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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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tut.
    „Man darf nicht aufgeben“, knurrt Vesna. „Wir müssen uns zusammenreißen. Gemeinsam nachdenken. Zum Glück weiß Zuckerbrot nicht, dass Slobo einer von uns ist.“
    Daran habe ich gar nicht gedacht. „Und was, wenn es ihm der Besitzer von Alspha erzählt?“
    „Dann haben wir das eben vergessen, außerdem du hast nicht zugehört: Der ist okay. Und auf einem Recyclingkongress in Kopenhagen.“
    Lärm hinter uns, eine Sirene. Ist irgendetwas auf der Baustelle passiert? Leichenalarm? Ich drehe mich abrupt um und stöhne auf. Mein Brustkorb will so etwas noch nicht. Polizeiwagen. Die blonde Polizistin am Steuer. Sie winkt. Vesna seufzt und bleibt stehen. Die Polizistin steigt aus, lächelt ein wenig und sagt durch Vesnas offenes Seitenfenster: „Zuckerbrot hat gesagt, ich soll Ihnen den Weg nach Wien zeigen. Nur falls Sie ihn nicht finden.“
    Zuckerbrot hat aber nicht gesagt, dass wir nicht zum Flughafen dürfen. Und was, wenn Oskar dort schon von der Polizei erwartet wird? Er ist Carmens Vater. Aber Carmen ist volljährig. Und er war nie ihr Erziehungsberechtigter. Ich habe Zuckerbrot die Nummer von Carmens Mutter gegeben. Ihn wird sie ja wohl zurückrufen. Mir ist übel, ich kann nicht mehr, ich darf nicht daran denken, was wäre, wenn …
    Vesna stellt ihren Wagen in der Kurzparkzone des Flughafens ab. Sie sieht mich an. „Soll ich mit hineingehen?“, fragt sie.
    Ich nicke und versuche ein Lächeln. „Hat Zuckerbrot nicht gesagt, wir sollen zusammenbleiben?“ Vielleicht hab ich ja bald ohnehin nur noch dich, füge ich in Gedanken hinzu.
    Das Flugzeug ist fünfzehn Minuten zu früh gelandet. Auch das kommt vor. Mein Herz rast. Ich krame in der Tasche und schlucke noch eine Schmerztablette. Geht nicht anders. Vielleicht beruhigt sie mich auch sonst. Nein. Mich soll nichts beruhigen. Ich brauche einen ganz klaren Kopf. Zu spät. Wozu ist es sonst noch zu spät?
    Oskar kommt durch den Ausgang. Einer der vielen, die auf einem Businesstrip in Frankfurt waren. Anzug, offenes Hemd, Koffertrolley. In Gedanken irgendwo anders, Geschäftsabschlüsse, Besprechungen, Abendessen. Oskar entdeckt uns erst, als er beinahe schon an uns vorbei ist, er sieht uns erstaunt an, dann strahlt er auf.
    „Mira!“, er umarmt und küsst mich. „Was für eine wunderbare Überraschung!“
    Ich würde am liebsten einfach „Ja“ sagen und sonst gar nichts und dann mit ihm ins Auto steigen. Vielleicht hat es Carmen gar nie gegeben?
    Er küsst Vesna auf beide Wangen und sieht mich aufmerksam an. „Irgendetwas ist los, nicht wahr?“
    „Carmen ist verschwunden“, sage ich.
    „Was soll das heißen? Verschwunden. Hast du sie hinausgeworfen? Ist sie endgültig zurück in die Schweiz? Sie wollte schon damals, als du …“
    Ich schüttle den Kopf. „Sie ist nicht auffindbar.“
    Oskar starrt von mir zu Vesna und wieder zurück. „Ich habe sie auch nicht erreicht“, sagt er langsam. „Aber ich habe mir keine Sorgen gemacht … Gibt es Grund zur Sorge? Sie ist Mitte zwanzig …“
    Ich nicke. „Carmen war bei Weis, dem Guru. Sie hat sich selbst angeboten. Sie wollte recherchieren, wie er mit seinen Jüngerinnen umgeht, was sich abspielt …“
    Oskar nimmt mich bei den Schultern. Ich zucke zusammen. Meine Rippen. Aber die sind jetzt egal. „Ihr habt sie hineingezogen in den Fall. Die verschwundene Frau. Der Bombenalarm.“ Er keucht. „Das glaube ich nicht. Das kann ich einfach nicht glauben.“
    „Sie selbst wollte es“, versucht Vesna ihn zu beschwichtigen.
    „Sie selbst?“, brüllt er und es ist ihm ganz egal, dass sich die Leute nach uns umdrehen. „Sie selbst wäre doch nie auf die Idee gekommen! Ihr habt einen Spitzel gebraucht! Es war euch total egal, dass sie sich da nicht auskennt. Dass sie so naiv ist, wie zwanzigjährige Studentinnen es eben sind. Und du …“, er packt meinen Arm, wütend, nahe dran, mich zu schlagen, er soll mich schlagen, vielleicht gehe ich dann zu Boden, vielleicht muss ich dann nichts mehr hören, vielleicht bin ich dann nicht mehr schuld, „… du warst von Anfang an eifersüchtig auf sie. Glaubst du, dass ich das nicht gemerkt habe? Sogar mit diesem Polizisten bist du ausgegangen, um mir zu beweisen, dass ich achtgeben muss auf dich. Dir kann es ja nur recht sein, wenn sie jetzt verschwunden ist.“
    Ich beginne zu weinen.
    „Und jetzt Punkt“, faucht Vesna. „Wir haben ganz schweren Fehler gemacht. Aber wir haben sie nicht auf Gewissen. Sie ist erwachsen. Und naiv, dass kann

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