Leben lassen - ein Mira-Valensky-Krimi
bis jetzt die Zwillinge gewohnt haben. Dahinter ein winziges Badezimmer, nachträglich eingebaut. Valentin springt von einem der Küchensessel auf. Irgendwie wirkt der elegante Valentin hier fehl am Platz. Er trägt Jeans und Polo, aber bei ihm wirkt auch das edel. Er will Vesna seit Monaten in seine Villa entführen. Vesna wehrt sich. Wo sollte sie dort ihr Büro einrichten? Um die Putzkunden mache sie sich keine Sorgen, hat sie mir wiederholt gesagt, aber ob in einer noblen Gegend wie der von Valentin ein illegales Detektivbüro gefragt sei? Jedenfalls besteht Vesna auf ihrer Unabhängigkeit, und Produzent Valentin lässt es sich gefallen. „Er kann ja auch zu mir ziehen“, sagt Vesna bisweilen, aber das meint nicht einmal sie ernst.
„Ich wollte schon gehen“, sagt Valentin. „Ich muss zum Flughafen. Amsterdam.“ Er lächelt mich an und seufzt. „Kannst du deine sture Freundin nicht davon überzeugen, dass es viel netter ist, mit mir in Amsterdam zu sein, als einem Kabelfirma-Besitzer beizubringen, dass seine Frau ihn betrügt?“
Ich grinse. „Du weißt, wie das mit den Diebstählen war?“, frage ich Vesna.
Sie nickt. „War anders als gedacht. Kabelfirma-Besitzer hat gedacht, seine Frau hat mit Diebstählen zu tun. Hat er nicht recht gehabt. Das war slowakische Bande, die haben wir in der Nacht mit Polizei gefasst. So weit gute Nachricht. Schlechte: Sie betrügt ihn. Deswegen sie war immer wieder verschwunden und nicht erreichbar.“
„Wenn Oskar mir zutrauen würde, dass ich ihn bestehle, würde ich ihn auch betrügen“, sage ich.
„Ist was dran“, erwidert Vesna. „Würde ich gerne mit nach Amsterdam, aber keine Zeit. Geschäft, ich kann es nicht alleine lassen.“
„Und was machst du in Amsterdam?“, frage ich Valentin.
„Rechte verhandeln, es wird eine neue Show geben und ich verkaufe Lizenzen. Showformate zu erfinden ist das viel bessere Geschäft, als Shows zu produzieren. Ich werde wohl eine Woche oder so wegbleiben.“ Er sieht auf die Uhr. „Das Taxi müsste schon da sein.“
„Taxler kommt rauf“, meint Vesna.
„Ich lasse euch kurz allein“, murmle ich.
Valentin lacht und küsst mich auf die Wange. „Ich hab mich von Vesna schon ordentlich verabschiedet, aber überzeugen konnte sie das leider auch nicht …“
Vesna, die toughe Vesna, wird tatsächlich rot. „Musst du nicht immer Blödsinn erzählen.“
Mir fällt noch etwas ein. „Könntest du, wenn du zurück bist, mit Zerwolf reden?“, frage ich Valentin.
„Habe ich fix vor, auch wenn nicht klar ist, ob er mit mir spricht. Eher nicht. Vesna hat mir alles erzählt, absurd, dass er Frauen belästigen soll. Er hatte eine sehr entspannte Art, mit Frauen umzugehen, zumindest damals …“
„Ist fast vierzig Jahre her, oder?“, spöttelt Vesna.
Valentin runzelt die Stirn. „Liebe Güte, tatsächlich. Natürlich ist Wolfgang ein Spinner. Aber gelten nicht alle als Spinner, die konsequent sind?“
Da klopft es und der Taxifahrer ist da.
„Ich habe auch Carmen herbestellt“, sagt Vesna einige Minuten später. „Ich habe ihr gesagt, ich finde nicht richtig, dass sie sich nicht gemeldet hat. Das war ausgemacht. Außerdem sie hat ja nicht viel Erfahrung, das Mädchen. Besser, man spricht alles ab.“
„Ich weiß nicht, ob wir sie unter Druck setzen sollen“, murmle ich.
„Unsinn. Ist kein Druck. Ich will wissen, was sie herausgefunden hat. Wenn sie was herausgefunden hat. Außerdem habe ich nicht einmal verlangt, dass sie zu bestimmter Zeit kommt. Hat sie gesagt, es kann auch später werden, sie kann es nicht sagen.“
Na super. Die Dame kann es nicht sagen. Glaubt sie, dass wir nichts Besseres zu tun haben, als auf sie zu warten? Wir werden nicht warten. Hunger. Mal sehen, ob Vesna an Abendessen gedacht hat. Wir werden essen und wir werden reden. Zu zweit. Wie früher.
„Essen?“, sagt Vesna. „Oje. Habe ich nicht viel da. Und besser, wir gehen nicht fort, wenn Carmen kommen kann. Aber in nächster Gasse es gibt gutes Kebab und gute Pizza. Sie liefern.“
Mein Bedarf an Fast Food ist für heute gedeckt. „Du wirst wohl irgendwas da haben. Ich koche.“
Vesna öffnet den Kühlschrank. Jetzt, wo sie keine Kinder zu verpflegen hat, gibt es wirklich nur das Nötigste. Ich nehme es als Herausforderung, durchstöbere auch das reichlich vereiste Tiefkühlfach und den Vorratsschrank. „Okay“, sage ich dann. „Lauwarme Zitronen-Melonen-Spaghetti. Danach Faschiertes auf
Weitere Kostenlose Bücher