Lebe lieber innovativ
meinte, ich solle lieber mehr Zeit im Labor verbringen. Ich wünschte, ich hätte einen Weg gefunden, unsere Ziele miteinander in Einklang zu bringen.
PERSÖNLICHE MISSERFOLGE
Konflikten aus dem Weg gehen: Während meines Grundstudiums hatte ich einen Freund und als dann der Abschluss näher rückte, belastete uns beide die Frage, wo es uns nun hinverschlagen würde, enorm. Doch statt das Problem direkt anzusprechen, machte ich Schluss. Ich wünschte, ich hätte ehrlich mit ihm darüber reden können, was los war.
Über das eigene Gefühl hinweggehen: Eines Tages starb mein Onkel in New York. Ich lebte in Kalifornien und einige Leute rieten mir dringend davon ab, zu seiner Beerdigung zu fahren. Das habe ich immer bereut. Mir wurde klar, dass man einige Dinge nicht rückgängig machen kann. In Situationen wie dieser sollte ich das tun, was das Richtige für mich ist, und nicht, was andere von mir erwarten.
Mit der Bereitschaft, Risiken einzugehen, und der Toleranz gegenüber Fehlschlägen wird in den einzelnen Ländern der Erde sehr unterschiedlich umgegangen. In einigen Kulturen bringt ein Fehlschlag so gravierende Nachteile mit sich, dass die Menschen sich regelrecht davor fürchten, überhaupt ein Risiko einzugehen. Das trifft vor allem auf Kulturen zu, in denen ein Fehlschlag als Schande gilt und in denen die Menschen von klein auf lernen, einen vorgezeichneten Weg mit einer klar definierten Aussicht auf Erfolg zu gehen. Versuche, die vielleicht zu Enttäuschungen führen könnten, werden gar nicht erst unternommen. In Thailand beispielsweise nimmt jemand, der schon mehrfach gescheitert ist, mitunter sogar einen neuen Namen an, um ein neues Leben zu beginnen. So hat eine thailändische Gewichtheberin ihren Sieg bei den olympischen Spielen 2008 tatsächlich dem Umstand zugeschrieben, dass sie vor den Wettkämpfen ihren Namen geändert hatte.
Das gemeinnützige internationale Forschungskonsortium Global Entrepreneurship Monitor ( GEM ) 1 veröffentlicht detaillierte Jahresberichte zu den Aktivitäten von Start-up-Unternehmen weltweit. Darin werden auch kulturelle Unterschiede bezüglich Risikobereitschaft und Toleranz gegenüber Fehlschlägen untersucht. Das Team von GEM hat festgestellt, dass das Risikoprofil einer Gesellschaft von einigen entscheidenden Faktoren beeinflusst wird. In manchen Ländern, unter anderem in Schweden, ist das Insolvenzrecht so verfasst, dass ein Unternehmensinhaber, der sein Geschäft aufgegeben hat, nie wieder schuldenfrei werden kann. Die drastischen und langfristigen Folgen eines Fehlschlags für den Unternehmer persönlich und seine Familie schrecken viele ab, überhaupt ein Unternehmen zu gründen. In manch anderen Ländern
sind die Ansichten und Verfahrensweisen ähnlich erbarmungslos. Wer einen Fehlschlag erleidet, den sehen Freunde, Nachbarn und Kollegen ein für alle Mal als Versager an. Vor nicht allzu langer Zeit wurden in einer Ausgabe des Wall Street Journal die Einschüchterungstaktiken von Inkassobeauftragten in verschiedenen Ländern, unter anderem in Spanien, beschrieben. 2 Dort suchen die Inkassobeauftragten Schuldner tatsächlich in ihren Privathäusern auf und erscheinen ganz gezielt in merkwürdiger, auffallender Kleidung. Dadurch wollen sie die Aufmerksamkeit der Nachbarn auf sich ziehen und die Schuldner beschämen. Warum sollte in solchen Kulturkreisen überhaupt jemand ein verzichtbares geschäftliches Risiko eingehen, wenn er damit nur Gefahr läuft, sich zum Gespött der Öffentlichkeit zu machen?
Solche Situationen stehen in krassem Gegensatz zur Lage im Silicon Valley, wo Fehlschläge als natürlicher Bestandteil des Innovationsprozesses akzeptiert werden. Steve Jurvetson, 3 geschäftsführender Gesellschafter der Firma Draper Fisher Jurvetson , beschreibt Misserfolge sogar als die »geheime Zutat« des Silicon Valley und Randy Komisar von der Firma KPCB sieht die Fähigkeit, Fehlschläge als Pluspunkte anzusehen, als ein Kennzeichen für ein von Unternehmergeist geprägtes Umfeld an. Wenn er Menschen trifft, die noch nie einen Fehlschlag erlitten haben, erklärt Randy, fragt er sich immer, was die wohl aus ihren Erfahrungen gelernt hätten.
Im Prinzip beruht jedes Lernen auf Fehlschlägen. Stellen Sie sich einmal vor, wie ein Baby Laufen lernt. Zuerst beginnt es zu krabbeln, später fällt es bei seinen Gehversuchen zunächst immer wieder hin, bis es schließlich eine Fähigkeit beherrscht, die wir im Erwachsenenalter als
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