Leaving Paradise (German Edition)
Hause blieb. Wenn er am Wochenende nach Hause kam, wollte er sich ausruhen, während sie Lust hatte auszugehen. Irgendwann hörte Dad auf, an den Wochenenden nach Hause zu kommen. Und Mom hörte auf, der Tatsache Bedeutung zuzumessen, ob er nach Hause kam.
Ich bin nicht sicher, welche Rolle Jude (seine neue Frau) in dieser Scheidungsgleichung spielt. Ich vermisse meinen Dad, aber er hat mich noch nie gebeten, nach Texas zu kommen und ihn zu besuchen. Ich frage ihn lieber nicht, wieso er mich nicht einlädt, weil ich, um ganz ehrlich zu sein, Angst habe mir eingestehen zu müssen, dass er mich nicht als Teil seines neuen Lebens haben möchte.
Während ich auf Mom warte, kommt Irina aus der Küche. »Moggie, Moggie!«, sagt sie aufgeregt mit ihrem starken russischen Akzent. »Ich chabe neuen Kuchen für dich.«
»Sind da Möhren drin?«, frage ich besorgt. Das letzte Mal hat Irina einen Möhrenkuchen nach einem alten Familienrezept gemacht. In der Mitte waren große Karottenstücke. Ich bin froh, sagen zu können, dass er es nicht auf die Karte geschafft hat.
»Kein Gemüse, versprochen. Es ist White Pie mit Schokoladenstückchen und Grahamcrackerbröseln mit Karamellüberzug. Klingt köstlich, was?«
Mein Magen knurrt, bereit für den Zuckertrip. »Bring mir einen. Ich kann etwas Aufmunterung gebrauchen«, sage ich. »Es gibt Probleme mit meinem Spanienaufenthalt.«
Irina sieht mich erschrocken an. »Oi, was ist passiert?«
Ich zucke mit den Schultern. »Lange Geschichte.«
»Ich komme sofort mit Kuchen wieder, ja?«, sagt Irina und verschwindet in der Küche. Ein paar Minuten später ist sie mit einem großen Stück Kuchen zurück. Schon bevor ich ihn probiert habe, weiß ich, dass er die nächste Woche das bestverkaufte Dessert bei Auntie Mae’s sein wird.
Ehe ich den ersten Bissen nehme, sage ich: »Du bist die Beste, Irina.« Dann fahre ich mit der Gabel in die weiße Masse, die mit Grahamcrackern, Karamell und Schokoladenstückchen besprenkelt ist. Sie wartet immer neben mir, bis ich den ersten Bissen gegessen habe und ihr meine Einschätzung mitteile.
»Er ist superlecker«, sage ich, während ich noch in der Saftigkeit des cremigen Teils und dem zarten Knuspern der Schokostückchen schwelge, die auf der Zunge mit dem weichen Karamell und der streuseligen Beschaffenheit der Grahamcracker verschmelzen. »Einer deiner besten.«
Irina verzieht sich geschmeichelt in die Küche.
»Wie ich sehe, hat Irina dich gefunden«, sagt Mum, die ein Tablett voller Doppeldecker im Arm hält. »Bis du dein Stück aufgegessen hast, bin ich hier fertig und wir können nach Hause gehen.«
Ich beobachte, wie meine Mom den hungrigen Bowlern gekonnt ihr Essen serviert.
Als ich meinen zweiten Bissen nehme, kommt ein weiterer Gast herein. Es ist eine alte Dame mit grauem Haar, in einer weißen Hose und einem türkisfarbenen Jackett. Mr Reynolds begrüßt sie mit einem Kuss auf die Wange. »Mom, warum hast du mir nicht gesagt, dass du kommst?«, fragt er die Dame. »Moment mal, wo ist Gladys?«
»Ich habe sie gestern gefeuert«, erwidert die Dame. »Sie ging mir tierisch auf die du weißt schon was. Außerdem brauche ich keinen Babysitter. Ich habe es wunderbar ohne hierher geschafft, oder?«
Mr Reynolds sieht besorgt aus. »Mom, wieso kommst du mit niemandem aus, den ich einstelle, um dir zu helfen? Ich könnte schwören, du feuerst sie alle nur, um mir eins auszuwischen.«
Die alte Dame steht kerzengrade da und reckt ihr Kinn in die Höhe wie eine Dreijährige. »Ich brauche keine Hilfe.«
»Du hast Herzprobleme«, sagt Mr Reynolds.
Sie wedelt mit der Hand in der Luft, als wolle sie seine Bedenken beiseite wischen. »Wer behauptet das?«
»Dein Arzt.«
»Was weiß der schon? Wenn du mich ab und zu besuchen würdest, wüsstest du, dass es mir gut geht.«
»Ich war doch erst am Samstag da.« Er schnaubt entrüstet, dann sagt er: »Bist du hungrig?«
»Was steht diese Woche auf der Karte?«
»Irina macht dir alles, was du willst, Mom. Sag was.«
Sie sieht ihn mit schmalen Augen an. »Einen Maiskolben und ein großes, saftiges Steak.«
Mr Reynolds schüttelt den Kopf und schmunzelt. »Mom, du hast Darm-und Herzprobleme. Netter Versuch.«
»Du gönnst mir keinen Spaß, Lou.«
»Und du bist dafür zum Schießen. Setz dich einfach an einen der Tische. Warte … komm mit mir und lern Lindas Tochter kennen. Ihr seid euch noch nicht begegnet.«
Ich senke den Blick auf meinen Kuchen und versuche die Tatsache zu
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