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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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mich springen Lichter an, Bodenlampen mit Bewegungsmeldern, wie erschrockene überdimensionale Leuchtkäfer. Im Weis.Zentrum brennt nur ein schwaches Licht. Es scheint von dort zu kommen, wo Weis’ Arbeitszimmer ist. Das mit dem durchsichtigen Computermonitor. Wie weit kann man Styling treiben? Die Tür steht offen, er sperre nie zu, behauptet Weis. Wahrscheinlich ist sein Glashaus gut versichert.
    Seltsam, wenn tagsüber alles transparent ist. Am Abend ändert sich das. Das, was im Dunkel liegt, wirkt kompakt, Glaswände werden zu schwarzen Schattenwänden. Der Lichtpunkt der Lampe erleuchtet nur wenig. Ha, das wäre ein Titel für einen philosophischen Roman: „Der Lichtpunkt der Lampe erleuchtet nur wenig.“ Spinn nicht, Mira. Weiter. Ich traue Weis zu, dass er irgendwo im Dunkel hockt und mich beobachtet. Es ist Neumond. Wie bestellt. Von den paar Heurigen rundum hat noch keiner geöffnet. Frühling. Ein erstaunlich warmer Frühling. Die Straßenlaternen sind von hier aus nicht zu sehen. Man ahnt sie bloß, dunkelgrauer Schimmer im Nachtschwarz. Meine Augen werden sich an die Dunkelheit gewöhnen. Soll ich rufen? Mein Herz klopft. Den Gefallen tue ich ihm nicht, er würde merken, dass mir das Ganze unheimlich ist. Und was, wenn er der Drohanrufer war? Wenn er vermutet, dass ich zu viel weiß? Ich gehe auf den Lichtpunkt zu. Niemand da. Jetzt rufe ich doch. „Hallo?“ Es klingt wie gepiepst. Keine Antwort. Ich werde wütend. Der Typ hat mich herkommen lassen und ist einfach verschwunden. Direkt im Licht liegt ein Zettel. Ja, super, danke. „Bin im Kino“ oder so etwas.
    Ich lese. Blockbuchstaben. „TOTALES RECYCLING“. Davon hat er immer wieder gesprochen, so heißt sogar ein Kapitel seines Buches. Er hat gepredigt, dass man sich recyceln müsse, um glücklich und eins mit sich selbst und der Welt zu werden. Innerlich und äußerlich. Daher auch die basenorientierten Entschlackungskuren, die Darmreinigung, die Leberreinigung und all das Zeug. „FRANZISKA DASCH“ steht darunter. Ein Erinnerungszettel? Hat er dieser Franziska das totale Recycling verordnet? Die Arme. Moment mal: Hat Berger nicht gestern die Blonde in Weiß so angesprochen? „Kommen Sie bitte mit, Frau Dasch.“ Ja. Das könnte passen. Aber sicher bin ich mir nicht. Kann ich mir nie sein, bei meinem Namensgedächtnis. Meine Fantasie ist größer als meine Merkfähigkeit. Hm. Vielleicht ganz gut für eine Journalistin bei einem mittelseriösen Wochenmagazin. Da steht noch eine Adresse. Ihre Adresse? Wohl kaum. „RECYCLINGWERKE ALSPHA, SEYRING“. Dort wird er sie wohl kaum recyceln wollen. – Und wenn doch? Ich rufe. Keine Antwort. Jetzt hetze ich durch die Räume. Meine Augen haben sich ein wenig an die Nacht gewöhnt. Niemand da. Vielleicht ein Überfall. Mord. Da liegt keiner. Nirgendwo. Zurück zum Schreibtisch. Ich mache mit meinem Mobiltelefon einige Fotos von dem Zettel. Sicher ist sicher. Ich starte den Computer. Ich suche nach der genauen Adresse des Recyclingwerks. Da. Gefunden. Kann das Ganze etwas mit der Rathaussache zu tun haben? Warum sollte es? Mira, du bist müde, überreizt, überarbeitet. Fantasie, pure Fantasie.
    Vesna. Sie verspricht, sich sofort zum Recyclingwerk aufzumachen. Was wollen wir dort finden? Wer lässt uns dort hinein? Ich denke an eine Halle, an einen hohen Zaun, an große, gefährliche Hunde. Aber es ändert nichts daran: Der Zettel ist eigenartig. Wer schreibt so etwas? Ich kann nicht sagen, ob es Weis’ Schrift ist. Ich tippe die Adresse in mein Navigationsgerät.
    Raus aus Wien, Richtung Norden. Die Stoßzeit ist vorbei, ich komme rasch voran. Brünner Straße. Was ist das? Umleitungspfeil. Ich hatte es vergessen. Die bauen hier eine neue Autobahn. Auf dass man schneller von Wien nach Prag, nach Berlin kommt. Vorausgesetzt, man steht nicht im Stau. Mein Navi sagt mir unentwegt, dass ich wenden soll. Kann ich aber nicht. Da sind nur dunkelbraune Erdlöcher. Und die Brünner Straße ist einfach nicht mehr dort, wo sie das satellitengestützte Ortungsgerät vermutet. Wo ist Seyring? Ich verfahre mich, lande an einer verlassenen Schnellbahnhaltestelle, drehe wieder um. Hektisch.
    „Wenn möglich, nach achtzig Metern wenden“, sagt mein Navi und ich bin knapp davor, es anzuschreien. Ich fahre weiter, erlaube mir nicht, die nervende Computerstimme einfach abzudrehen, sehe eine Hinweistafel, Pfeil Richtung Seyring. Ich reiße meinen Honda herum, gutes Auto, macht beinahe alles mit. Es dauert nicht lange

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