Leben im Käfig (German Edition)
Leistungskurs und die Frau kann mich eh nicht leiden. Ich meine, es wäre schön, aber wie willst du das machen?“
„Erstens vergiss nicht, dass ich selbst mehr oder weniger im Abitur stecke. Zweitens bin ich dir einen Schritt voraus und habe das Buch wenigstens gelesen.“
Diese Bemerkung erinnerte ihn daran, dass ihm am Morgen Absolution erteilt worden war. Dr. Schnieder hatte ihm gerade einen Vortrag über den abgesagten Unterricht der Vorwoche und des Montags halten wollen, als Andreas ihm das Problem mit seinem Zahn erklärte.
Standpauke erfolgreich abgewendet. Wie sagte der Lehrer so schön? Das wäre ein guter Grund gewesen, sich krankzumelden. Ausnahmsweise.
Es dauerte einen Moment, bis Sascha antwortete. Dann schrieb er: „Ich könnte dich küssen, weißt du das? Ich bin gleich bei dir, aber hey ... ich muss echt ranklotzen.“
„Schon klar. Bis gleich!“
Sascha war schnell. Wie er es innerhalb von wenigen Minuten schaffte, seine Schulsachen zusammenzupacken und in der Villa aufzutauchen, war Andreas schleierhaft. Halb befürchtete er, Sascha hätte die Hälfte vergessen.
Als Andreas die Tür hinter ihnen abschloss, musterte er seinen Freund skeptisch. Sascha sah, wenn möglich, noch gestresster aus als am Vortag.
Sofort überkam Andreas ein schlechtes Gewissen. Er war bis zu einem gewissen Grad für den schlaffen Zug um Saschas Mund verantwortlich. Er hätte so gerne etwas dagegen getan. In seinen Fingern kribbelte es vor Verlangen, die Hausaufgaben Hausaufgaben sein zu lassen und es sich doch zusammen gemütlich zu machen.
Aber er bezähmte sich. Halbwegs.
„Da bin ich also“, sagte Sascha und trat einen Schritt auf ihn zu.
Ein Moment nervöser Verlegenheit, dann umarmten und küssten sie sich zur Begrüßung. Wie von selbst glitt Andreas' Hand in Saschas Rücken und strich über seine Schultern.
Nur widerwillig trennten sie sich voneinander. Aber sie mussten wohl oder übel vernünftig sein. Andreas wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass Sascha Stress in der Schule bekam.
„Dann sag mir mal, was deine Schreckschraube von einer Lehrerin ungefähr erwartet“, fragte er geschäftsmäßig. „Dann stelle ich mich darauf ein.“
Sascha erklärte es ihm. Trotz sehnsüchtiger Blicke auf beiden Seiten trennten sie sich danach voneinander.
Mit dem festen Vorsatz, schnell und effektiv zu arbeiten, holte Andreas sein Exemplar von Effi Briest aus dem Regal und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er blätterte quer durch das Buch, um seine Erinnerung aufzufrischen, bevor er zu tippen begann. Sascha verteilte seine Bücher auf dem Bett und legte sich mit Schreibgerät und Block bewaffnet bäuchlinks dazwischen.
Es wurde still. Nur das Klappern der Tastatur und das Kratzen des Kugelschreibers auf dem Papier waren zu hören. Anfangs fand Andreas es merkwürdig, einige Meter neben Sascha auf einem Stuhl zu sitzen und sich ihm nicht zuzuwenden. Besonders, da dieser auf dem Bauch drapiert lag und sein verlockender Po dazu einlud, sich zu bedienen. Nach einer Weile gewöhnte er sich an die Versuchung und er fand seinen Rhythmus.
Sie sprachen nicht miteinander. Sahen sich nicht einmal an. Dennoch war die Stimmung friedlich und ja, sogar heimisch.
Zwischendurch holte Andreas ihnen ein paar Stücke Kuchen – Apfeltorte, von Ivana gebacken – und Getränke. Sie aßen neben der Arbeit, konzentrierten sich weitgehend, um möglichst schnell zu fertig zu werden.
Nach über zwei Stunden speicherte Andreas zum letzten Mal und sprang auf: „Fertig. Willst du es dir durchlesen, bevor ich es ausdrucke? Oder soll ich es dir per Email nach drüben schicken, falls du noch etwas ändern willst?“
„Schick es rüber“, murmelte Sascha und nahm den Kugelschreiber aus dem Mund, dessen Kappe er zerkaut hatte. Er streckte sich und schlug das Buch auf dem Kopfkissen zu. „Okay, ich sollte es drauf haben.“
„Soll ich dich noch abfragen?“
Sascha zögerte, sah zu Andreas hoch: „Hmja, abfragen oder wir machen etwas anderes.“
Er lächelte schief, aber mit erschöpften Augen.
Andreas grinste zurück und kam zum Bett hinüber: „Warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden?“ Er schnappte sich das Buch, warf einen Blick darauf und seufzte: „Geschichte? Na gut. Weil du es bist.“
Andreas gab einen kurzen Klaps auf das lange Bein an seiner Seite und bedeutete Sascha, sich aufzurichten. Schnell positionierte er sich ihm gegenüber, sodass ihre Beine sich locker berührten und sie sich
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