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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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jemand aus der Literaturclique gewesen ist?“
    Er geht im Raum auf und ab. „Ich hab nicht einmal in alle nominierten Bücher hineingeschaut, geschweige denn sie gelesen. Die Krise. Der Wahlkampf.“
    „Was halten Sie von Hans Glück?“, frage ich dann.
    „Als Täter?“, lächelt er.
    „Als Autor“, antworte ich.
    „Überschätzt“, sagt er.
    „Und als Täter?“
    „Hieße wohl auch, ihn zu überschätzen. Ich hab mir die Liste angesehen. Er hat keinen Preis gewonnen, nicht wahr?“
    Ich sehe ihn erstaunt an.
    „Auch ein Bürgermeister kann ein wenig recherchieren. Also: Schreiben Sie von unserer Flucht und sehen Sie zu, dass die Fantasie nicht mit Ihnen durchgeht.“
    Ich nicke und bin entlassen. Wie viel tut der Bürgermeister, um in Medien vorzukommen? Ich winke seiner Sekretärin zu. Na einen falschen Bombenalarm wird er dafür nicht auslösen. Und der Rest, der gehört wohl mit zu seiner Jobbeschreibung.
    Die nächsten zwei Stunden habe ich keine Zeit, an etwas anderes als an meine Story zu denken. Hans Glück, der meint, dass der Preis für seinen Kollegen schon ein Argument wäre, den Literaturbetrieb zu sprengen. Der will bloß in die Schlagzeilen. Kann er haben. Meine Flucht mit dem Bürgermeister. Irgendwie hat er es geschafft, dass er in meiner Story besser als gut wegkommt. Aber warum auch nicht, er hat sich entsprechend verhalten. Und das mit dem fehlenden Schlüssel, und wie er dann sagt: „Was bin ich? Der Hausmeister?“, gibt dem Ganzen sogar noch eine witzige Note.
    Eine Stunde nach dem eigentlichen Redaktionsschluss ist alles fertig. Ändern kann man freilich noch bis morgen Vormittag. Unwahrscheinlich, dass es notwendig sein wird. Klaus kommt, ich habe ihm einen Teil der Reportage nach dem anderen auf seinen Computer geschickt. Droch kommt. Er hat die Titelseite gebastelt. Der Chronikchef kommt nicht, er ist beleidigt. Er hätte auch nicht mehr in den kleinen Raum vor meinem Grünpflanzendschungel gepasst.
    „Gar nicht so übel dafür, dass wir so wenig wissen“, sagt der Chefredakteur.
    Ich bin müde. Und stolz auf die Story. Ich habe aus wenigem viel gemacht, und das, ohne die übliche Terror-Hysterie zu verbreiten. Droch klopft mir auf die Schulter. „Wir sollten essen gehen“, sagt er. „Hast du dir verdient.“ Und zum Chefredakteur: „Kommen Sie mit?“ Ich freue mich. Nicht nur über das Lob, so etwas ist bei Droch selten, sondern auch darüber, dass sich die beiden schön langsam besser zu verstehen scheinen. Droch ist mir näher, natürlich, aber ich mag auch den Chefredakteur. Zumindest meistens. Und jetzt besonders. Denn jetzt ist die Story draußen, und was in der nächsten Woche von mir verlangt wird, liegt noch in weiter Ferne. Irgendwann während des hektischen Schreibens habe ich das SMS-Signal meines Mobiltelefons gehört. Jetzt sehe ich nach. Es stammt von Weis. „Ich erwarte Ihre Fotos. Noch heute.“
    Mist. Die Sekretärin vom Yom-Verlag hatte mir vor ein paar Stunden eine E-Mail geschickt, dass sie die Fotos umgehend brauchen. Ich hab das nicht so ernst genommen. Okay, es ist der letzte Akt, dann ist das Kapitel Guru Weis für mich abgeschlossen. Zumindest was meine Mitarbeit am Buch angeht.
    „Was ist?“, fragt Droch.
    Ich seufze. „Geht ihr zwei essen. Ich kann nicht, ich muss für Weis Fotos von der Panik im Rathaus zusammensuchen, sein neues letztes Kapitel …“
    „Selbst schuld“, sagt Droch und grinst spöttisch.
    „Ja“, erwidere ich und starre den Chefredakteur an. Der hat mir das eingebrockt. Recht gut bezahlt, das schon. Dann fällt mir ein: „Woher kennst du Weis eigentlich?“
    Klaus lächelt. „Er ist im selben Golfklub wie ich.“
    Doppelschlag. Klaus spielt Golf. Und der Guru spielt Golf. Woran soll man sich noch halten in dieser Welt?
    „Du kannst Fotos aus unserer Redaktion nehmen, er muss sie freilich zahlen“, sagt Klaus.
    Nur leider gibt es da nicht viele. Wir haben für unsere Story teilweise auf Agenturbilder zurückgegriffen. Die wenigen Fotografen, die auf der Gala waren, um für diverse Gesellschaftsspalten und Kulturseiten zu fotografieren, haben ein gutes Geschäft gemacht.
    Es ist schon dunkel, als ich mit einer Auswahl von Fotos beim Weis.Zentrum eintreffe. Kein Auto auf dem Parkplatz. Seltsam, ich weiß nicht einmal, ob Weis ein Auto hat. Passt zu einem Guru nicht wirklich. Andererseits: Er ist keiner, der Verzicht predigt. Damit ließe sich auch nicht so viel verdienen. Ich marschiere den Weg nach oben, rund um

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