Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebe wohl, Erde!

Lebe wohl, Erde!

Titel: Lebe wohl, Erde! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
Vom Netzwerk:
klickend, und die rudimentären Klauengliedmaßen schnellten durch die Luft.
    Als die beiden Männer sahen, daß sie hinter ihnen her war, sprinteten sie auf das Gebäude zu und suchten nach einem Eingang. Glücklicherweise fanden sie ihn schnell, und er war noch dazu unversperrt. Sie stürzten hinein, schlugen die Tür hinter sich zu, gerade als die Schlange sie rammte.
    Die Frage war nur, ob sie klug gehandelt hatten. Das Tribunal würde sie den gräßlichsten Foltern unterziehen, ehe es sie tötete, während die Schlange ihnen innerhalb Sekunden ein Ende bereiten würde.
    Sie befanden sich im Augenblick in einem mit mehreren Fackeln beleuchteten, nicht zu großen Raum, in dem nicht das kleinste Körnchen Staub zu bemerken war, und er war völlig leer, bot also keinen Unterschlupf.
    Wing schlich zur einzigen sichtbaren Tür. Henderson folgte genauso leise. Sie kamen in einen riesigen Raum von der Vorderseite aus. Unmittelbar vor ihnen, auf einer Plattform, lag auf einer Art Katafalk eine reglose, verhüllte Gestalt. Der aufgebahrte König, dachte Wing, doch er beschäftigte sich nicht weiter mit dem Gedanken, denn außer ihnen befand sich etwa ein halbes Hundert trauernder Venusier hier.
    Ihre sofortige Entdeckung führte zu ungeheurer Aufregung, und ein ohrenbetäubendes Stimmengewirr erschallte.
    Wings Gedanken überschlugen sich. Er faßte einen schnellen Plan. Noch ehe die Venusier sich von ihrem Schock erholt hatten, trat er an die Seite des Katafalks und brüllte Henderson zu:
    »Schalte deinen Perzeptor ein! Warne sie! Wenn sie auch nur einen Schritt näher kommen, dreh’ ich den komischen Tisch um und kippe Seine Unsterbliche Majestät auf den Boden!«
    Henderson tat sofort, wie ihm geheißen. Bestürzung breitete sich unter den Venusiern aus, als diese ketzerischen Gedanken in ihren Köpfen dröhnten und sie erstarren ließen. Die Person des Königs war unantastbar! Nie in seinem Leben hatte er je auch nur mit den Füßen den Boden berührt. Stets war er in einer Sänfte von Ort zu Ort getragen worden. Er hatte nur auf speziellen, geweihten Thronen sitzen oder auf besonderen Plattformen stehen dürfen. Daß seine Leiche derart geschändet werden könnte, erschreckte sie über alle Maßen.
    Einer der Venusier, der Vorsitzende des Tribunals, trat einen Schritt vor. »Was wollt ihr von uns?« fragten seine Gedanken.
    Henderson antwortete für sie beide. »Eine Garantie, daß wir ungehindert zu unserem Schiff zurückkehren und starten dürfen, sobald die Reparatur beendet ist.«
    »Das ist unmöglich!« dachte der Venusier entschieden. »Ihr habt Ch’mack getötet. Wir können nicht dulden, daß seine Mörder am Leben bleiben.«
    Henderson fluchte und schaute Wing verzweifelt an.
    »Wir haben Ch’mack nicht umgebracht!« dachte Wing hart. »Wie wurde er denn getötet?«
    »Wie ihr sehr wohl wißt, durch einen Messerstich!«
    »Wir waren im Käfig, als es geschehen sein mußte. Wie hätten wir ihn da töten können?«
    Der Venusier lachte höhnisch. »Dummköpfe!« dachte er schrill. »Glaubt ihr, ihr könnt uns so einfach täuschen? Ch’mack wurde ermordet, während ihr angeblich gelähmt wart. Aber bei euch hat das Gift weniger lange als üblich gewirkt. Ihr habt euch von euren Banden befreit – leugnet es nicht! Wir wissen, daß ihr es tun konntet, denn ihr habt es ja auch ein zweites Mal fertiggebracht! Dann habt ihr ihn getötet und seid in den Käfig zurückgekehrt, weil ihr dachtet, ihr hättet eine bessere Fluchtchance in der Aufregung, die nach der Entdeckung der Leiche vorherzusehen war.«
    Wing fluchte. »Was kann man mit solchen Leuten machen?« murmelte er zu sich selbst.
    »Es ist besser, ihr laßt uns gehen«, dachte Henderson. »Wir schwören jeden Eid, den ihr von uns verlangt, daß wir nichts mit Ch’macks Tod zu tun hatten. Ihr könnt uns nichts anhaben, denn bei der geringsten verdächtigen Bewegung stoßen wir die Leiche auf den Boden. Haltet ihr es nicht für besser, wenn seine Mörder – falls wir es wären – frei ausgehen, als daß Ch’macks Seele die Aufnahme im Königshimmel verweigert wird, weil sein Körper ungeweihten Boden berührt hat?«
    »Ihr seid trotzdem Dummköpfe, Erdmänner«, dachte der Venusier schwer. »Ihr könnt nicht ewig auf eurer Hut sein. Früher oder später werden euch die Augen zufallen, und wenn nicht, verhungert ihr innerhalb weniger Wochen, oder ihr verdurstet. Wir können es uns leisten, zu warten … Erdmänner, wir machen euch einen Vorschlag.

Weitere Kostenlose Bücher