecken.“
Weil Adain und Timor Leandras erste Opfer sein sollten, warf Medea die beiden aus dem Zimmer. Als sich die Tür endlich öffnete, bekam Timor wirklich einen Schreck. Von Leandras Schönheit war nicht viel übrig geblieben. Dunkle Schatten lagen um ihre Augen, und das Gesicht war bleich wie ein Totenschädel - obwohl - das zerschlissene, schwarze Kleid offenbarte viel von ihrer schlanken Gestalt.
„Wunderbar, nicht?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, packte Medea Timor am Arm und zog ihn ins Zimmer. Sie drückte ihm grüne Kleidung in die Hand und wandte sich ab. Ich soll wohl ein Frosch werden , dachte Timor und zog die eng anliegenden Sachen an.
„Die Jacke ist viel zu kurz“, meinte er.
Medea wandte sich um.
„Das soll so sein.“
„Das sieht lächerlich aus.“
„Passend zu deiner Rolle.“ Nachdem sie ihn vor den Spiegel gelotst hatte, fing Medea an, sein Gesicht braun zu schminken. Das fiel ihr nicht leicht, da Timor wegen der Wanzenstiche kaum still sitzen konnte. Eine künstliche Nase und ein grünes Käppchen machten Timor schließlich zum Kobold, und dank Medeas Geschick sah er außerdem zwanzig Jahre älter aus.
Medea ließ Adain und Leandra ins Zimmer, und der Jäger sagte: „Du hast gute Arbeit geleistet.“
„Natürlich, nun muss ich wieder auf die Feier. Amüsiert euch gut.“
Die Frau ging hinaus, und sie packten ihre Sachen.
„Vater, die Idee, die Stadt verkleidet zu verlassen, ist ja gut, doch mit diesen Waffen und Taschen werden wir auffallen.“
„Deshalb werden sie von jemand anderem hinausgebracht werden. Kommt, ich erzähle euch meinen Plan unterwegs.“
Sie gingen zum Nebenausgang, wo ein leerer Pferdewagen stand. Der Besitzer hatte seine Ware in der Herberge abgeliefert und sich bereit erklärt, ihre Sachen in einem
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