Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers
war es.
Ich zuckte zusammen, als Nona unsere Teller auf den Tisch stellte, bevor sie wieder zurück in die Küche rauschte.
»Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?«, vergewisserte sich Lend.
»Alles gut, alles gut. Mir geht’s gut.« Ich hob die Hand, um mich am Hals zu kratzen, hielt dann aber inne. Die Wunde tat weh, verheilte jedoch bereits. Wenn das eine Narbe gab, dann würde Über-Vamp teuer dafür bezahlen!
Na ja, eigentlich hatte er das ja schon. Mein Magen schien plötzlich voller Galle, das überbackene Käsesandwich vor mir ungenießbar.
»Hey, Leute.« David rutschte auf die Bank uns gegenüber und betrachtete mit besorgt gerunzelter Stirn meinen Hals. »Wie geht’s dir, Evie?«
Ich winkte ab, während mein Knie unter dem Tisch auf und ab wippte. »Bin bloß müde. Hab heute die Schule sausen lassen, um auszuschlafen. Wird schon wieder. Wo ist Arianna?« Sie war an diesem Morgen nicht zu Hause gewesen. Dabei war sie doch immer zu Hause. Nach allem, was sie in der Nacht gesagt hatte, ging mir die Frage nicht aus dem Kopf, ob sie vielleicht so sehr die Nase voll vom ewigen Leben hatte, dass sie gerade etwas dagegen unternahm. Plötzlich tauchte Poltergeist Steve in meinen Gedanken auf und ich bemühte mich, nicht in Panik zu geraten. Was auch immer Arianna sonst war, sie war meine Freundin. Ich durfte sie nicht verlieren.
»Sie hat eine SMS geschrieben. Heute schafft sie es nicht zur Besprechung.«
Ich war mir nicht sicher, ob das ein gutes Zeichen war oder nicht. Wenigstens stand sie noch in Kontakt mit David. Ich musste sie irgendwie allein erwischen, mit ihr reden, irgendwas tun, damit sie sich besser fühlte. Wenn ich nur wüsste, was.
»Außerdem hat Raquel heute Morgen angerufen.«
Überrascht sah ich auf. »Telefoniert ihr zwei oft?«
David zuckte unverbindlich mit den Schultern. »Sie wollte nur sichergehen, dass ich nach dir sehe. Sie macht sich Sorgen. Du meinst also, bei dem Angriff letzte Nacht hatten die Feen die Finger im Spiel?«
Lend zog sanft meine Hand von dem Pflaster weg, an dem ich unbewusst herumknibbelte, hielt sie fest in seiner und strich mit dem Daumen darüber. Ich hörte auf, mit dem Knie zu wippen, und holte tief Luft. Mich auf Lends Hand zu konzentrieren half mir, ruhiger zu werden.
»Ja, das denke ich. In letzter Zeit passiert einfach zu viel komisches Zeug. Erst der Sylphe, dann der Fossegrim –«
»Aber war das nicht ein Zufall? Jack hat dich doch ins Wasser fallen lassen.«
»Oh.« Ich zog die Stirn kraus. Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht. Woher hätten die Feen wissen sollen, dass ich genau zu dieser Zeit an dieser Stelle ins Wasser fallen würde? Vielleicht hatte ich einfach nur ein Riesenpech. Das wäre ja nun nicht gerade was Neues. »Aber Reth war jetzt schon ein paarmal hier und dann war da doch noch diese Fee, die ich die Straße hab runtergehen sehen, und außerdem ist eine Fee in der Zentrale aufgetaucht, als ich da war, und Raquel musste sie loswerden. Und jetzt der Vampir. Niemand außer einer Fee hätte so was verzapfen können.«
»Auch wieder wahr.« Müde rieb sich David die Augen. Genauso machte Lend das auch, wenn er besorgt war. Manchmal versetzte mir ihre Ähnlichkeit, so wie sie zum Beispiel über alte Witze lachten, die ich nie kapieren würde, oder wie locker und liebevoll sie miteinander umgingen, geradezu einen Stich. Lend hatte solches Glück, einen Vater wie David zu haben. Ich wünschte, es wäre mein Dad gewesen, der auf schnellstem Wege hergekommen war, um sich zu vergewissern, dass es mir gut ging, und nicht der meines Freundes.
Ich fühlte mich beobachtet. Als ich den Kopf hob, sah ich die froschartige alte Frau, die sich vor einer gefühlten Ewigkeit so missbilligend geräuspert hatte, als Lend und ich uns auf dem Gehweg geküsst hatten. Jetzt stand sie vor dem Diner und starrte durch die Scheibe. Direkt zu mir. Ich kniff argwöhnisch die Augen zusammen, doch im nächsten Moment sah die Frau an mir vorbei, bevor sie sich abrupt abwandte und wegging. Als ich herumfuhr, sah ich Grnlllll, die wütend mit ihren kleinen, pfotenartigen Händen gestikulierte, als wollte sie sie verscheuchen.
»Was sollte das denn bitte schön?«, fragte ich, aber der Gnom ignorierte mich völlig und verschwand hinter der Theke, wo ich ihn nicht sehen konnte. Auf den Barhockern davor saßen Kari und Donna, die sich anscheinend nicht für ihre Teller mit Heilbutt interessierten, sondern lieber mich mit ihren riesigen, runden Augen
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