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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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so aus, als hätte er recht. Aber darum geht es jetzt nicht. „Sie sind damals im Festsaal nicht mit den anderen zum Ausgang gerannt. Sie wollten die Reaktion der Menschen in Panik beobachten. Es war kein Problem, stehen zu bleiben, Sie wussten ja, dass es keine Bombe gab. Das hätte mir viel früher klar sein müssen“, sage ich dann.
    „Ich bin stehen geblieben, weil ich Weis bin!“
    „Wo ist Carmen?“, fauche ich.
    „Welche Carmen?“
    „Ach, Sie erinnern sich nicht? Carmen, eine junge Frau, eine neue Jüngerin. Blond, groß, schlank“, ergänzt Vesna.
    „Ach so, die. Wieso?“
    „Sie ist verschwunden“, sagt Vesna. Es klingt wie ein Schuss. „Sie wissen das ganz genau. Polizei hat schon mit Ihnen geredet.“
    Weis sieht uns spöttisch an. „Sie scheinen ja ziemlich gute Kontakte zu Polizeikreisen zu haben.“
    „Carmen ist verschwunden. Franziska Dasch ist verschwunden“, ergänze ich.
    „Das wollen Sie mir auch noch in die Schuhe schieben? Das schaue ich mir an. Keine Ahnung, wo die sind.“
    Vesna ist selten wütend. Jetzt habe ich das Gefühl, sie springt den Guru gleich an. „Recycelt. Wie Sie es empfohlen haben.“
    Weis lächelt großmütig. „Ist euch nicht spätestens jetzt klar, dass man meine Ideen missbraucht, um mich fertigzumachen? Warum hätte ich ihnen etwas tun sollen?“
    „Weil Franziska Dasch im Rathaus etwas gesehen hat, das sie nicht hätte sehen dürfen. Weil Carmen Stiller zu viel gefragt hat“, erkläre ich.
    „Und wie erklären Sie die SMS von Carmen?“, ruft Vesna.
    „Welche SMS?“
    „Stellen Sie sich nicht so dumm. Die Polizei hat Sie das sicher gefragt. Die letzte SMS von Carmen. ‚Okay, ich komme‘“, sage ich.
    „Ach die. Wir hatten keinen Termin.“
    „Und was haben Sie gedacht, als Sie die SMS von Carmen bekommen haben?“, fragt Vesna böse.
    „Es reicht jetzt. Raus. Ich habe mir gedacht, dass sie die falsche Nummer erwischt hat, das dumme Ding.“
    „Sie haben sie gelöscht“, sage ich.
    „Natürlich habe ich sie gelöscht. Ich hebe mir doch nicht jeden Irrläufer auf.“
    „Nur dumm, dass Carmens Telefon gefunden wurde.“
    Bewegung hinter unserem Rücken. Ich drehe mich um. Stich in den Rippen. Verhofen ist gekommen. Und mit ihm drei weitere Beamte in Zivil. Dahinter Zuckerbrot. Wie lange haben sie schon gelauscht? Es ist schwer, in diesem Glashaus zu lauschen. Verhofen sieht mich fragend an. Sie sind zu früh gekommen. Irgendwann hätte auch Weis aufgeben müssen.
    Hätte er?
    Ich schreie: „Was haben Sie mit Carmen gemacht?“
    Ich sitze an meinem Redaktionsschreibtisch. Berger hat mir das letzte Kapitel von „Weis.heiten“ gemailt. Weis hat es nun bloß „Die Bedrohung“ genannt. Eingängiger Titel. Er beschreibt die Panik im Rathaus genau, die schreienden Menschen, diejenigen, die niedergetrampelt wurden, und jene, die über sie drübergetrampelt sind. In Todesangst ist jeder sich selbst der Nächste. Und er tut so, als hätte er die einzige Antwort: Innere Stärke. Weis.heiten. Rein werden. Der Gefahr widerstehen und sie damit gar nicht entstehen lassen. Wären alle ruhig geblieben, niemandem wäre etwas geschehen. Sehr witzig. Er hat als Einziger gewusst, dass keine Bombe hochgehen würde. Ich versuche mich zu erinnern. Ida Moylen ist mit den anderen geflohen. Hat sie Weis zugetraut, tatsächlich eine Bombe gelegt zu haben? Hat sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz realisiert, wobei sie Weis beobachtet hatte? Sie ist mit den anderen zu einem der Ausgänge gelaufen, sie hat sich noch einmal zu Weis umgedreht. Die Arme in seine Richtung gestreckt. Sie wollte, dass er zu ihr kommt. Oder hat sie ihm gedroht?
    Weis schreibt in seinem letzten Kapitel auch über Entführungsopfer. Und dass niemand „aus sich selbst“ entführt werden könne. Als ob eine Entführung nichts anderes als eine Ortsveränderung wäre. Hat er auch da praktische Experimente angestellt? Hält er Franziska Dasch und Carmen Stiller als Versuchsobjekte gefangen? Und was, wenn er sie ausreichend studiert hat? Das Buch wird sich gut verkaufen. Jetzt sicher noch besser. Der Guru, der droht, das Wiener Rathaus in die Luft zu jagen, um die Reaktion von fünfhundert Festgästen zu beobachten. Ich hätte wohl doch eine prozentuelle Beteiligung aushandeln sollen. – Wie kann ich nur an so etwas denken? Was hat Weis mit Carmen gemacht? Diese Ungewissheit, sie ist vielleicht das Schlimmste. Gut möglich, dass ihre Mutter schon bei Oskar ist. Was kann man einer Mutter in

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