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Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition)

Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition)

Titel: Leb wohl, Schlaraffenland: Die Kunst des Weglassens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Düringer , Clemens G. Arvay
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isst Herr Breitfuß? Was schmeckt ihm? Welche Zeitung liest er? Welche Autos sieht er sich auf der Straße an? Worauf legt er seinen Fokus, wenn er die Straße entlanggeht? Ihm fallen bestimmt andere Dinge auf als mir. Wenn ich über die Straße gehe und dort steht irgendwo ein Motorrad, dann sehe ich mir dieses Motorrad an. Er geht wahrscheinlich an dem Motorrad vorbei, weil es für ihn gar nicht wahrnehmbar ist.
    Das Entwickeln einer Rolle ist also ein Experiment, das man innerhalb des eigenen Lebens durchführt. Man verändert sich ganz bewusst und geht eine Zeit lang als dieses Wesen durch die Welt. Man kann es jederzeit ab- und dann wieder einschalten. Abschalten, einschalten. Das ist mein Beruf. Ich experimentiere mit dem, was das Leben ausmacht, mit verschiedenen Verhaltensweisen.
    Irgendwann dachte ich mir: „Das kann ich doch genauso gut mit mir selbst machen.“ Wenn ich die Fähigkeit besitze, jemand anderen zu erkennen, mich in ihn hineinzuversetzen und seine Verhaltensmuster zu übernehmen, dann kann ich auch meine eigenen Verhaltensmuster ändern, weil ich ja weiß, wie das geht. Ich muss bloß den Schlüssel dazu finden. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir zwar schon mit einer gewissen inneren Programmierung auf die Welt kommen – das kann man jetzt den „Dämon“ nennen, der in uns wohnt, die Seele, den Geist oder das Göttliche, wenn man so will. Ich bin mir aber auch sicher, dass vieles erst durch äußere Einflüsse im Laufe unseres Lebens mit uns geschieht. Daskleine göttliche Lebewesen, das Kind, erkennt sich zunächst nur durch die anderen, also durch Mama und Papa. Erst durch andere erfährt es, was es eigentlich selbst ist, nämlich kein kleiner Gott, sondern vielleicht nur Kevin. (lacht)
    Ich glaube daher, dass, wenn ich äußere Rahmenbedingungen verändere, sich zwangsweise mein Verhalten und vielleicht sogar mein Seelenleben verändern. Bei mir war das im Zusammenhang mit dem Garten sogar sehr deutlich der Fall. Frage mich nicht, wie ich auf die Idee eines Gartens gekommen bin. Ich war damals so weit weg von einem Garten wie die meisten Menschen vom Dirigieren eines Symphonieorchesters. Ich hatte keinen Bezug zum Garten, bis ich mir einfach dachte: „Garten? Damit habe ich in meinem Leben noch nie experimentiert.“ Im Falle eines Gartens macht man das natürlich, indem man sich einen anlegt und einfach geradewegs mit dem Gärtnern anfängt. Und das habe ich getan.
    Ein Garten ist wie ein lebender Organismus. Mit Gärten zu experimentieren ist vergleichbar mit dem Beobachten von Menschen. In beiden Fällen wollte ich verstehen, wie sie funktionieren. So war also auch mein Garten für mich ein Experiment und er hat einiges in meinem Leben in Bewegung gesetzt.

Leben ist Wandel
    Meine Beziehung zur Natur und zum Lebendigen hat sich durchs Gärtnern verändert und mein Verhältnis zur Nahrung wurde regelrecht auf den Kopf gestellt. Auch meine Beziehung zu Menschen wurde durch den Garten bereichert, weil ich plötzlich andere Leute traf und zu schätzen lernte, die mit mir einen gemeinsamen Nenner hatten. Davor hatte ich sehr viel Kontakt mit Menschen, die von sich behaupteten, sie hätten Benzin im Blut. Etwas Dümmeres kann man nicht sagen. Sie hatten wohl eher einen Benzinwurmim Hirn, wie auch ich ihn habe – noch immer. Mein Interesse an Motoren und Maschinen ist ja nicht verschwunden, es ist nur hinter andere Lebensbereiche zurückgetreten.
    Plötzlich traf ich aber Menschen, die „einen Garten im Blut“ hatten. Und den haben wir – so meine ich – alle in unseren Adern fließen, schon deshalb, weil es ja die Gärten sind, die uns letztendlich nähren. Das war eine schöne Erfahrung, ein bereicherndes Experiment, weil ich durch den Garten nach und nach zwar kein anderes, aber ein verändertes Leben führte. Eine Veränderung im Leben kann jeder Mensch herbeiführen, bloß versuchen es so manche auf viel aufwendigeren Wegen, nämlich zum Beispiel durch einen Ortswechsel. Das bedeutet: „Ich flüchte vor meinem Leben, ich ziehe in eine andere Stadt, in ein anderes Land, wechsle von der Stadt aufs Land, verlasse meine Familie, suche eine neue Familie, suche ein anderes Leben.“
    Als viel schöner empfinde ich es, wenn das Leben bleibt, wie es ist, und man ganz bewusst die Dinge verändert, die man gerne verändern möchte. Ich habe das durch das Anlegen eines Gartens erreicht. Sicher, es hätte auch anders kommen können, und das Gärtnern hätte mir nach einem

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