Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers
Augen und kämpfte gegen den Drang an, mich ihm zu nähern. »Bitte«, flüsterte ich. »Ich will dir nicht wehtun.«
Er lachte. »Du bist wohl ein bisschen durcheinander, Liebchen. «
Meine Augen öffneten sich. Als er den Ausdruck darin sah, wich sein raubtierhaftes Grinsen einer ängstlichen Grimasse. Ich ballte die Fäuste so fest ich konnte. Nicht schon wieder. Nicht, wenn es nicht sein musste. Es kostete mich all meine Kraft, mich zurückzuhalten, und meine Stimme war ganz leise und rau. »Lauf weg.«
Ich hoffte, er würde es nicht tun.
Er blickte verwirrt und ging dann langsam rückwärts aus der Gasse, ohne mich auch nur einen Moment aus den toten weißen Augen zu lassen. Als er an der Straße ankam, tauchte aus dem Nichts ein Baseballschläger auf und donnerte auf seinen Schädel.
Mit einem Ruck wurde ich aus meinen entsetzlichen Gelüsten gerissen und meine Sicht war wieder klarer. Jack grinste und ließ den Schläger in seine freie Hand klatschen. »Lust auf ein kleines Spielchen?«
Mein Blick wanderte zu dem Vampir auf dem Boden. Der nun hilflos war. Vollkommen hilflos. Was bedeutete, dass es nun keinen Vorwand mehr für mich gab, ihn auszusaugen. Ich nahm einen zittrigen Atemzug und riss mich aus meiner Benommenheit, indem ich mich ganz auf Jack konzentrierte.
Jack! »Wo warst du, du mieses kleines Ekel?«
Er zog die Augenbrauen hoch und guckte übertrieben verletzt. »Das ist also der Dank?«
»Gib mir den Schläger und ich zeige dir, wie dankbar ich bin, du Feigling!«
»Hey ho, nicht so voreilig. Was hätte es denn gebracht, wenn sie mich auch geschnappt hätten? Außerdem bin ich doch zurückgekommen. Und zwar gerade noch rechtzeitig, wie es aussieht.« Er lächelte, aber in seinen Augen lag etwas Eindringliches, beinahe Anschuldigendes, als wüsste er, was ich vorgehabt hatte – nein, was ich vielleicht sogar getan hätte. »Aber du hattest ja alles unter Kontrolle, stimmt’s?«
Ich riss ihm den Schläger aus den Händen. »Hast du wenigstens irgendwas Nützliches dabei? Fußfesseln? Einen Ersatz-Kommunikator?«
Betont sorgfältig klopfte er sein eng anliegendes, langärmliges Oberteil nach Taschen ab und zuckte dann mit den Schultern. »Das ist alles in meiner Jacke.«
Ich sah an mir hinunter auf Jacks teure Wolljacke. Die Jacke, die ich die ganze Zeit über angehabt hatte. Ich schob die Hand hinein und tatsächlich, in einer Innentasche nah an meinem Herzen steckten ein flacher Kommunikator und eine Fußfessel.
War ja klar.
»›Allzeit bereit‹, das ist mein Motto.« Er grinste mich selbstgefällig an. »Das und ›Schlaf, wann immer sich die Gelegenheit bietet‹. Ach ja, und ›Wenn du nicht merkst, dass es weg ist, macht’s ja nichts, wenn ich es mir nehme‹.«
»Jetzt ruf endlich an«, entgegnete ich ungeduldig. Ich war müde bis zum Umfallen und wollte nur noch so weit wie möglich von diesem Vampir weg. Ich warf Jack den Kommunikator zu und bückte mich. Meine Finger zuckten, als ich dem Vampir die Fußfessel anlegte. Ich würde nicht auf sein Herz sehen. Ich würde ihm kein Haar krümmen. Ich drückte den Daumen auf die Fußfessel, um sie zu aktivieren, aber nichts geschah.
»Sieht aus, als würden sie dir mit ihren Fußfesseln nicht trauen. Warum bloß?« Jack beugte sich runter und übernahm.
Vielleicht hatte ihr Misstrauen etwas mit der Tatsache zu tun, dass ich Lend befreit hatte? Und so gut wie alle Werwölfe, die sie gehabt hatten? Nach der Aktion würde ich mir selber wahrscheinlich auch nicht mehr trauen. Ich trat ein paar Schritte zurück, lehnte mich an die Mauer und sah in den bewölkten Nachthimmel hinauf. Hauptsache, irgendwas lenkte mich von dem Vampir ab.
Jack richtete sich wieder auf. »Sie sind unterwegs.« Lässig warf er den Kommunikator in die Luft und fing ihn hinter seinem Rücken wieder auf. »Wo sind die Trolle?«
Ach, Mist. Die Trolle. Wie sollte ich mich da nur herauslügen? Ich würde sie bestimmt nicht der IBKP ausliefern. Soweit ich das überblicken konnte, hatten sie sich ihr Leben hier ehrlich verdient. Die bösartige Kreatur vor mir auf dem Boden war die einzige Bedrohung, um die wir uns kümmern mussten.
Ich öffnete den Mund, um ihm irgendein Märchen aufzutischen, als sich in der Mauer gegenüber eine Pforte auftat und mit zackigen Schritten zwei Männer in schwarzen Rollkragenpullovern herausmarschiert kamen. Die Feen, die sie begleiteten, blieben unerkannt im Dunkeln stehen. Die Männer sahen erst mal nach links und rechts,
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