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Leben macht Sinn

Leben macht Sinn

Titel: Leben macht Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irmtraud Tarr
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sind, weil ein rationaler, an die Logik appellierender Zugang zu einseitig ist. So makaber es klingen mag, die Neurose ist stärker als die Therapie, das wissen alle Therapeuten. Ob innerhalb oder außerhalb der Therapie: Menschen ändern sich eher, wenn es gelingt, den Intellekt zu umschiffen und positiveBotschaften einzuschleusen. Jemand, der den Satz »Liebe ist stärker als Zerstörung« in die Emotionen eines Menschen einschreiben kann, der hat heilende Kräfte mobilisiert. Die alten Hypnotiker wie beispielsweise Anton Mesmer hatten das besser begriffen als viele von uns heute. Sie wussten intuitiv: Veränderungen geschehen nur über emotional korrigierende Neuerfahrungen. Sich darauf einzulassen, hieße an den Punkt zu gehen, wo die eigenen Intensitätspunkte des Lebens liegen. Alles, was mit der Würdigung von Emotionen, mit tiefem Vertrauen und Hingabe einhergeht, führt in diese Bereiche hinein, wo es auf einer tieferen Ebene um Öffnung geht. Es geht also darum, dort zu suchen, wo unsere eigene Intensität und unsere Kraftquellen liegen.
    Eine typische Aussage von einem Sportler: »Es geschah von einem Tag auf den anderen. Ich war plötzlich ganz sicher, ich muss aufhören mit dem Skifahren. In der Welt des Sports geht meine Seele vor die Hunde. Zum Glück habe ich nicht gewartet, bis sich mein Kopf gemeldet hat, der hätte sicher unzählige Pros und Kontras gefunden. Die Gefühle waren einfach schneller und überzeugender.«
    Woher diese Resonanz kommt, ist zwar noch unklar. Aber die populären Begriffe »Bauchentscheidung«, »Bauchwissen« sind nicht aus der Luft gegriffen. Wissenschaftler sprechen vom »zweiten Gehirn«, das sich im Unterbauch wenige Zentimeter unterhalb des Nabels befindet, wo die dichteste Konzentration an Nervenverästelungen außerhalb des Gehirns zu finden ist. Die Japaner bezeichnen diese Region als »Hara«: der Schwerpunkt des Körpers, wo Energie und Gefühlswahrnehmung sich zur Kraft verbinden, und der Mensch zum inneren Gleichgewicht findet.
    Emotionen spielen eine entscheidende Rolle im Hinblick auf Sinngewissheit. Sie sind nicht nur Begleitmelodie für Veränderungen und Lebenswendungen, sondern Katalysatoren, die uns dorthin führen, wo es sich »richtig anfühlt« und eben nicht dort, wo es leicht und ohne Schwierigkeiten vor sich geht. Von den Rolling Stones gibt es einen bekannten Song, der diesen Gedanken popularisiert: »Wir bekommen oft nicht das, was wir wollen, aber wir bekommen oft das, was wir brauchen.« Das heißt umgekehrt: Wer seine Emotionen wahrnimmt und ernst nimmt, spürt intuitiv den Weg zu neuem Sinn.

Stehenbleiben oder weitergehen?
    Was ist es, dass manche ihr Leben radikal verändern, während andere in der gleichen Situation unberührt bleiben? Warum sind diese sogenannten »Gipfelerlebnisse«, die jeder auf die eine oder andere Art kennt – einen Marathon laufen, eine Sternenbegegnung, ein atemberaubender Sonnenuntergang, die unvergessliche Bergwanderung, die unverhoffte Liebeserklärung, der unglaubliche Ballettabend – für manche ein Tor zur Selbstüberschreitung, und für andere lediglich eine nette Abwechslung? Warum erleben manche ein Ereignis als Fingerzeig des Schicksals, während andere es als Zufallstreffer oder »Kick« empfinden? Warum erlebt der eine die Welt plötzlich anders, nachdem er ein Gospelkonzert gehört hat, und der andere geht nach Hause und schaut fern? Warum schreibt einer ins Tagebuch »heute Kathedrale besucht«, während der andere überwältigt von diesem Erlebnis viele Seiten füllt?
    Gibt es Menschen, die tatsächlich eher imstande sind, Bedeutung und Sinn in einem größeren Zusammenhang zu erkennen? Hier gibt es zwei Auffassungen: die eine, die die persönliche, innere Veranlagung dafür verantwortlich macht und meint, es gäbe die geborenen Sinnsucher undandere, die gut zurechtkommen, ohne sich große Gedanken über Sinn und Bedeutung des Daseins zu machen: »die glücklichen Karotten«, wie die Psychotherapeutin Marion Woodman sie scherzhaft bezeichnete.
    Nun sind wir ja alle Pflanzen auf Gottes Acker und andererseits aber auch nicht, da wir im Unterschied zur Karotte uns eben so unsere Gedanken machen, sonst würden wir die Aussage: »Das Leben ist für mich sinnlos« nicht als ernst zu nehmenden Ausdruck einer Krise verstehen. Deswegen ist es wahrscheinlich angenehmer der anderen Auffassung zu folgen, die mehr nach außen schaut, auf die Umweltfaktoren. Es kommt also nicht in erster Linie darauf an, wer man

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