Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition)
es gerade für Menschen, die in so einer glücklichen Lebenssituation sind, wie ich oder du, ganz wichtig, dass man oft „danke“ sagt, ganz egal, zu wem. Es ist nicht selbstverständlich. Und, dass man dann, wenn man in einer so glücklichen Lebenssituation ist, auch die Verpflichtung hat, von seinem Glück etwas abzugeben, es zu teilen, in welcher Form auch immer. Es ist oft viel schöner, etwas zu geben, als etwas zu nehmen. Das ist eine alte Weisheit. Wenn man die Möglichkeit hat, etwas zu geben und jemandem wirklich Freude zu machen, auf sinnvolle Art und Weise, dann ist das ein großartiges Gefühl. Ich habe das am eigenen Leib erfahren.
Vor ein paar Jahren versteigerte ich einen Großteil meiner Autosammlung für einen jungen Mann namens Gerhard. Er sitzt nach einem Unfall im Rollstuhl. Ich erinnere mich gut daran, als Gerhard mich einmal nach einer meiner Vorstellungen ansprach. Er erklärte mir, dass er einen speziellen, behindertengerechten Wagenbenötigte und sein Plan war, von mehreren Prominenten Objekte zu sammeln, um diese zu versteigern. Er fragte mich, ob ich ihm irgendetwas dafür überlassen konnte.
Ich antwortete ihm: „Ja, ich kann dir natürlich etwas geben, aber hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie viele Objekte du brauchst, um dir ein solches Auto zu kaufen?“ Ich wusste, wie viel das kostete, denn mein Schwager ist in einer ähnlichen Situation und besitzt so ein Auto. Es verschlingt ein Vermögen.
Ich hielt Gerhards Wunsch im Hinterkopf: „Kommt Zeit, kommt Rat.“ Als ich etwa ein halbes Jahr später in meiner Halle stand und mir meine Autos ansah, schwirrte ein Gedanke durch meinen Kopf: „Eigentlich hätte ich lieber eine leere Halle.“
Ich rief Gerhard an: „Wir verkaufen meine Autos und du kannst dir für den Erlös zumindest einen Teil deines Wagens finanzieren.“ So taten wir es dann. Für mich war es relativ einfach, die Aktion medial anzukündigen, gemeinsam mit der Motorzeitschrift „Autorevue“, dessen Chefredakteur ich kenne. Wir versteigerten in kürzester Zeit 13 Autos und es kam bei weitem mehr Geld für Gerhard zusammen, als ich zu träumen gewagt hatte. Er konnte sich sein Automobil damit vollständig finanzieren. Die Aktion war ein dreifacher Nutzen: Erstens bekam Gerhard sein Auto, das er dringend brauchte. Ich war unnötige Last los und die Menschen, die die Autos kauften, hatten – vielleicht nur kurzzeitig, aber doch – Freude daran.
Clemens G. Arvay: In unserer Gesellschaft ist es doch ungewöhnlich, dass jemand 13 Autos …
Roland Düringer: Ja, es ist ungewöhnlich, aber es gibt Menschen, die haben noch viel mehr Autos.
Clemens G. Arvay: Das meine ich nicht. Ich wollte sagen: In unserer Gesellschaft ist es doch ungewöhnlich, dass jemand 13 Autos für jemand anderen hergibt.
Roland Düringer: Nun ja, mich von diesen Autos zu trennen war etwa so, wie für andere, ein paar Fahrräder abzutreten. Ich verdiente damals wie gesagt mein Geld sehr leicht. Es war keine so besondere Leistung. In der Summe war es zwar ein schöner Betrag, der auch sinnvoll verwendet wurde, aber es war von meiner Seite aus nichts, worauf ich stolz sein musste. Ich hätte meine Autos auch einfach verkaufen können, hätte den Erlös behalten und mir vielleicht neues Industriegerümpel gekauft. Oder ich hätte das Geld auf die Bank gebracht, damit es im großen Weltcasino zirkuliert. Das Gefühl, Gerhard mit der Versteigerung eine Freude zu bereiten und damit etwas Sinnvolles zu tun, war deutlich besser.
Sinn im Leben
Clemens G. Arvay: Wir haben als Einzelpersonen eben beschränkte Möglichkeiten, wir können nicht die ganze Welt retten.
Roland Düringer: Das ist der springende Punkt: Viele glauben, sie müssten die Welt retten und schmieden gute Pläne, wie das gehen könnte. Sie haben Konzepte und Ideen dafür, gründen Vereine, vielleicht auch Parteien, Bewegungen. Ich aber glaube, dass kein Mensch auf die Welt kommt, um diese zu „retten“. Manche glauben natürlich auch, wir kämen auf die Welt, um uns selbst zu retten, um unsere Seele, unseren Geist zu retten. Wenn ich in meinem kleinen Umfeld einiges bewegen kann, wenn ich Sinn stiften kann in verschiedenen Bereichen, dann habe ich eigentlich die Welt gerettet. Denn was ist schon die Welt? Angeblich wissen wir das heutzutage:Seit jemand von oben ein Foto von unserem Planeten Erde gemacht hat, sehen wir zum Beispiel, dass die Erde rund ist, dass sie annähernd eine Kugel ist. Jeder von uns kann
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