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Lebe lieber innovativ

Lebe lieber innovativ

Titel: Lebe lieber innovativ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Seelig
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Fällen gelingt es ihnen, mit irgendeinem Gegenstand aus ihrer Umgebung ein Problem in Angriff zu nehmen, das mit dem Gegenstand eigentlich nichts zu tun hat.
    In diesem Zusammenhang führe ich gerne das Beispiel einer jungen Frau an, die im Begriff war umzuziehen. Dazu musste sie einige große Möbelstücke transportieren, hatte aber keine Ahnung, wie sie das bewerkstelligen sollte. Die Möbel, die sie nicht transportieren konnte, hätte sie in der alten Wohnung zurücklassen müssen. Sie schaute sich in ihrer Wohnung um und erblickte eine Kiste Wein, die bei einer Party ein paar Wochen zuvor übrig geblieben war. Sie rief die Internetseite Craiglist ® auf, eine Art Schwarzes Brett im Internet, und bot demjenigen, der ihre Möbel über die Bay Bridge in San Francisco bringen würde, die Kiste Wein an. Nach nur wenigen Stunden waren alle ihre Möbel hinübertransportiert. So wurde die Kiste Wein – zuletzt nur noch ein Staubfänger in der Ecke –, zu einem wertvollen Zahlungsmittel. Zwar hatte sich der Wein nicht wirklich in Geld verwandelt, doch die
Aufgabenstellung verlieh der Frau die Fähigkeit und die Motivation, ihn als solches zu sehen.
    Welche Art von Problemen man sich vornimmt, ist natürlich jedem selbst überlassen. Tatsächlich waren die meisten Projekte bei unserem Innovationswettbewerb allerdings so zugeschnitten, dass sie einen gemeinnützigen sozialen Wert besaßen. Das heißt, die Studenten nutzten den Wettbewerb, um ein gravierendes gesellschaftliches Problem anzupacken, beispielsweise Energiesparen, Gesundheitsförderung oder Hilfsprojekte für behinderte Kinder.
     
    Der erste Schritt zur Lösung von Problemen ist, sie überhaupt zu erkennen. In der Welt des Produktdesigns nennt man das need finding , was in etwa mit dem Begriff Bedarfsermittlung gleichzusetzen ist. Dabei handelt es sich um eine erlernbare Fähigkeit, die ein Hauptbestandteil des Lehrplans für das Graduiertenprogramm BioDesign Fellows an der Stanford University 1 ist. In diesem Programm arbeiten Hochschulabsolventen, die Ingenieurwesen, Medizin und Wirtschaft studiert haben, ein Jahr lang in einem Team zusammen. Sie versuchen festzustellen, in welchem Bereich der Medizin ein wichtiger Bedarf besteht, und entwickeln dann Produkte, um ihn zu decken. Geleitet wird das BioDesign- Programm von Paul Yock 2 , der zugleich Kardiologe, Erfinder und Unternehmer ist. Paul ist der Überzeugung, ein gut definierter Bedarf stelle quasi die DNA einer Erfindung dar. Wenn wir, mit anderen Worten, ein Problem klar definieren, wird sich seine Lösung als logische Konsequenz wie von selbst ergeben.
    Die Teilnehmer am BioDesign- Programm begleiten zunächst drei Monate lang Ärzte bei ihrer Arbeit, um herauszufinden, mit welchen Schwierigkeiten diese tagtäglich konfrontiert
sind. Sie beobachten sorgfältig und sprechen mit allen Akteuren – mit Ärzten, Krankenschwestern, Patienten und Verwaltungsangestellten –, um festzustellen, wo etwas verbessert werden könnte. Wenn sie dann eine Bedarfsliste mit zahlreichen Punkten erstellt haben, streichen sie diese auf ein paar wenige zusammen, um sich daraus das gravierendste Problem herauszusuchen. Haben sie sich auf eine Problemstellung geeinigt, entwickeln und erstellen sie schnell Prototypen für unterschiedliche Lösungsansätze. Nach einem konzentrierten Verfahren, bei dem Abläufe mehrfach wiederholt werden, präsentieren sie den »Betroffenen« die neuen Produktkonzepte, um zu sehen, ob sie den bestehenden Bedarf erfolgreich befriedigen könnten.
    Interessanterweise hat sich das Krankenhauspersonal, das stets in der ersten Reihe arbeitet, meist schon so sehr an die Schwierigkeiten in seinem Arbeitsalltag gewöhnt, dass die Angestellten sie gar nicht mehr wahrnehmen. Oft können sie sich auch keine effektiven Lösungsansätze für sie vorstellen. Paul Yock führt in diesem Zusammenhang gern eine Geschichte über die Entwicklung der Ballonangioplastie an. Dabei handelt es sich um eine medizinische Technik, bei der man einen Ballon in eine verstopfte Arterie einsetzt und ihn dort ausdehnt, um die Arterie wieder zu öffnen. Bevor diese bahnbrechende Erfindung gemacht wurde, waren die meisten Herzspezialisten der Meinung, dass man bei verstopften Arterien nur Bypassoperationen durchführen könne, um die beschädigten Blutgefäße zu beseitigen. Doch dieses Verfahren macht Operationen am offenen Herzen erforderlich, die erhebliche Risiken mit sich bringen. Als dann die Methode der

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