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Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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Schokoladenpackung, auf der das Logo eines exklusiven Fabrikanten prangte. „Normale Ritter Sport oder Milka tut es doch auch.“
    „Nicht in diesem Haus“, feixte Andreas. „Mein Vater würde einen Anfall bekommen.“  „So ein Feinschmecker?“
    „Nein, Hersteller. Man kann schlecht Edelschokolade herstellen und daheim die von Aldi futtern. Mir wäre es ja egal, aber meinem Vater nicht“, erklärte er; froh, dass seine Stimme sich gefangen hatte.
    „Oh“, machte Sascha und zögerte, bevor er sich ein weiteres Stück Schokolade gönnte. „Na, da bin ich hier ja richtig. Dein Vater ist Schokoladenfabrikant. Nicht schlecht.“
    „Ja ... nein“, berichtigte Andreas. „Eigentlich nicht. Als mein Urgroßvater die Firma gegründet hat, haben wir nur Joghurt, Quark und solche Sachen hergestellt. Milchprodukte eben. Das ist der Mutterkonzern. Mein Opa sagt, es wäre besser, sich an die einfachen Sachen des Lebens zu halten, weil die immer gekauft werden. Auch, wenn es hart auf hart kommt. Meine Eltern sehen das anders, haben den Hauptkonzern behalten, aber in lauter andere Lebensmittelunternehmen investiert. Vor allen Dingen Delikatessen.“ Gelangweilt fügte er hinzu: „Du weißt schon, Schokolade aus der Schweiz, Kaffee aus Südamerika, Krabben aus Skandinavien, Muscheln, Schnecken, Kaviar, Lachs. Die Liste ist endlos und dauernd kommt etwas Neues dazu.“
    „Moment mal, seid ihr die von Winterfelds von den Joghurts? Die gibt’s doch in jedem Supermarkt!“ Sascha lachte. „Dann seid ihr ja praktisch berühmt. Und hey, habt ihr diese anderen Delikatessen auch im Haus?“
    „Ja, wir sind die von Winterfelds aus dem Supermarkt“, nickte Andreas. Nervös zupfte er an dem Haarband in seinem Nacken. „Aber ich habe damit nichts zu schaffen. Und klar, das andere Zeug haben wir auch meistens da. Aber wenn du scharf auf Kaviar bist, musst du ihn allein essen. Ich finde ihn ekelhaft.“
    „Ne, ich bleibe bei der Schokolade.“ Faul ließ Sascha sich auf die Seite fallen und betrachtete Andreas. Mit einem Mal runzelte er die Stirn: „Sag mal, ich blockiere hier nicht deinen Platz, oder?“
    „Wie meinen?“
    „Deinen Platz auf dem Bett“, wiederholte Sascha. „Musst du dich hinlegen?“
    „Warum sollte ich mich ...“, begann Andreas überrascht, bevor ihm einfiel, dass der neue Freund zwar von seiner dubiosen Krankheit wusste, aber nicht, wie selbige aussah. „Nein, nein, ich muss nicht liegen.“
    „Okay, und im Zweifelsfall wäre auch Platz für zwei. Aber gut zu wissen, dass du nicht das Bett hüten musst und so.“ Sascha klang unverhohlen neugierig und brachte Andreas damit derbe ins Schwitzen. Er wollte nicht über seine Erkrankung reden. Er konnte nichts erklären, was er selbst nicht verstand und gerne vergessen wollte.
    „Schauen wir uns etwas an?“, lenkte Andreas vom Thema ab. „Such dir etwas aus.“
    „Keine Ahnung, fangen wir bei A an? Wir haben viel vor. Wie viele DVDs hast du eigentlich?“
    „1576“, antwortete Andreas wie aus der Pistole geschossen. „Serien nicht mitgezählt.“ Schnell erhob er sich und ging zum Regal. In seinem Inneren züngelte eine warme Flamme. Wenn Sascha wirklich einen Großteil seiner Filme sehen wollte, würde das sehr viel gemeinsam verbrachte Zeit nach sich ziehen. „Vor dem Alphabet kommen die Zahlen. Ist 300 in Ordnung?“
    Es war in Ordnung. Andreas legte den Film ein, beeindruckte Sascha mit dem teuren Soundsystem und verzog sich wieder auf seinen Platz. Woran er nicht gedacht hatte, war, dass der Anblick von dreihundert Spartanern mit freiem Oberkörper seinem Zustand nicht zuträglich war.
    Konzentrieren konnte er sich nicht. Während Sascha sichtlich Spaß an dem Film hatte und gut gelaunt auf die Mattscheibe schaute, wurde Andreas heiß. Egal, wo er hinsah, überall war Futter für seine Hormone. Immer wieder schielte er aus den Augenwinkeln zu Sascha und konnte nicht verhindern, dass gewisse Vorstellungen die Oberhand gewannen.
    Es wäre so leicht. Hinübergehen. Die Hand ausstrecken. Ihn im Nacken packen und an sich ziehen. Küssen und auf das Beste hoffen. Leicht, aber vollkommen unmöglich. Die wirren, schwarzen Haare zerzausen. Herausfinden, wie sie sich anfühlten. Mit den Fingern und dem Mund die fremde Haut erkunden. Die Wärme eines anderen Körpers fühlen. Erfahren, wie es war, berührt zu werden.
    Alles zum ersten Mal. Schon lange hungerte er nach diesen Erfahrungen, aber mit Sascha nur ein paar Meter weit entfernt flammten

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