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Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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auf Kriegsfuß standen. Und es tat gut, dass Sascha nicht pickte, nicht stocherte und ein “Nein“ als Antwort akzeptierte.
    Andreas schauderte. Teils, weil ihn der Sog in Richtung des anderen Jungen auf eine hitzige Weise nervös machte. Teils, weil er sich fragte, was seine Eltern sagen würden, wenn sie wüssten, wo er gerade mit den Gedanken war. Denn auch, wenn er nur Saschas Freundschaft suchte, gab es keinen Zweifel daran, dass er in der Sicherheit seiner Fantasie mehr wollte.
    Himmel, er wusste schon lange, wie er tickte und Sascha war nun einmal der einzige Junge, Mann oder was auch immer, mit dem er in Fleisch und Blut zu tun hatte. War es da ein Wunder, dass er das Champagner-Zitronen-Sorbet brauchte, um sich abzukühlen?
    Am besten bestelle ich mir einen Minikühlschrank und deponiere ein paar Kilo Eis direkt in meinem Zimmer, dachte er still für sich. Dabei wusste er nur zu gut, dass ihm Eis auch nicht mehr helfen würde; selbst dann nicht, wenn er es vorne in seine Hose füllte. Das einzige Mittel gegen seine latente Erregung wäre vermutlich eine Kastration und das war die Sache nicht wert.
    Blieb die Frage: Wann würden sie sich wiedersehen?
    “Wo bist du nur mit deinen Gedanken?“, zerrte sein Vater ihn brutal in die Wirklichkeit zurück. “Schwiegervater hat dich etwas gefragt.“
    Noch nicht ganz ins Esszimmer zurückgekehrt sah Andreas auf: “Ich habe mich gefragt, ob mit der Klimaanlage etwas nicht stimmt. Es ist ganz schön heiß hier drin.“
    Doch der Schweiß in der Kuhle seines unteren Rückens hatte mit Sicherheit nichts mit den sommerlichen Temperaturen zu tun.
    * * *
     
    „Ha, das war meine letzte Karte! Gewonnen, gewonnen!“, quietschte Sina, als sie ihre rote Spielfigur auf das Abbild eines Gespenstes schob.
    Fabian war von der Freude seiner kleinen Schwester gar nicht begeistert: „Du hast doch sowieso wieder geschummelt. Wenn man nicht hinschaut, schiebst du immer mehrere Karten durch statt einer.“
    „Stimmt ja gar nicht!“
    „Stimmt wohl.“
    „Du kannst nur nicht verlieren.“
    „Nein.“ Die Stimmen wurden zunehmend hysterisch.
    „Doch.“
    „Nein.“
    Es gab einen dumpfen Schlag, als Sina nach dem Spielbrett griff und es ihrem Bruder halbherzig über den Kopf zog. Quadratische Karten flogen davon und verteilten sich über Sofa und Fußboden. Eine der Spielfiguren fand ihren Weg in die Obstschüssel auf dem Couchtisch.
    Sascha fühlte sich nicht bemüßigt einzugreifen. Katja und er hatten sich früher im wahrsten Sinne des Wortes ganz andere Sachen an den Kopf geworfen. Das Spielbrett würde schon keine Platzwunde verursachen. Interessant wurde es erst, als Fabian nach den Zöpfen seiner Schwester schnappte und daran zu ziehen begann.
    „He“, seufzte Sascha und schob den Arm zwischen die Streithähne. Mit einer Hand öffnete er Fabians Griff und befreite Sina. „Reißt euch mal zusammen. Beim nächsten Mal gewinnt wieder wer anders.“
    „Nicht, wenn die Zicke immer schummelt“, empörte sich der Zehnjährige mit roten Wangen.
    „Mach ich doch gar nicht, ich bin einfach besser als du. Und dass du mich schon wieder an den Haaren gezogen hast, sage ich Mama!“
    „Petzen ist blöd“, schaltete Sascha sich wieder ein und überlegte, wie er dem Streit ein Ende machen konnte. Schließlich grinste er und verkündete: „Wenn ihr euch nicht vertragt, müsst ihr demnächst alleine spielen. Dann mache ich nicht mehr mit.“
    Es wirkte wie ein Zauber. In der besten Tradition der Schnappschildkröten klappten die Kiefer der Kinder zu und blieben geschlossen, während sie brav die Einzelteile des Spiels aus den Sofaritzen fischten.
    Gemeinsam räumten sie auf und nörgelten nur wenig, als Sascha verkündete, dass er in sein Zimmer gehen wolle. Tanja hat ihre Kinder am Vortag kräftig eingenordet, weil sie stets an ihrem Cousin klebten, wenn er daheim war. Sie wollte nicht, dass sie permanent vor seiner Tür lauerten oder wie Heuschrecken über seine Privatsphäre herfielen.
    In seinem Zimmer angekommen sperrte Sascha die Sonne mithilfe der Vorhänge aus, bevor er sich im Schneidersitz vor den Kleiderschrank setzte. Sein Kopf ruhte an dem kühlen Sperrholzfurnier.
    Das Spiel mit den Kindern war eine willkommene Abwechslung gewesen, die ihn aus der Lethargie gerissen hatte, die seit dem Morgen in seinen Knochen lauerte.
    Tanja hatte nichts gesagt und keine Fragen gestellt, als er am Vortag von den von Winterfelds nach Hause kam. Doch er war sich sicher, dass sie von

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