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Leaving Paradise (German Edition)

Leaving Paradise (German Edition)

Titel: Leaving Paradise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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haben sich in verdammte Irre verwandelt. Welch abgefahrene Ironie.
    Am nächsten Tag sitze ich im Büro des Direktors. Mom und Dad mussten mit mir kommen, um zu erfahren, ob ich die Prüfungen bestanden habe oder nicht. Gott, ist das alles abartig!
    Meyer schlägt einen Ordner auf und starrt darauf. Ordner sind auch abartig. Besonders diejenigen, die etwas mit mir zu tun haben.
    Der Verteidiger, dem mein Fall nach dem Unfall zugewiesen wurde, hatte einen Ordner mit Berichten über den Unfall, meine Verhaftung und meine Lebensgeschichte. Die Wärter im DOC hatten sehr ähnliche Ordner. Es ist, als sei ich kein Mensch mehr. Ich bin auf ein paar Worte reduziert worden, die andere über mich geschrieben haben. Sogar Damon verlässt sich auf einen verdammten Ordner. Ich könnte ihnen eine gewaltige Menge mehr erzählen, als jeder Ordner ihnen verraten kann.
    »Während Caleb sich überraschend gut in fast allen Prüfungen geschlagen hat«, richtet Meyer sich an meinen Dad, »hat er die nötigen Anforderungen in Sozialkunde nicht erbracht.«
    Das ist nicht wirklich eine Überraschung, nach dem, was Leah erzählt hat.
    Moms Lächeln verliert einen Moment an Strahlkraft. »Ich bin sicher, da muss es sich um einen Fehler handeln.«
    Ich sehe meinen Dad an. Er erwidert meinen Blick kurz, bevor er sagt: »Caleb hat am akademischen Programm des, äh, Departement of Corrections teilgenommen.«
    Meyer hebt die Hand. »Das mag sein, Dr. Becker. Aber er hat in Sozialkunde nicht genug Punkte gesammelt, um ein Senior zu sein.«
    Ich werde jetzt sagen, was ich schon die ganze Zeit sagen wollte. Zum Teufel mit den Konsequenzen. »Ich könnte einfach abgehen.«
    Mom runzelt die Stirn. »Caleb, nein.« Hey, eine echte, spontane Reaktion!
    Dads Augenbrauen ziehen sich zusammen. »Sohn, du wirst nicht von der Schule abgehen. Ich bin sicher, Mr Meyer wird eine Lösung finden. Habe ich recht?«
    Der Typ holt tief Luft und zieht noch einen weiteren Ordner hervor, was in mir allen Ernstes den Drang zu lachen weckt. Er studiert seinen Inhalt, während wir alle schweigend abwarten. »Nun, er könnte den Juniorkurs in Sozialkunde belegen, aber alle anderen Fächer mit den Seniors.«
    »Oh, das ist eine wunderbare Idee«, quietscht Mom.
    Dad nickt.
    »Er müsste dann einen Sommerkurs besuchen und seinen Abschluss nachholen. Es ist nicht ideal, aber …«
    »Damit sind wir zufrieden, oder Caleb?«
    Oh Mann. Ein Sommerkurs? Das ist ja Folter! Warum stecken sie stattdessen nicht gleich Bambusstäbchen unter meine Fingernägel? »Was immer nötig ist, Dad.«
    Ich blicke aus dem Fenster auf die vorbeifahrenden Autos und die Vögel, die Gott weiß wo hinfliegen.
    »Caleb, warum holst du dir deinen Stundenplan nicht bei meiner Sekretärin ab?«, schlägt der Direktor vor. Er wirft einen Blick auf seine Armbanduhr. »Wenn du dich beeilst, schaffst du es noch zur zweiten Hälfte der dritten Stunde.«
    Dad und Mom schweigen, als wir Meyers Büro verlassen.
    Die Sekretärin reicht mir einen Zettel. »Hier ist dein Stundenplan.«
    Ich mache mich auf den Weg zu Senior-Englisch. Typisch für Meyer, mich zu zwingen, mitten in den Unterricht hineinzuplatzen. Ich winde mich innerlich, als ich die Tür öffne.
    Ich vermeine fast die Stimme eines Stadionsprechers in meinem Kopf zu hören: Und hier, Ladys und Gentleman, ist unsere Hauptattraktion … direkt aus dem Jugendgefängnis … Caleb Becker! Ich spüre, wie sich mir sechzig Augen zuwenden und ihre Blicke sich in meinen Schädel brennen, während ich auf den Lehrer, Mr Edelsen, zugehe. »Kann ich dir helfen?«, fragt er.
    »Ich bin in Ihrem Kurs.«
    Schweigen.
    Blicke.
    Gesichtsmuskeln, die sich anspannen.
    »Nun, dann such dir einen Platz.«
    Ich gehe ans Ende des Raums und setze mich neben Drew Rudolph. Wir gehörten zur selben Clique. Ihr wisst schon … vorher.
    Nach Englisch habe ich Mittagspause. Ich bezahle einen Apfel und eine Cola von dem Geld, das meine Eltern mir heute Morgen gegeben haben. Als ich durch die Cafeteria laufe, halte ich den Kopf erhoben. Sollen sie doch über den Exknacki tuscheln, so viel sie wollen. Ich habe mich im DOC ganz anderen Typen stellen müssen.
    Als ich um die Ecke biege, stoße ich mit Kendra zusammen. Es ist das erste Mal seit meiner Verhaftung, dass wir uns so nahe sind.
    »Hi, Caleb«, sagt sie mit einem neckenden Singsang in der Stimme. »Drew hat mir erzählt, dass du in seinem Englischkurs bist.«
    Ich nicke.
    »Erinnerst du dich noch daran, wie wir Englisch

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