Leaving Paradise (German Edition)
– Kendra. Sie hat mir schon den ganzen Tag über ihr verführerischstes Lächeln zugeworfen, dasjenige, das mir verspricht, all meine Fantasien zu erfüllen. Sie hat nicht die geringste Ahnung, dass meine Fantasien von einem Mädchen beherrscht werden, das sich weigert, in meine Richtung zu gucken. Zu meinem Glück gelingt es mir den ganzen Tag, Kendra und ihrem übertrieben zur Schau gestellten Dekolletee aus dem Weg zu gehen.
Nach der Schule mache ich mich auf den Weg zum Bus, wobei ich mir erfolglos einzureden versuche, nicht überrascht zu sein, wenn Maggie sich einen Platz ganz vorne sucht, anstatt sich neben mich zu setzen. Ich lasse mich weit hinten auf einen Sitz fallen und sehe sie in einem pinkfarbenen T-Shirt und verwaschenen Jeans den Gang entlang zu mir kommen. Ihr langes Haar verdeckt ihr Gesicht, als verberge sie es vor meinem Blick. Sie geht an den vorderen Sitzen vorbei und kommt nach hinten, ohne mich auch nur einmal anzugucken.
Als sie sich auf den Platz neben mir gleiten lässt und der Bus sich von der Schule entfernt, atme ich erleichtert auf. In die Schule zu gehen, verlangt mir eine Menge ab. Die Lehrer starren mich an, die Schüler starren mich an … alle bis auf Maggie haben es sich zur Gewohnheit gemacht, mich anzustarren.
Ich senke den Blick auf unsere Knie, die sich leicht berühren. Jeans an Jeans. Bemerkt sie die Wärme, die sich von ihrem Körper auf meinen überträgt? Ist ihr überhaupt klar, was sie mit mir macht? Ich weiß, ich weiß, ich bin keine Jungfrau mehr – und trotzdem macht die leichte Berührung eines Mädchenknies mich schon wahnsinnig. Ich weiß nicht mal, was ich für Maggie empfinde. Ich weiß nur, dass ich empfinde. Es ist etwas, das ich bis gestern versucht habe zu vermeiden und zu leugnen – bis zu dem Moment, als ich sie in meinen Armen hielt und ihre Tränen auf mein Hemd tropften.
Oh, Gott. Es ist nicht genug, dass unsere Knie sich berühren. Ich brauche mehr.
Sie knetet die Finger in ihrem Schoß, als wüsste sie nicht, was sie mit ihnen tun soll. Ich möchte sie berühren, aber was ist, wenn sie mich abweist wie zuvor? Ich war noch nie in meinem Leben so durch den Wind wegen eines Mädchens.
Ich beiße mir auf die Unterlippe, als ich meine Hand einen Millimeter näher an ihre heranrücke.
Sie scheint unbeeindruckt, also rutsche ich näher. Und noch näher.
Als meine Fingerspitzen ihr Handgelenk berühren, erstarrt sie. Aber sie reißt ihre Hand nicht weg. Oh Gott, ihre Haut ist so weich, denke ich, während meine Finger eine Spur von ihrem Handgelenk über ihre Knöchel bis zu ihren glatten, manikürten Nägeln ziehen.
Ich schwöre, sie auf diese Weise zu berühren, macht mich schier wahnsinnig. Es ist erotischer und ungleich intensiver als es das je mit Kendra gewesen ist. Ich fühle mich wieder so unerfahren und unsicher wie ein Freshman. Ich sehe hoch. Die anderen Fahrgäste sind vollkommen ahnungslos, welche starken Gefühle in der letzten Busreihe um sich greifen.
Als ich den Blick wieder auf meine Hand senke, die ihre bedeckt, bin ich dankbar, dass sie nicht zur Vernunft gekommen ist und ihre Hand weggezogen hat. Als kenne sie meine Gedanken, drehen wir beide unsere Hände zur gleichen Zeit, sodass Handfläche an Handfläche ruht … Finger an Finger. Ihre Hand wirkt winzig gegen meine. Maggie scheint dadurch sehr viel zarter und zerbrechlicher, als mir klar war. Ich verspüre den Wunsch, sie zu beschützen und ihr Held zu sein, sollte sie je einen brauchen.
Mit einer leichten Handbewegung verschränke ich meine Finger mit ihren.
Ich halte Händchen.
Mit Maggie Armstrong.
Ich werde keinen Gedanken daran verschwenden, wie falsch das ist, weil es sich so verdammt richtig anfühlt. Sie hat vermieden mich anzusehen, doch jetzt wendet sie mir den Kopf zu und unsere Blicke verschmelzen. Herrje, wieso ist mir bisher nie aufgefallen, wie lang ihre Wimpern sind und dass ihre braunen Augen goldene Sprenkel haben, die funkeln, wenn die Sonne darauf scheint?
Der Bus hält plötzlich und ich sehe aus dem Fenster. Es ist unsere Haltestelle. Ihr muss es ebenfalls klar geworden sein, denn sie löst ihre Hand aus meiner und steht auf. Ich folge ihr, innerlich noch immer völlig aufgewühlt.
Wir kommen vor Mrs Reynolds’ Haustür an. Plätzchenduft steigt mir in die Nase, als wir ihr Haus betreten.
»Oh, ich bin so froh, dass ihr beide da seid«, schnattert Mrs Reynolds. »Kommt in die Küche, ich habe …« Die alte Dame legt den Kopf schief und
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