Lebe die Liebe
entspannt in dem schweren Wagen und genoss die Fahrt zu Caines Eltern. Sie bemühte sich, nicht mehr an Irene Walker zu denken und zumindest für dieses Wochenende auch den Fall Chad Rutledge aus ihren Gedanken zu verdrängen.
Sie freute sich darauf, Justin wiederzusehen. Diesmal würde ihr Zusammentreffen zu keinen Spannungen führen wie beim ersten Mal in Atlantic City. Sie hatten sich ausgesprochen und konnten es jetzt beide genießen, Geschwister zu sein.
Sie war gespannt auf Caines Familie. Was sie bisher über diesen Clan wusste, ließ ihn sehr sympathisch erscheinen, und Diana fragte sich, ob dieser Eindruck auch noch anhalten würde, wenn sie die einzelnen Familienmitglieder erst einmal kennengelernt hatte. Sie beneidete Caine wieder einmal um seine unbeschwerte Kindheit und Jugend, die er in dieser großen Gemeinschaft verbracht hatte und die auch heute noch zusammenhielt, da die Kinder längst erwachsen waren. Wie sehr hatte sie sich in ihrer Kindheit gewünscht, eine solche liebevolle Familie zu haben.
Wie würde Caine sich verhalten? Würde sie andere Seiten an ihm entdecken, wenn sie ihn zum ersten Mal als Sohn und Bruder kennenlernte? Umgekehrt würde er sie bestimmt kaum wiedererkannt haben, wenn er sie je im Haus ihrer Tante erlebt hätte. Für Diana war es nur natürlich, dass auch Caine sich im Kreise seiner Familie ganz anders verhalten würde als beispielsweise in Boston in der Kanzlei.
Caine lenkte den Wagen einen kurvenreichen Fahrweg den Berg hinauf, und dann sah Diana sein Elternhaus. Das große Gebäude aus grob behauenen Steinen hob sich massig wie eine Trutzburg gegen den fahlen Winterhimmel ab. Die rückwärtige Front lag zur Meeresseite, und nach vorn, zur Auffahrt hin, war die strenge Fassade von hohen Fenstern unterbrochen, die alle hell erleuchtet waren und so dem Haus etwas von seiner düsteren Ausstrahlung nahmen.
»Oh Caine, es ist so schön hier«, rief Diana begeistert, als der Jaguar vor dem Haus hielt. »Es sieht aus wie ein schottisches Schloss aus dem Bilderbuch.«
»Mein Vater wäre begeistert, wenn er das gehört hätte«, erwiderte Caine lachend.
Diana stieg aus und legte den Kopf in den Nacken, um bis zur Spitze des Turms hinaufsehen zu können, der mächtig in der Mitte des Hauses aufragte. Ganz oben wehte eine Fahne im Wind, der vom Meer her über das Land strich. »Hier wäre ich auch gern aufgewachsen«, sagte Diana und nahm den Blick nicht von dem Haus.
Caine freute sich, dass es ihr so offensichtlich gefiel. Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass er sehr enttäuscht gewesen wäre, wenn sie nicht so begeistert reagiert hätte.
»Ja«, sagte er und legte den Arm um ihre Schulter, »ich liebe den alten Kasten auch sehr, obwohl er eigentlich nach heutigen Maßstäben völlig unpraktisch ist. Viel zu groß, viel zu hohe Räume, die man nur mit riesigem Aufwand beheizen kann. Alles an dem Haus ist groß, selbst die Kamine sind so ausladend geraten, dass man einen Ochsen darin grillen könnte. Und der Weinkeller hat solche Ausmaße, dass er auch jahrelang ohne Nachschub auskommen würde. Als Kinder haben wir da unten in den Gewölben immer Räuber und Gendarm gespielt.«
»Tut es dir nicht leid, dass du nicht mehr hier leben kannst?«
»Nein, ich habe mich eigentlich schnell anders orientiert, als ich erst einmal ausgezogen war. Wahrscheinlich deshalb, weil ich genau weiß, ich kann immer hierher zurückkommen, wenn ich will. Komm, der Wind ist unangenehm, lass uns hineingehen. Die Koffer können wir später holen.«
Sie stiegen die breiten Steinstufen hinauf zur Haustür. An der Tür befand sich ein gewaltiger Messingklopfer in Form eines Löwenkopfes. Caine betätigte den Griff und sah, dass Diana neugierig die Inschrift studierte, die sich darüber befand.
»Königlich ist mein Geblüt«, übersetzte er ihr die gälischen Worte.
»Sehr beeindruckend.«
»Das will ich auch hoffen«, meinte Caine mit einem breiten Lächeln und nahm Diana in den Arm. Als seine Lippen ihren Mund berührten, schlang sie die Arme um seinen Nacken und erwiderte seinen Kuss. Es war so leicht, alles um sich herum zu vergessen, wenn er sie küsste.
»Das ist auch eine Art, hier draußen nicht zu erfrieren.«
Diana schaute erschrocken auf, als sie plötzlich eine fremde Stimme hörte. In der Tür stand ein großer Mann mit dunklen Haaren und schmunzelte.
»Mein Bruder Alan«, stellte Caine sie nicht im Mindesten verlegen vor. »Diana Blade.«
Alan ergriff ihre Hand und zog sie ins
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