Leaving Paradise (German Edition)
»Ich verstehe. Nun, Liebes, es könnte sein, dass auch dich eines Tages das Glück einholt.«
Ja, klar. Alles, was ich brauche, sind ein kleines bisschen Feenstaub und eine gute Fee. Ich würde mein Geld auf keins von beidem setzen.
13 Caleb
»Caleb, ich hoffe, du hast die Prüfung bestanden«, ruft meine Mutter aus der Küche.
Ich wasche mir gerade zum dritten Mal hintereinander die Hände. Dank meiner Sozialstunden habe ich Farbe bis zu den Ellbogen. Das alte Paar aus dem Seniorenheim hatte sich eingetragen, damit ihre Küche in Hellrosa gestrichen wird, passend zu den falschen rosafarbenen Blumen auf ihrem Küchentisch. »Ich habe mein Bestes gegeben«, sage ich.
»Lass uns hoffen, dein Bestes war gut genug.«
Ich trockne mir die Hände mit einem Handtuch und frage mich gleichzeitig, wann sie aufhören wird, mich wie einen Fremden zu behandeln. Eines Tages werde ich diese Platikhülle, die sie umgibt, herunterreißen. Der Tag wird schon bald sein.
Das Telefon klingelt. Meine Mom nimmt ab, dann reicht sie den Hörer an mich weiter. »Für dich. Es ist Damon.«
Ich nehme das Telefon. »Hi.«
»Der Manager vom Trusty Nail hat mir erzählt, dass du zu spät gekommen bist.«
Oh, verdammt. »Ich musste nach der Schule länger bleiben, weil …«
»Das habe ich alles schon mal gehört, spar dir die Mühe«, bellt er und schneidet mir mitten im Satz das Wort ab. »Null Toleranz. Du trittst deinen Dienst pünktlich an. Punkt. Kapiert?«
»Kapiert.«
»Das landet in deiner Akte, Caleb. Ich kann den Richter bitten, dich zurück ins DOC zu stecken. Bau weiter Mist und ich werde es tun …«
Er labert noch immer, aber ich bin zu angepisst, um ihm weiter zuzuhören.
»… ich habe dir befohlen, dich wie ein Musterbürger zu benehmen und pünktlich zu sein. Du hast mich enttäuscht. Sorg dafür, dass das nicht noch mal passiert.«
»Es war nicht meine Schuld«, widerspreche ich.
»Wenn ich jedes Mal zehn Cent bekäme, wenn ich diese Worte zu hören bekomme, wäre ich längst Millionär.«
Arschloch. »Ich hab’s verstanden, Damon. Klar und deutlich.«
»Gut. Ich sehe morgen nach dir«, sagt er und legt auf.
Als ich das Telefon hinlege, wird mir klar, dass Mom meinen Teil der Unterhaltung mitangehört hat. Sie sieht mich an, aber da ist eine Leere in ihren Augen – als wäre sie gar nicht da. »Ist alles in Ordnung?«
»Ja«, sage ich. Alles super.
»Gut.« Sie nimmt ihre Handtasche vom Sofa. »Ich gehe jetzt einkaufen. Ich werde meine Spaghetti Spektakulär für das Herbstfestival am Samstag machen.«
Mom meldet sich immer freiwillig für irgendwelchen Mist. Ich schätze, sie steht auf die Aufmerksamkeit. Ihr Spaghetti-Spektakulär-Gericht hat bisher noch jedes Jahr den Preis ihres Frauenvereins der Hilfreichen Engel für das beste Rezept gewonnen. Sie hat die Pokale fein säuberlich auf dem Kaminsims im Wohnzimmer aufgereiht.
Mom düst in gewohnt chaotischer Hektik aus dem Haus.
»Sie ist völlig durchgeknallt«, sagt Leah von der Küchentür aus.
Heute trägt meine Schwester eine schwarze Jeans, von der Ketten herunterhängen. Das Ende der einen Kette ist an einem Hosenbein befestigt und das andere Ende am anderen Hosenbein. Wie kann sie damit laufen?
Ich sehe, wie Mom aus der Auffahrt fährt, als ich aus dem Wohnzimmerfenster gucke. »Das ist ja nichts Neues.«
»Meinst du, irgendwann wird alles wieder ganz normal sein?«, fragt Leah hoffnungsvoll.
»Das sollte es besser.« Ich werde alles dafür tun und hier und jetzt mit meiner Schwester beginnen. Sie ist im Begriff, in die Küche zurück zu gehen, als ich herausplatze: »Hast du mal mit Maggie geredet?«
Sie erstarrt, dann schüttelt sie langsam den Kopf.
»Nicht ein Mal seit dem Unfall?«
Sie schüttelt wieder den Kopf. »Ich möchte nicht darüber reden, Caleb. Bitte zwing mich nicht, darüber zu reden. Nicht heute.«
»Wann dann?« Sie gibt mir keine Antwort. »Eines Tages werden wir darüber reden müssen, Leah. Du kannst dieser Unterhaltung nicht ewig aus dem Weg gehen.« Ich ziehe meine Jacke an, hole mir einen Basketball aus der Garage und gehe raus. Ich vermeide es, das Haus der Armstrongs auch nur anzugucken, während ich mich auf den Weg in den Park mache, der in der entgegengesetzten Richtung liegt. Ich muss ein paar Körbe werfen, um einen klaren Kopf zu bekommen.
Meine verkorkste Schwester ist diejenige, die eine Gruppentherapie bräuchte. Ich bin derjenige, der eingesperrt war, und alle, die zu Hause geblieben sind,
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