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Lebe wohl, Erde!

Lebe wohl, Erde!

Titel: Lebe wohl, Erde! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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nicht wüßtet! Mein Auge natürlich!«
    Wing und Henderson wechselten einen verwirrten Blick. Der König besaß zwei offenbar recht gute Augen, aber sie hatten wahrhaftig nicht die Absicht, eines davon zu stehlen.
    Wütend funkelte Ch’mack sie an. Fast hatte es den Anschein, als würde er die äonenalte Tradition seines Stammes brechen und tatsächlich Fuß auf den Boden setzen, um sie zu schlagen. Doch dann zog statt dessen ein verschlagenes Lächeln über seine Züge.
    »Ich habe vergebens nach einer passenden Strafe gesucht und deshalb beschlossen, die Sache dem Tribunal zu übergeben!«
    Das Tribunal! Nur zu gut wußten die beiden Männer, was das bedeutete. Das Tribunal war eine uralte Institution in allen venusischen Stämmen, offenbar ein Überbleibsel der Gesetze, die für die Venusier bestimmend waren, als sie noch eine geeinte, planetenweite Demokratie hatten. Das Tribunal bestand aus einer Gruppe der Führer jedes Stammes, die gewöhnlich auch die Ältesten und Verbittertsten waren. Das Tribunal war mit der spanischen Inquisition vergleichbar. Die Regel war, daß jeder Verurteilung ein Geständnis vorhergehen mußte, und um das zu erreichen, schreckte man vor keiner Folter zurück. So war oft die »Vernehmung« schlimmer und mehr zu fürchten als die Strafe, denn die Höchststrafe war lediglich ein verhältnismäßig schneller Tod.
    Henderson spürte, wie sein Kamerad ihn stupste. Wing hatte den Perzeptor abgeschaltet und bedeutete ihm, das gleiche zu tun. »Hör zu, wir geben besser nach«, flüsterte er ihm zu. »Vielleicht ist die Zeit auf unserer Seite, und wir können sie hinhalten, bis die Düse fertig ist. Es dauert sicher eine Weile, ehe das Tribunal zusammengestellt werden kann.«
    »Okay«, brummte Henderson und dann: »Hehe!« Vor seinen Augen fiel Wing steif zu Boden. Gleich darauf spürte er einen scharfen Stich im Schenkel. Als auch er zusammensackte, war ihm klar, daß man sie mit Lähmpfeilen beschossen hatte. Wortlos fluchend mußte er mit ansehen, wie ein feixender Venusier ihnen die Waffen abnahm.
     
    Als Wing zumindest die Augen wieder bewegen konnte, stellte er fest, daß er und sein Kamerad in einer Art Käfig aus Farnholz gefangengehalten wurden, dessen Tür jedoch offenstand. Aber selbst wenn sie nicht mehr gelähmt gewesen wären, nutzte es ihnen nichts, denn sie waren mit den »Adern« der Farnholzblätter verschnürt, die so fest wie Kobaltstahl waren. Außer ihrem befand sich noch ein Dutzend weiterer Käfige in einem riesigen Raum mit Sitzen und Zuschauerbänken und einer Menge Folterinstrumente.
    »Was sollen wir jetzt tun?« fragte Henderson neben ihm mit leicht zittriger Stimme.
    »Abwarten«, erwiderte Wing. Zwar ließ die Wirkung des Lähmgifts nach, aber gefesselt, wie sie waren, hatten sie keine Chance, von hier zu entkommen.
    Nach einer Weile schwang die Eisentür auf, und das Tribunal trat in würdevoller Haltung herein. Den beiden Erdmännern wurden die Bande ziemlich grob abgenommen, dann zerrte man sie zu hochlehnigen Farnholzstühlen, an die man sie schnürte. Das war recht unangenehm, denn die Stühle waren für die Anatomie der Venusier bestimmt.
    Alle außer einem des Tribunals ließen sich auf den Sitzen nieder. Dieser eine, offenbar der Vorsitzende, kam drohend auf die Terrestrier zu. Er streckte die Hand nach Wings Kopf aus. Wing nahm an, er beabsichtige, mit der Folterung zu beginnen, und wich ihm aus, so gut er es an den Stuhl gefesselt tun konnte. Aber der Venusier schaltete lediglich den Helm ein.
    »Erdmänner!« dachte er streng. »Gesteht und erspart euch Schmerzen.«
    »Was gestehen?« dachte Henderson wütend zurück. »Wir sagten doch, wir landeten hier nur, weil unser Schiff einen Schaden hat. Wir wußten vom Auge eures Königs, was immer das ist, überhaupt nichts und konnten also auch nicht die Absicht haben, es zu stehlen. Sobald unser Schiff repariert ist, verlassen wir euch wieder.«
    Der nächste Gedanke des Venusiers verriet höhnisches Lachen. »Uns verlassen? Erdmänner, ihr werdet nie mehr von hier wegkommen, zumindest nicht lebend! Gesteht! « Das drang wie eine Lanzenspitze in die Gehirne der beiden Männer. »Wir wissen, daß ihr hierhergekommen seid, um das Auge zu stehlen. Ihr wißt genau, was es ist. Wir wollen euren Lügen und eurem Bluff ein für allemal ein Ende machen und sagen euch selbst, was es ist: ein großer roter Stein, das Gegenstück zu dem, den ihr uns auf schurkische Weise vor vierzig Jahren gestohlen habt! Also,

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