Leaving Paradise (German Edition)
wissen.«
»Tatsächlich?«
»Hatte Lou Pralinen dabei, als er das erste Mal bei euch war?«
Ich nicke.
»Dazu habe ich ihm geraten. Ich habe ihn angewiesen, deiner Mutter gelbe Rosen mitzubringen, weil sie am besten geeignet sind …«
»Es waren keine gelben Rosen.«
Sie hebt eine Augenbraue. »Nicht?«
»Nein. Es waren Tulpen.«
»Gelbe?«
»Lila.«
»Hm. Und die Pralinen, hatten sie eine Karamellfüllung?«
»Es waren Frango Mints. Sehr lecker.«
»Lecker, hm? So viel zum Ratschlag einer Mutter.«
Ich lache.
Meine Chefin wedelt mit dem Arm durch die Luft. »Genug getratscht, Margaret.«
Als wir die Teller wegräumen, schwankt Mrs Reynolds plötzlich und greift haltsuchend nach der Kante der Anrichte.
»Was ist mit Ihnen?«, frage ich, nehme ihr den Teller aus der Hand und führe sie zum Sofa.
»Diese neuen Medikamente richten ein heilloses Chaos mit meinen alten Knochen an, das ist alles. Kein Grund zur Sorge.«
Ich mache mir aber Sorgen. Bevor ich das Haus verlasse, rufe ich Auntie Mae’s Diner an und bitte Mr Reynolds, nach ihr zu sehen.
Ich mache mich auf den Weg zur Bushaltestelle, nachdem ich mich davon überzeugt habe, dass es ihr gut geht. Als ich den Bürgersteig entlanggehe, schließt ein Wagen mit quietschenden Reifen zu mir auf und rollt dann langsam neben mir her. Ich erkenne das Auto – es sind die Typen, mit denen Caleb letztens so aneinandergeraten ist.
»Hey, da ist Caleb Beckers behinderte Freundin«, brüllt jemand aus dem Fenster.
Ich beiße mir in die Backe und laufe weiter.
»Ich glaube, sie steht auf dich, Vic. Warum zeigst du ihr nicht, wie man ordentlich Spaß hat?«, sagt ein anderer. Dann lachen sie alle.
Das Auto fährt langsam neben mir her. Ich hoffe bloß, sie kommen nicht auf die Idee, auszusteigen. Werden sie aus dem Wagen steigen, falls ich stehen bleibe?
Werden sie mir etwas tun?
Große Angst, so gewaltig, dass ich innerlich zittere, hält mich davon ab, stehen zu bleiben.
Ich kann nicht zurück zu Mrs Reynolds’ Haus. Es ist zu weit weg und ich kann diesen Typen nicht davonlaufen. Da stehen Häuser entlang der Straße. Ich könnte bei jemandem klingeln und ihn bitten, die Polizei zu rufen.
In meinem Kopf entsteht ein Plan. Ich drehe um und laufe in die entgegengesetzte Richtung, die Richtung, aus der ich gekommen bin. Aber dabei falle ich hin. Meine Hände brennen und ich spüre eine klebrige Nässe mein Knie entlangrinnen, die von einer Schürfwunde stammt, die ich mir bei meinem Sturz zugezogen habe.
»Na, hat dir das gefallen?«, ruft einer von ihnen aus dem Seitenfenster.
Ich rapple mich auf und hinke schneller. Ich bete, dass sie den Wagen nicht wenden und mir folgen werden. Denn falls sie das machen, weiß ich nicht, was ich dann tun soll. Ich lausche auf das Geräusch eines wendenden Autos. Ich wage nicht, einen Blick über die Schulter zu riskieren und ihnen einen weiteren Grund zu liefern, mir hinterherzufahren. Aber bis auf meine keuchenden Atemzüge dringt kaum ein Laut an meine Ohren.
Erleichterung durchströmt mich, als der Bus die Straße entlanggebraust kommt. Ich stürze zur Bürgersteigkante und winke ihn heran, dann werfe ich einen Blick zurück, um zu sehen, ob das Auto noch da ist.
»Alles okay?«, fragt der Busfahrer.
»Mir geht es gut«, sage ich, gehe hastig nach hinten durch und setze mich.
Nichts kann mich heilen, keine noch so große Menge an Physiotherapiestunden oder Operationen. Die alte Maggie, der Tennisstar ohne das erbärmliche Hinken, die alte Maggie, die jeder Gefahr davonrennen konnte, existiert nicht mehr.
Caleb ist draußen vor dem Haus und mäht den Rasen, als ich die Straße entlanggehumpelt komme. Er stellt den Motor aus und eilt zu mir, kaum dass er einen Blick auf mich geworfen hat.
»Was ist passiert? Sag mir, was passiert ist.«
Ich versuche, die Tränen zurückzuhalten. »Mir geht es gut.«
Er guckt nach allen Seiten, um sicherzugehen, dass uns niemand beobachtet, dann nimmt er mein Gesicht in beide Hände. »Dir geht es nicht gut. Rede mit mir, verdammt noch mal.«
Ich sehe ihn verzweifelt an. »Es war dieser Vic-Typ.
»Wenn er dich angefasst hat, bring ich ihn um«, knurrt Caleb, nach einem Blick auf meine zerrissene, blutbefleckte Hose.
»Das hat er nicht. Er und seine Freunde haben mir bloß Angst eingejagt, das ist alles.«
»Ich werde dafür sorgen, dass das nie wieder passiert, Maggie.«
Ich schenke ihm ein warmes Lächeln. »Du wirst mich nicht immer beschützen können. Was willst
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