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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Freundin nehmen Sie mit. Die war doch sicher dabei, als der Schuh gefunden wurde?“
    Ich habe gehofft, dass Vesna in der Zeit, die ich mit Zuckerbrot und Co werde verbringen müssen, weiter nachforschen kann. Wo auch immer. Morgen Mittag ist absolute Deadline für die neue „Magazin“-Ausgabe. Aber leugnen ist sinnlos. „Okay“, sage ich. Dann verständige ich den Bereitschaftsfotografen des „Magazin“. Ich bin Journalistin, auch wenn es Zuckerbrot nicht freut.
    Diesmal bin ich vor Vesna bei der Anlage. Ich habe Zuckerbrot den Weg beschrieben. Neben ihm steht ein Mann, der wirkt, als hätte er schon geschlafen. Mittelgroß, massig, muskulös, kariertes Hemd, schwarze Hose. Alter: irgendwo zwischen vierzig und fünfzig. Der Trupp der Spurensicherung stellt gerade Scheinwerfer auf. Das Tor zur Halle ist jetzt offen. Hat man sie gefunden? Da drinnen? Ich spähe hinein.
    „Herkommen“, befiehlt Zuckerbrot.
    „War sie da drin?“, frage ich.
    Der gewichtige Mann antwortet entsetzt: „In der Halle? Um Gottes willen, nein! Wir haben unsere Maschinen da drinnen. Bagger und so.“
    Ich sehe ihn interessiert an. „Sie haben mit der Anlage zu tun?“
    „Sie gehört mir. Es gibt immer wieder böse Scherze, dass man da jemanden spurlos verschwinden lassen könnte, aber dass so etwas wirklich einmal passiert …“
    „Also ist es technisch möglich?“, will ich wissen.
    „Seien Sie vorsichtig“, sagt Zuckerbrot zum Recycler. „Frau Valensky arbeitet beim ‚Magazin‘.“
    „Das ginge schon“, antwortet der Mann langsam. „Zumindest theoretisch.“
    „Kommen Sie“, sagt Zuckerbrot und nimmt mich ruppig am Ellbogen. „Sie sind nicht da, um Fragen zu stellen, sondern weil wir Fragen an Sie haben.“
    Ich sehe mich um. „Verhofen …“, setze ich an.
    „Der hat bei der Sondereinheit genug zu tun. Ganz abgesehen davon, dass Sie ihn ohnehin nur wieder einwickeln würden.“
    Oje. Wie viel weiß Zuckerbrot? Er schnappt sich einen Beamten, den ich noch nie gesehen habe. Der holt ein Aufnahmegerät aus seiner Umhängetasche. Wenige Minuten später sitzen wir in einem Einsatzfahrzeug und ich gebe an, was ich weiß. Ein Auto kommt, noch eines und noch eines. Journalistenkollegen, hoffentlich auch der „Magazin“-Fotograf. Ich mache mich so klein wie möglich, ich will nicht, dass sie sehen, dass ich mehr mit dem Fall zu tun habe. Sie stürmen in Richtung der erleuchteten Recyclinganlage, erste Blitzlichter. Sie werden von Polizeibeamten zurückgedrängt. Beide Seiten kennen das Spiel. In sicherer Entfernung vom möglichen Tatort dürfen sie stehen bleiben. Ich unterschreibe irgendein Protokoll, ich lese es gar nicht, was so etwas angeht, weiß ich, dass ich Zuckerbrot vertrauen kann. Ich will ungesehen aus dem Wagen kommen. Zuckerbrot bemerkt es und sieht mich spöttisch an. „Sie sollten heimfahren. Oder soll ich Ihnen via Lautsprecher noch einmal für Ihre Mitarbeit danken?“
    Ich weiß, er wird es nicht tun. Und er weiß, dass ich nicht fahren werde. Ich schlüpfe aus dem Fahrzeug. Im Schatten eines Containers wartet Vesna. „Besser, deine Kollegen wissen nicht, dass wir mehr wissen“, flüstert sie mir zu, bevor sie zur Einvernahme ins Fahrzeug klettert. Schon schön, sich mit jemandem so gut zu verstehen. Ich gehe auf das Grüppchen Journalisten zu. „Oh, die Chefreporterin vom ‚Magazin‘ persönlich“, ätzt ein junger Chronikreporter.
    „Ich war bloß zufällig in der Gegend“, grinse ich. Keiner glaubt mir. Aber es hat auch keiner bemerkt, dass ich von der Polizei befragt worden bin. Viel wird es hier heute nicht mehr zu erfahren geben, da bin ich mir ziemlich sicher. Zuckerbrot hat den Recyclingmann dazu gebracht, nicht mit den Journalisten zu sprechen, erzählt mir unser Fotograf empört. Na ja, ich habe zumindest ein paar Worte mit ihm geredet. Ich werde ihn anrufen. Hat irgendwie ganz sympathisch gewirkt. Aber jetzt muss ich meine Story umschreiben. Ergänzen. Ich brauche die Zustimmung des Chefredakteurs. Ich ziehe meinen Fotografen zur Seite. „Ruf mich an, falls sie sie finden.“ Ich schaue zum Berg von Asphaltstückchen hinüber, der von Männern und Frauen in weißen Plastikanzügen systematisch durchsucht wird. Bild wie von der Landung auf einem entfernten Planeten. „Oder Teile von ihr“, ergänze ich. Ich schicke Vesna eine SMS. „Bin auf dem Weg in die Redaktion, melde dich.“
    Knapp vor Mitternacht. Klaus geht sofort ans Telefon. Okay, ich solle meine Story ergänzen. Aber

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