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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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erinnere ich mich.
    „So dumm, dass Zwillinge im Ausland sind“, murmelt Vesna. „Fran hätte in drei Sekunden gewusst, wo die Frau wohnt. Fehlen, weil niemand beim Putzen einspringen kann, fehlen, weil niemand beim Observieren einspringen kann, und fehlen, weil sie meine Kinder sind.“
    Fran hat ein Auslandsstipendium in Chicago, und seine unternehmungslustige Zwillingsschwester ist einfach auf zwei Monate mitgefahren. Das mit der Adresse kann ich freilich auch klären. Mein Telefon hat mobiles Internet. Elektronisches Telefonbuch, die Seite öffnet sich langsam. Nicht viel zu sehen auf dem kleinen Bildschirm. Ein Rascheln im mageren Gebüsch links vor uns. Ich zucke zusammen. Vesna rückt näher zu mir. Weil auch sie sich fürchtet? Um mich zu beschützen? Ein irritierter Hase starrt uns an und rast dann über die staubige Baustelle davon. Ich atme durch, tippe „Dasch“ ein und warte. Im elektronischen Telefonbuch sind sechs Dasch verzeichnet, kein Eintrag mit dem Vornamen Franziska. Zwei davon sind Firmen. Ein Installateur und ein Halbleiterunternehmen.
    „Vielleicht sollte ich Berger anrufen, den Psychologen vom Weis. Zentrum. Der könnte wissen, wo Franziska Dasch wohnt. Vielleicht hat er sogar ihre Nummer“, überlege ich.
    „Lieber nicht“, antwortet Vesna. „Man soll vorsichtig sein. Was ist, wenn Weis doch was mit der Sache zu tun hat, und er erzählt ihm davon? Du rufst durch.“
    Ich hasse es, wildfremde Menschen anzurufen. Und das um zehn am Abend. „Warum ich?“
    „Weil mit dem Akzent bin ich nicht so vertrauenswürdig“, erwidert Vesna.
    Schlimm genug, dass sie recht hat. Erster Anruf. Keiner hebt ab. Zweiter Anruf. Nach dem zweiten Klingelton eine Männerstimme. „Dasch.“
    „Wohnt da eine Franziska Dasch?“
    „Warum? Wo ist sie?“
    „Ich komme vorbei“, sage ich kurz und lege sofort auf.
    Diplomingenieur Dr. Harald Dasch. Vesna fährt ins Weis.Zentrum, um den Zettel sicherzustellen.
    „Und wann verständigen wir die Polizei?“, frage ich und denke an Verhofen und meine gute Beziehung zu ihm. Mira, was ist? Wie wichtig ist dir die?
    „Wenn wir wissen, ob Franziska Dasch verschwunden ist“, erwidert Vesna.
    „Hat sich so angehört“, antworte ich.
    „Ohne uns die Polizei würde noch lange von der Sache nichts erfahren. Wenn überhaupt.“
    „Und wenn dieser Dasch eine Vermisstenanzeige macht?“, gebe ich zu bedenken.
    „Dann weiß es Polizei sowieso“, sagt Vesna ungeduldig. „Wird neue Beziehung schon nicht kaputt machen.“
    „Das ist keine Beziehung“, fauche ich. „Los. Du ins Weis.Zentrum und ich in den 18. Bezirk.“
    Villengegend. Hier ist es nicht so leicht, in der Nacht einzudringen wie auf einer Autobahnbaustelle. Hohe Gitter vor den Häusern, vermutlich alles mit Alarmanlagen gesichert. Aber ich will mich ja ohnehin nicht einschleichen. Diese Adresse findet mein Navi auf Anhieb. Hier hat sich schon seit Jahren nichts verändert. Keine Einbahn und kein Straßenname und wohl auch kaum einer der Villenbesitzer. Alteingesessener Wohlstand, krisenfest. Zumindest machen die Häuser diesen Eindruck. Eine Polizeistreife fährt langsam an meinem Auto vorbei. Ich halte die Luft an, bleibe noch zwei Minuten sitzen und steige dann aus. Ich läute bei „Dipl.-Ing. Dr. Dasch“ und frage mich, warum einer seine Titel aufs Türschild schreiben muss. – Ich sollte mich lieber fragen, was ich tue, wenn er nicht öffnet. Das Außenlicht geht an. In der Eingangstüre, zehn Meter von mir entfernt, ein Mann in hellem Hemd und dunkler Hose.
    „Was ist?“, fragt er wenig freundlich.
    „Wo ist Franziska Dasch?“, frage ich.
    Ich höre das elektrische Summen des Gartentors, drücke dagegen und bin drin.
    Wir sitzen einander in einem überdimensionalen Wohnzimmer mit offenem Kamin gegenüber. Er ist nicht eingeheizt, vielleicht ist das Sache von Frau Dasch.
    Seine Frau, so erzählt mir Dasch langsam, bleibe immer wieder über Nacht weg. „Seit sie in den Wechseljahren ist, ist sie schrecklich reizbar“, erklärt er. „Wegen der kleinsten Kleinigkeit rauscht sie ab zu ihren alten Eltern, die haben sie immer verwöhnt. Sie glaubt, so kann sie mich strafen. Aber ich finde es hin und wieder ganz nett, allein.“
    Vielleicht lässt sie sich nur nicht mehr alles gefallen, überlege ich. Oder sie findet es einfach auch netter ohne ihren Mann. Es nervt mich, wenn für alles die weiblichen Hormone verantwortlich gemacht werden.
    „Und? Haben Sie ihre Eltern

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