Leben im Käfig (German Edition)
explodierte. Er wollte verstehen, was vorgefallen war, aber sein Inneres war so aufgewühlt, dass er nicht klar denken konnte.
Nachdem er sich sicher war, dass Sascha die Villa verlassen hatte, setzte er sich auf die Toilette. Langsam ließ er den Kopf kreisen, um seinen steifen Nacken zu lockern. Ihm zu Füßen lag der Wäschekorb, den er vor lauter Schreck, Wut, Irritation, Frustration, Erregung an die Wand getreten hatte. Das beige Weidengeflecht war an einer Stelle gebrochen, sodass der helle Innenstoff hervorquoll.
Was zum Teufel war passiert?
Der ganze Nachmittag war seltsam verlaufen. Sascha war angespannt gewesen, nicht er selbst. Notgeil? Vermutlich. Das war im Nachhinein wohl die beste Erklärung.
Andreas war müde geworden, eingeschlafen. Nicht zum ersten Mal. Er war nur anders geweckt geworden als sonst. In seiner Erinnerung existierte keine eindeutige Reihenfolge, da er wie so oft lange zwischen Schlaf und wahrer Welt hängen geblieben war.
Er hatte geglaubt, unter seiner Bettdecke zu liegen. Warm. Sicher. Er hatte intensiv geträumt, wie es in den vergangenen Wochen oft passiert war. Okay, er hatte schon früher auf diese Weise geträumt, aber da hatten seine nächtlichen Besucher kein Gesicht gehabt oder zumindest selten zwei Mal dasselbe. Nun jedoch hatten seine Träume ein Gesicht. Und sie gehörten ihm allein. Er wollte sie nicht teilen. Sie waren alles, was er bekommen konnte. Dachte er zumindest.
Auf einmal war es zu echt gewesen. Anders, als er es sich vorgestellt hatte und das machte keinen Sinn. Wie konnte ein Traum auf einmal anders sein als das, was er sonst fantasierte? Das war unlogisch. In dem Moment war er endgültig wach geworden.
Aufgebracht griff Andreas sich an die Stirn. Wenn er sich nicht irrte, bildete sich über seiner linken Augenbraue eine Beule. Nicht der Rede wert, aber doch vorhanden. Eine Erinnerung daran, dass es geschehen war.
Sie hatten sich geküsst. Oder Sascha hatte ihn geküsst.
Warum? Das war die Frage. Was hatte der Kerl sich dabei gedacht?
Andreas war nicht gerade ein Ausbund an Romantik und gab sich keinerlei Illusionen von der großen Liebe hin, aber seinen ersten Kuss hätte er doch ganz gerne von Anfang bis zum Ende mitbekommen. Klar, er schauderte immer noch angesichts des aufregenden Gefühls, aber das war nicht der Punkt.
Es ging um ... es ging um ... er wusste es nicht. Er wusste gar nichts.
Nur, dass er sich erschrocken hatte und sie mit den Köpfen aneinander geknallt waren. Danach war er gerannt. Nicht, weil er in Panik war, sondern weil er nicht wusste, was er tun sollte. Weil er die Kontrolle verlor.
Andreas stöhnte leise. Hatte er jetzt alles verloren? Er hatte Sascha rausgeworfen. Etwas, das er sich unter keinen Umständen hätte vorstellen können. War das richtig gewesen? Vielleicht besser, als sich ihm aufgewühlt zu zeigen. Besser, als zuzugeben, dass er sich diese Annäherung so verzweifelt gewünscht hatte, dass er es nicht ertragen konnte, sie Wirklichkeit werden zu sehen. Es nur einmal zu haben und danach nie wieder.
So ein Idiot. Er. Sascha. Sie beide.
Wankend stand er auf und schlich in sein Zimmer.
* * *
In den folgenden Stunden und sogar Tagen wechselte Andreas' Körpersprache im Einklang mit seinen wirren Gedanken.
Eine Stunde nach dem Vorfall stand er mit zornig verschränkten Armen vor dem Fenster und erdolchte die Vögel am Pool mit seinen Blicken. Sein Gesicht war zu einer kalten Maske erstarrt und gab kaum etwas preis.
Innerlich tobte er vor unterdrückter Wut und war sich sicher, dass Sascha ihn benutzt hatte. Verarscht. Er war kein billiger Ersatz für seine Freundin daheim. Er war erst recht kein Spielzeug, an dem man seine zeitlich begrenzten Gelüste auslebte. Oder jemand, mit dem man ausprobieren konnte, ob Männer besser küssten als Frauen. Armseliges Dasein hin oder her, ein bisschen Stolz hatte er noch und das wollte er behalten.
Etwa zwei Stunden nach seinem ersten Kuss kauerte Andreas nachdenklich auf der Fensterbank und zerpflückte ein Taschentuch. Wer sagte eigentlich, dass Sascha den Kuss initiiert hatte? Was, wenn Andreas im Schlaf irgendetwas von sich gegeben oder getan hatte, was ihn verriet? War er an Sascha herangeruscht oder anders herum? Hatte er sich eine Blöße gegeben? Den Namen des anderen gemurmelt? Sich an ihn gedrückt; am Ende vielleicht sogar mit einer Erektion in der Hose?
Oh Gott. Das wäre ein Desaster.
Las man nicht immer wieder von Leuten, die nachts nach ihrem
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