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Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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anderen Verlag anheuern.“
    „Frau Moylen hat niemanden, der den Vertrieb macht?“
    „Sie hat sie kündigen müssen. Eine Freundin von mir. Kommt übrigens gleich. Aber kein Problem, die ist inzwischen im größten ehemaligen Literaturverlag untergekommen.“
    „Warum ‚ehemaligen‘?“
    „Weil auch die längst nicht mehr nur Literatur, sondern alles Mögliche machen, was gute Verkaufszahlen verspricht. Die haben Lebenshilfe genauso wie irgendwelche Biografien von Schauspielern oder Sportlern. Geht eben ums Geldverdienen. Die haben dieses Buch ‚Selbst&Bewusst‘ herausgebracht. Hat sich über fünfzigtausendmal verkauft. So gut geht österreichische Literatur nicht. Das Buch von Weis hätten sie sehr gerne gehabt. Sie haben ihm angeblich ein sehr gutes Angebot gemacht, aber Genaueres hat meine Freundin auch nicht gewusst. Ist total nett von ihr, dass sie uns gewarnt hat, obwohl Moylen sie gekündigt hatte. Andererseits: Was ist meiner Chefin übrig geblieben?“
    Ich nehme einen Schluck. „Das Buch von Weis ist also für Ihren Verlag so etwas wie überlebensnotwendig.“
    „Nicht ‚so etwas wie‘. Es ist lebensnotwendig. Ich hoffe, Sie werden übers neue Buch berichten. Das ‚Magazin‘ ist ziemlich wichtig für uns, sagt auch unsere Pressefrau.“
    Mit der hatte ich noch nie zu tun. „Ah, eine Öffentlichkeitsabteilung gibt es also doch noch?“
    „Klar. Die wird zuletzt zugesperrt. Abgesehen davon, dass Margit momentan nur halbtags arbeitet. Auch weil sie sich auf ihre Diplomprüfung vorbereitet. Also: Werden Sie berichten oder sind Sie zu sauer auf Weis und Moylen?“
    Ich lächle. „Wir werden sehen. Selbst kann ich es nicht machen, immerhin war ich doch irgendwie am Buch beteiligt. Schicken Sie mir jedenfalls die Unterlagen ins ‚Magazin‘. Ich hab ja keinen Zugang mehr.“

[ 9. ]
    Ich biege knapp vor sieben in die Gasse ein, in der Vesnas Wohnung liegt. Hier sind die meisten Häuser niedrig, zwei, drei Stockwerke bloß, abgewohnt. Immer wieder hat es geheißen, das Haus, in dem Vesna Büro und Wohnung hat, werde abgerissen. Aber solange es nicht mehr als ein Gerücht ist, will Vesna bleiben. Hier kennt sie alle Leute, sagt sie. Es sei fast wie in einem Dorf. Und außerdem: Die Miete ist für Wiener Verhältnisse wirklich günstig. Auf dem Gehsteig spielen drei Mädchen mit einem Ball. Zwei von ihnen tragen ein bunt gemustertes Kopftuch. Der Ball rollt auf die Straße und eines der Kopftuch-Mädchen schreit in bestem Wienerisch: „Hearst, passt’s doch auf!“ Dann saust sie dem Ball hinterher und hat ihn wieder eingefangen. Ich lächle den dreien zu, sie lächeln zurück. Am zweigeschossigen Haus mit der gelben Fassade hängt das große Schild: „Sauber! Reinigungsarbeiten aller Art“. Inzwischen beschäftigt Vesna acht Leute fix und noch einige stundenweise. Menschen, die Reinigungsarbeiten verlässlich übernehmen, sind gefragt. Ihr informeller Unternehmenszweig „Nachforschungen aller Art“ läuft mindestens ebenso gut. War mir immer klar, dass Vesna eine gute Geschäftsfrau ist. Ich könnte so etwas nicht.
    Bei Vesna gibt es keine Gegensprechanlage. Die Haustüre ist tagsüber offen und am Abend muss eben jemand herunterkommen und aufsperren. Noch ist sie offen, ich gehe hinein, die schmalen Treppen in den ersten Stock hinauf. An einer der Wohnungstüren ein großes Schild: „Sauber!“ Neben der anderen ein typisches kleines Namensschild mit „Krajner“. Ist jetzt schon mehr als ein Jahr her, dass ihr Halilovic ausgezogen ist. Menschen verändern sich und nicht alle Beziehungen halten das aus. Außerdem hatte Vesna zu diesem Zeitpunkt schon seit Längerem ein Verhältnis mit Valentin Freytag. Halilović ist jetzt mit einer kroatischen Espressobesitzerin zusammen. Neben dem Stiegenhausfenster stehen drei Stühle und eine seltsame Topfpflanze. Das Beste, was man über sie sagen kann, ist, dass sie überlebt hat. Wenn nötig, können Kunden hier im Treppenhaus warten, bis Vesna für sie Zeit hat. Das wäre in schickeren Häusern sicher nicht möglich, die Nachbarn würden sich sofort beschweren, wenn da jemand auf dem Treppenabsatz ein informelles Wartezimmer einrichtet. Ich läute bei „Krajner“, und Vesna ruft von drinnen: „Ist offen, Mira Valensky!“ Wahrscheinlich hat sie mich durch das Küchenfenster kommen sehen.
    Die Wohnung besteht aus einem winzigen Vorraum, einer Küche, einem Wohnzimmer, das gleichzeitig Vesnas Schlafzimmer ist, und einem weiteren Raum, in dem

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