Lebe die Liebe
Auf Wiederhören.« Sie legte den Hörer auf und sah zu Diana hinüber. »Guten Tag, kann ich Ihnen helfen?«
»Ich bin Diana Blade …«
»Oh ja«, unterbrach sie sofort und stand auf. »Mr. MacGregor hat mir gesagt, dass Sie heute vorbeikommen würden. Ich bin Lucy Robinson.«
Diana nahm die ausgestreckte Hand und wies hinüber zum Schreibtisch. »Sie sind wohl sehr beschäftigt, Miss Robinson. Vielleicht sollte ich ein andermal wiederkommen.«
»Nein, nein, nicht nötig. Kommen Sie nur. Mr. MacGregor hat noch einen Termin. Sie wollen sicher zuerst Ihr Büro sehen.«
Bevor Diana ihr noch sagen konnte, dass es sich keineswegs bereits um ihr Büro handelte, war Caines Sekretärin schon auf dem Weg in die erste Etage. »Miss Robinson …«
»Nennen Sie mich ruhig Lucy. Wir sind hier nicht so formell, mehr wie eine Familie.«
Familie, dachte Diana. Überall, wo Caine auftauchte, war dieses Wort nicht fern.
»Unten haben wir noch ein Konferenzzimmer und eine kleine Küche«, erklärte Lucy ihr. »Meist haben wir gar keine Zeit, in der Mittagspause rauszugehen. Können Sie kochen?«
»Ich fürchte, nicht sehr gut.«
»Schade.« Lucy blieb auf der obersten Stufe stehen. »Caine und ich sind nämlich auch keine geborenen Hausfrauen.« Völlig unbefangen musterte sie Diana, aber es war eine so freundliche Neugier, dass sie nicht unangenehm war. »Er hat mir gar nicht gesagt, dass Sie so hübsch sind. Woher kennen Sie Caine?«
»Mein Bruder hat seine Schwester geheiratet.«
»Ach ja, richtig. Caine erwähnte so etwas.« Sie ging voraus und öffnete die erste Tür. »Das ist Caines Büro. Ihres ist gleich hier hinten.«
Diana ging ihr nach. »Das ist wirklich ein sehr hübsches Haus. Caine hat wohl nicht sehr viel daran verändern müssen, oder?«
»Nein, nur einige Wände mussten herausgenommen werden.«
»Arbeiten Sie schon lange für ihn?«
»Ja, schon eine ganze Weile. Als er sich selbstständig machte, hat er mich gefragt, ob ich mit ihm gehen würde. Natürlich hab ich Ja gesagt. So, wir sind da.« Sie öffnete eine Tür und ließ Diana eintreten.
Es war genau das, was sie sich vorgestellt hatte. Nicht zu groß, mit zwei tiefen Fenstern und einem offenen Kamin an der gegenüberliegenden Seite. Platz genug für einen großen Schreibtisch, eine kleine Sitzecke und ein Regal zwischen den Fenstern für ihre Bücher.
»Es wundert mich, dass Caine diesen Raum leer stehen lässt«, überlegte Diana laut.
»Der ist noch gar nicht so lange leer. Bis vor Kurzem hatte er hier eine Schlafgelegenheit, damit er nicht mehr nach Hause fahren musste, wenn es abends spät wurde. Die Bibliothek ist übrigens hinter der nächsten Tür«, fuhr Lucy fort. »Dann gibt es unten noch eine Toilette und hier oben ein vollständig eingerichtetes Bad. Oh, mein Telefon klingelt. Sehen Sie sich nur ruhig weiter um, ich muss zurück.« Damit drehte sie sich um und lief den Korridor entlang zur Treppe.
Lucy hatte so gar keine Ähnlichkeit mit den ältlichen Sekretärinnen bei Barclay. Hier war überhaupt alles ganz anders. Viel ungezwungener und freundlicher. Dagegen wirkte die Kanzlei von Barclay wie eine Gruft.
Langsam ging Diana wieder aus dem Büro hinaus und öffnete die Tür zur Bibliothek. In der Mitte des Raumes stand ein langer Tisch, die Wände waren zugestellt mit Regalen voller Bücher. Neugierig trat sie näher und sah in ein Buch, das auf dem Tisch lag.
Der Mordprozess Sylvan war aufgeschlagen. Diana kannte ihn noch aus ihrer Studienzeit in Harvard. Damals hatte die Sache sehr viel Aufsehen erregt, der Gerichtssaal war an jedem Prozesstag voller Zuschauer gewesen, und das Fernsehen hatte ausführlich berichtet. Woran mochte Caine gerade arbeiten, dass er diesen Fall zurate zog?
Als Caine einige Minuten später in der offenen Tür stand, bemerkte Diana ihn überhaupt nicht, so vertieft war sie in den Bericht über diesen Prozess. Caine verhielt sich ganz still und beobachtete sie. Diana stand vor dem Tisch, die Hände auf die Platte gestützt. Die Haare hatte sie hinter die Ohren geschoben, damit sie sie beim Lesen nicht störten. An ihren Ohren funkelten goldene Clips.
»Was liest du da Interessantes?«
Diana blickte hoch, als sie seine Stimme hörte, aber sie hatte sich schnell wieder gefasst. »Über den Prozess Sylvan«, antwortete sie und wies mit dem Finger auf das Buch. »Ein sehr interessanter Fall. Die Verteidigung hat keinen Trick ausgelassen während der drei Monate, über die der Prozess
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