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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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können.“
    Jetzt halte ich ihm meinen Ausweis vor die Nase. „Sehen Sie.“
    Er beäugt meinen Presseausweis misstrauisch, kommt dann aber wohl doch zum Schluss, dass er es nicht mit Baustelleneinbrecherinnen zu tun hat. „Sie können ja nicht viel anstellen. Also suchen Sie. Ich muss meinen Rundgang weitermachen.“
    „Sie sind hier ganz allein?“, will Vesna wissen.
    „Warum?“, kommt es misstrauisch zurück.
    „Wenn jemand Anlage wie diese startet, Sie merken das sofort?“
    „Das wäre höllenlaut in der Nacht. Sicher.“
    Irgendwo in einem Gebüsch ruft ein Käuzchen.
    „Das heißt: Niemand könnte die Anlage unbefugt in der Nacht in Betrieb nehmen“, ergänze ich.
    Der Wachmann kratzt sich am Kopf. „In der Nacht sicher nicht, da sind immer zwei von uns unterwegs. Auch wenn das Gebiet groß ist, das wir kontrollieren. Gegen Abend … wenn die Arbeiter die Anlage verlassen, aber die Lkw und die Baumaschinen noch fahren, oder wenn dort hinten Schotter vorbereitet wird … das könnte schon gehen. Warum wollen Sie das wissen?“
    „Hat etwas mit meiner Geschichte zu tun“, sage ich und lächle möglichst harmlos.
    „Hat man etwas gestohlen? Aber wer stiehlt schon alten Asphalt, oder?“
    Ich schüttle den Kopf. „War mehr so eine Gedankenspielerei.“
    „Sie schalten die Maschine nicht ein, oder?“, fragt der Mann.
    „Keine Ahnung, wie das geht.“
    „Ist auch nicht so einfach, habe ich mir sagen lassen. Und gefährlich. Ich muss jetzt weiter. Vielleicht sind Sie ja auch bloß da, um mich abzulenken … während ein paar Kumpels einbrechen …“
    „Und mein Presseausweis ist natürlich gefälscht“, ergänze ich.
    „Ach was“, sagt der Wachmann, dreht sich um und geht in Richtung eines Pick-ups davon.
    Da stehen wir vor dem stummen schlafenden Monster. Vesna geht und stochert im zerkleinerten Asphalt herum. „Müssen wenigstens so tun, als ob wir suchen“, sagt sie.
    „Im Recycling-Asphalt? Da wäre von einem Aufnahmegerät nicht viel übrig.“
    „Kann dir ja einfach hinuntergefallen sein.“
    Vesna leuchtet auf das, was von den Asphaltbrocken übrig geblieben ist. Steinchen, zwei, drei Zentimeter im Durchmesser. Dann fährt der Lichtkegel ein Stück zurück und sie gräbt mit einer Hand im Geröll.
    „Okay, das reicht jetzt. Er glaubt uns schon“, sage ich. Gar so übertreiben braucht sie auch nicht.
    „Da ist was zwischen Asphaltbrösel“, sagt Vesna. „Ist ein Schuh oder so was gewesen.“
    Ich gehe die paar Schritte zu ihr, sie zieht ein graues Stück festen Stoff heraus, es ist der vordere Teil eines Schuhs. Turnschuh. Man kann noch ein Stück Gummisohle erkennen, einige Ösen, wo das Schuhband durchging, Leinen. Ich sehe genauer hin. Da schimmert etwas. Glitzersteinchen auf dem Leinen. Ich greife mir den Schuhrest, reibe über die Steinchen. Silbern und golden glänzen sie jetzt im Schein von Vesnas Taschenlampe. Ich bekomme kaum Luft. Schwarze und braune und graue Asphaltkörner, kantig gebrochen aus tonnenschweren Blöcken, und dazwischen dieses Stück von einem Turnschuh. Was bleibt von einem Menschen, der hier mitgebrochen, mitgemahlen wird? Ich nehme einige der Asphaltkörner in die Hand, lasse sie durch die Finger wieder zurück auf den meterhohen Steinhaufen gleiten. Geräusch wie von Regen auf ein Dach.
    „Franziska Dasch. Sie hat gestern solche Schuhe getragen“, sage ich dann.
    Vesna kramt wortlos in ihrer Jackentasche. Jetzt am Abend ist es empfindlich kalt geworden. Sie zieht eine kleine Digitalkamera heraus und fotografiert. Den zerkleinerten Asphalt. Den Teil eines ehemals reinweißen, glänzenden Turnschuhs. Den genauen Fundort. Ich mache mit meinem Mobiltelefon auch ein paar Fotos. Sicherheitshalber. Außerdem weiß ich nicht, was ich sonst tun soll.
    „Wir müssen ganz schnell herauskriegen, ob Franziska Dasch ist verschwunden“, sagt Vesna mit heiserer Stimme.
    „Sie war auf der Gala“, ergänze ich. „Sie ist aufgestanden, kurz nachdem Weis aufgestanden ist. Vielleicht hat sie etwas gesehen. Etwas, das mit Weis zu tun hat.“
    „Ich weiß nicht, ob da ein Zusammenhang ist“, murmelt Vesna. „Wenn Weis etwas getan hat, er lasst doch nicht den Zettel liegen.“
    „Wir brauchen den Zettel jedenfalls. Die Fotos sind zu wenig“, sage ich.
    „Wir müssen schauen, wie viele Dasch es gibt in Wien. Wenn sie aus Wien ist“, meint Vesna.
    Auf dem Parkplatz vor dem Weis.Zentrum ist vorgestern ein weißer BMW mit Wiener Kennzeichen gestanden, daran

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