Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
unauffälligen Leinensack mitzunehmen.
Nachdem der Händler den Leinensack auf den Wagen gepackt hatte, sagte er: „Wir sehen uns an der Weggabelung.“
Mit einem Schnalzen trieb er sein Pferd an, und während sich Adain auf dem Weg zum Osttor machte, gingen Timor und Leandra zum Westtor. Als anständige Ungeheuer erschreckten sie die anderen Leute, wobei Timor eher für Heiterkeit sorgte als Angst einjagte. Die Stiche juckten so schlimm, dass er komische Bewegungen ausführte und über die eigenen Füße stolperte. Schließlich fiel er gegen eine Nymphe, und der Inhalt ihres Weinglases spritzte übers Gewand ihrer Freundin.
Diese heulte auf: „Werft die Monster aus der Stadt!“
„Ja, hinaus mit ihnen!“
Helden und andere lichte Wesen begannen die Jagd auf als Monster verkleideten Menschen und trieben sie auf das Tor zu. Wunderbar, bei diesem Tumult ist es unmöglich, auf den Einzelnen zu achten , dachte Timor. Im Hain vor Stadt gaben sie die Verfolgung auf, und eine kleine Hexe rief: „Das hat Spaß gemacht. Schnell zurück und noch mal!“
Ungeduldig sah sie zu dem Troll neben ihr hoch.
„Das wäre seit vorgestern das 38. Mal“, stöhnte der.
„Papa!“
„Ist gut, ich komme.“
Während die anderen zur Stadt zurückkehrten, gingen Leandra und Timor zum verabredeten Treffpunkt. Mit dem Leinensack zu seinen Füßen wartete Adain auf sie.
„Das hat ja gut geklappt“, sagte er und gab ihnen ihre Sachen, damit sie ihren Weg fortsetzen konnten. Am nächsten Bach hielten sie an, um sich umzukleiden und die Schminke abzuwaschen. Die braune Schminke war ziemlich hartnäckig, und Timor musste fest reiben. Plötzlich verlor er das Gleichgewicht und stürzte in den Bach. Sein Vater hielt ihn die Hand hin.
„Alles in Ordnung?“
„Ja, ja, das ist heute wohl nicht mein Tag.“
Timor ignorierte die helfende Hand und kletterte selbst ans Ufer. Nachdem er sich abgetrocknet und seine normale Kleidung angezogen hatte, aßen sie Mittag und setzten ihren Weg fort. Während sein Vater und Leandra miteinander schwatzten, versuchte sich Timor auf die Umgebung zu konzentrieren. Weder der am Himmel kreisende Adler noch die vom Herbst entkleideten Bäume lenkten ihn von den juckenden Stichen ab.
Am Straßenrand hatten Zigeuner ihr Lager aufgeschlagen, und als sich sie näherten, erhob sich ein blonder Mann in Adains Alter.
„Seid gegrüßt, die Nacht beginnt bald, und wir möchten Euch an unserem Feuer willkommen heißen.“
Obwohl Zigeuner ein einfaches Leben führten, teilten sie das, was sie besaßen, gerne mit anderen. Eine Ablehnung ihrer Gastfreundschaft hätten sie als schwere Beleidigung empfunden, so nahmen Adain, Leandra und Timor die Einladung des Mannes, der als sich Fannar vorstellte, an.
Auch die anderen Zigeuner begrüßten sie freundlich, und ein schwarzlockiger Jüngling begann, Harfe zu spielen. Sein Lied erzählte, woher die Gruppe kam und was sie alles erlebt hatten. Timor bemerkte, dass er, wenn er von Liebesabenteuern sang, Leandra ansah. Hoffentlich kommt er nicht wirklich auf den Gedanken, sie zu entführen , dachte Timor.
„Sehr schön, Ruman, nun wollen wir essen.“
Es gab einen Eintopf aus Linsen und Kartoffeln, dazu frischgebackenes Brot. Kaum hatten sie angefangen zu essen, stand Ruman auf und setzte sich neben Leandra.
„Ihr seid fremd in dieser Gegend. Woher kommt ihr?“
Sie wollte ihm eine Antwort geben, doch in diesem Moment entglitt Timor der Löffel, und Suppe spritzte auf sein Hemd. Er unterdrückte einen Fluch. Das musste wie Absicht gewirkt haben.
„Ihr müsst nicht antworten“, sagte Fannar, aber Ruman stand auf und blickte Adain in die Augen. Timor hielt den Atem an. Wenn es zu einem Kampf kommen sollte, würden die Zigeuner sie dank ihrer Anzahl sicher überwältigen.
„Eure Geheimnisse könnt Ihr behalten, ich will nach dem Essen nur einmal mit Eurer schönen Tochter tanzen.“
„Ich kann nicht tanzen!“
„Unsinn.“ Zärtlich lächelte Ruman Leandra an, und zu Timors Entsetzen stimmte sein Vater auch noch zu. Klar, sein Vater wollte die Zigeuner nicht verärgern, und dieser Kerl nutzte das zu seinem Vorteil aus. Nach dem Essen machte er seine Worte wahr, zog Leandra auf die Füße und fing an mit ihr zu tanzen. Wenigstens sieht sie nicht glücklich aus , dachte er, als sie an ihn vorbei wirbelten.
Endlich war der Tanz vorbei, und Ruman und Leandra setzten sich wieder. Timor schämte sich für seine Gedanken, denn die Amazone sah elend aus. Selbst Ruman bemerkte das und
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