Leaving Paradise (German Edition)
ich solle sie anrufen, sobald ich zu Hause sei. Als ich sie zurückrufe, sagt sie, sie wolle sich mit mir über einen Nebenjob unterhalten … als ihre Gesellschafterin.
»Sind Sie sicher?«, frage ich.
»Wenn wir uns einig werden, ist es deine Chance, das Geld für Spanien zusammenzubekommen«, sagt sie und führt mich damit total in Versuchung. »Kannst du zu mir nach Hampton kommen, damit wir reden können?«
Ich eile los, so schnell meine hinkenden Beine mich tragen, und sitze nur wenig später in einem Bus nach Hampton. Es ist nicht weit, nur eine fünfzehnminütige Busfahrt von Paradise aus. Die ganze Zeit grüble ich über das Angebot nach, das Mrs Reynolds mir machen will. Was macht eine Gesellschafterin so? Dame spielen und ihr zuhören, wie sie von alten Zeiten redet?
Es kann nicht allzu schwer sein. Ich kann es schaffen, sogar mit einem kaputten Bein. Bilder von mir, wie ich der alten Dame Sandwiches und Limonade mache, während wir zusammen sitzen und uns unterhalten, spuken mir durch den Kopf.
Leah und ich haben immer geredet – stundenlang und über alles und nichts. Ich weiß, mit einer alten Dame zu reden wird nicht dasselbe sein, wie mit meiner alten besten Freundin zu reden, aber ich denke, es könnte Spaß machen.
Ich drücke die Klingel von Mrs Reynolds Haus und sie begrüßt mich mit einem Lächeln. »Komm herein, Margaret.«
Ich setze mich steif auf ihr teures cremefarbenes Sofa und versuche, einen guten Eindruck zu machen. Vergiss die Vergangenheit, Maggie, und konzentrier dich auf die Zukunft, sage ich mir selbst.
Mrs Reynolds hat strahlende, wache grüne Augen, die ihr hohes Alter Lügen strafen, und eine Ausstrahlung, die denen der Seniormädchen im Cheerleadingteam Konkurrenz macht. »Würde es dir etwas ausmache, für eine mürrische, alte Lady wie mich zu arbeiten, Margaret, wenn für dich am Ende jene Reise nach Spanien herausspränge?«
»Abgesehen davon, dass ich das Geld wirklich brauche, wenn ich im nächsten Jahr im Ausland zur Schule gehen möchte«, sage ich, falte die Hände im Schoß und versuche nicht zu zappeln, »bin ich der Überzeugung, dass man viel von Menschen mit Lebenserfahrung lernen kann.«
Habe ich Mrs Reynolds gerade abfällig schnauben gehört? »Du meinst von alten Menschen?«, gibt sie zurück.
Ich beiße mir in die Backe. »Äh, was ich sagen wollte, war äm …«
»Nimm einen Rat von jemandem mit Lebenserfahrung an. Schmeicheleien sind reine Zeitverschwendung. Kannst du kochen?«
Zählen Makkaroni mit Käse? »Ja.«
»Gin Rommé spielen?«
»Ja.«
»Redest du zu viel?«
Ihre Frage trifft mich unvorbereitet. »Wie bitte?«
»Du weißt schon, redest du bloß, um deine Stimme zu hören, oder hältst du den Mund, bis du etwas Interessantes zu sagen hast?«
»Letzteres«, erwidere ich.
»Gut. Ich mag kein sinnloses Geplapper.«
»Ich auch nicht.«
So viel zu den Schmeicheleien.
»Ich erwarte, dass du an Wochentagen von fünfzehn Uhr dreißig bis neunzehn Uhr arbeitest und ein paar Stunden am Wochenende. Ich kann dir eine Stunde Pause geben, in der du deine Hausaufgaben machen kannst.«
»Meinen Sie damit, ich bin eingestellt?«, frage ich.
»Sieht ganz so aus. Ich zahle dir fünfzehnhundert Dollar im Monat, genug, um die Schulgebühren zu zahlen, für die du aufkommen musst. Du kannst am Montag nach der Schule anfangen.«
Wow. Das ist sehr viel mehr, als ich verdienen würde, wenn ich irgendwo anders arbeiten würde. »Das ist zu viel«, sage ich. »Sie könnten wahrscheinlich jemanden für sehr viel weniger Geld finden.«
»Wahrscheinlich. Aber du willst doch nach Spanien, oder?«
»Natürlich, aber …«
»Kein aber. Aber gehört in die Kategorie sinnloses Geplapper.«
Ich verspüre den Wunsch, die Frau zu küssen und zu umarmen und ihr tausendfach zu danken. Aber ich glaube, sie ist nicht der Typ, den man küsst und umarmt. Und wenn ich ihr tausendfach danke, bekommt sie wahrscheinlich ein Blutgerinsel im Kopf von so viel sinnlosem Geplapper.
Mrs Reynolds steht auf, ihr Krückstock gibt ihr Halt. Was mich daran erinnert hinzuzufügen: »Ich humple.«
Anstatt nachzufragen, sagt sie nur: »Genau wie ich. Und genau wie die meisten meiner Freunde. Zumindest diejenigen, die noch nicht tot und begraben sind. Solange du nicht wegen deiner Humpelei jammerst, werde ich nicht wegen meiner jammern.«
Und damit endet, ist das zu fassen, mein Bewerbungsgespräch.
15 Caleb
»Yo, Caleb, komm, setz dich zu uns«, ruft Brian mir aus dem
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