Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers
vielen Dank, Sheila«, sagte Lend-als-David und lächelte ihr zu. Ich wusste nicht, ob ich eifersüchtig sein, mich in Grund und Boden schämen oder mich über ihren schmachtenden Blick amüsieren sollte.
Steifbeinig stakste ich neben ihm her zum Parkplatz, völlig euphorisch darüber, dass er hier war, und hätte ihm am liebsten die Arme um den Hals geschlungen und mir die Umarmung abgeholt, die ich heute so dringend nötig hatte. Aber das würde ich ganz sicher nicht tun, solange er noch so aussah wie sein Dad.
Wir stiegen in sein Auto und ich versuchte, nur ihn selbst unter seinem Cover zu sehen und sonst nichts. »Und, was ist das für eine dringende Familienangelegenheit?«
»Ich hab mir Sorgen gemacht. Du gehst schon seit zwei Tagen nicht an dein Handy.«
Was daran lag, dass man in der unterirdisch gelegenen IBKP-Zentrale null Empfang hatte. »Ich hab’s verlegt«, log ich und hasste mich dafür.
»Dachte ich mir schon. Das mit den Sorgen war eigentlich auch nur ein Vorwand, um dich da rauszuholen.« Er grinste, parkte aus und fuhr die von Bäumen gesäumten Straßen Richtung Autobahn hinunter. »Mein Seminar heute Nachmittag ist ausgefallen und ich hatte so den leisen Verdacht, dass du nichts dagegen hättest, Sport sausen zu lassen.«
»Gut aussehend und klug. Was bin ich bloß für ein Glückspilz. Aber, ähm, ich find’s ein bisschen gruselig, mich so zu dir hingezogen zu fühlen, wenn du genau wie dein Vater aussiehst. Coverwechsel?«
Er lachte und das Gesicht seines Dads schimmerte auf und verwandelte sich in das von Lends üblichem dunkeläugigen, dunkelhaarigen Schnuckel. »Besser so?«
»Viel besser. Jetzt brauch ich doch keine Therapie. Oder höchstens ein paar Stunden.«
Wieder lachte er und nahm meine Hand. »Immerhin, ist doch ein netter Trick, um meine Freundin vor der Folter zu retten.«
»Ich hab nicht vor, mich zu beschweren.« Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück und genoss das Gefühl von Lends Haut auf meiner. Ich würde nie genug von den Konturen seiner Handfläche bekommen, von der Art, wie sich seine Finger mit meinen verschränkten, als wären sie füreinander gemacht, und davon, wie er unbewusst mit seinem Daumen über meinen strich. Hierher gehörte ich.
In einer Gegend, die ich nicht kannte, fuhr er von der Autobahn ab und parkte vor einer winzigen Spelunke, die wohl ein Thai-Imbiss sein sollte.
»Was machen wir hier?«
»Wir testen, ob wir endlich mal was finden, was zu scharf für dich ist!«
Seit er vor ein paar Monaten gemerkt hatte, dass ich scharfes Essen – auch entsetzlich scharfes Essen – futtern konnte, ohne mit der Wimper zu zucken, hatte er es zu seiner ganz persönlichen Mission gemacht, etwas zu finden, das selbst mir den Gaumen versengte.
»Nur, weil deine Zunge so ein Weichei ist, heißt das nicht, dass das bei mir genauso sein muss«, neckte ich ihn.
Sein Mund verzog sich zu einem durchtriebenen Grinsen. »So, meine Zunge ist also ein Weichei, ja? Dann werd ich dir wohl nachher mal zeigen müssen, was die so draufhat!«
Unfähig, das Lachen zu unterdrücken, boxte ich ihm gegen die Schulter. »Oh, ich bin ein großer Fan deiner Zunge, glaub mir!«
»Das würde ich mir gern auf ein T-Shirt drucken lassen.«
»Ist ja bald Weihnachten.«
Und so marschierten wir in den Imbiss und eine Stunde später wieder hinaus. Lends frustrierter Gesichtsausdruck sprach Bände. »Ich schwöre, eines Tages finde ich noch mal was zu essen, was zu scharf für dich ist.«
»Tja, schade nur, dass wir bis dahin auf ungefähr eine Million Dates gehen müssen.«
»Fürwahr, ein solch hehres Ziel erfordert große Opfer.«
Wir fuhren wieder zurück nach Hause, aber anstatt mich an meiner Wohnung abzusetzen, bog Lend in einen schmalen Weg ein, der in den Wald führte und sich mal hierhin, mal dorthin schlängelte, bevor er schließlich ganz aufhörte.
Da piepte mein Kommunikator laut in meinem Rucksack. Ich zuckte zusammen. Lend sah mich an und zog eine Augenbraue hoch. Mist, Mist, Mist, ich war aufgeflogen.
»Sieht ganz so aus, als hätten wir dein Handy gefunden.«
Ich stieß ein nervöses Lachen aus, das mehr wie ein Bellen klang. »Ist ja verrückt. War die ganze Zeit in meinem Rucksack. Ups.« Er lächelte und parkte den Wagen, während ich meinen Herzschlag zu beruhigen versuchte. Diese Geheimniskrämerei würde mich eines Tages noch mal umbringen.
Er stellte den Motor ab. »Da sind wir.« Ich blickte mich um, sah aber nichts als Bäume. Er holte ein paar
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