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Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Titel: Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Lebensmittel – Kapitulation der Besatzer – Die Befreier bleiben aus – Das Drama am Dam – Endlich: Welcome Boys – Wechselbad der Gefühle
    29. April bis 8. Mai 1945
    Mit dem Hunger wächst der Hass. Am Tag als die Zentralküchen schließen müssen, schreibt die illegale Zeitung Het Parool: »Allein bedingungslose Kapitulation! Mit Deutschen spricht man nicht, man schießt auf sie, bis sie tot sind oder sich ergeben.« Aber noch ergeben sie sich nicht. Am 25. April greifen die Besatzer einige Amsterdamer an der Bloemgracht im Jordaan auf und erschießen sie auf der Stelle. Het Parool verurteilte vehement alle informellen geheimen Gespräche, die seit Beginn des Aprils zwischen Vertretern der zentralen Widerstandsgruppen und der deutschen Wehrmacht liefen, um eine friedliche Machtübernahme zu organisieren und Nahrungswege in die Stadt zu eröffnen. Tatsächlich wurde am 26. April – Berlin war in dieser Zeit völlig von russischen Truppen eingeschlossen – in Amsterdam eine geheime Abmachung zwischen dem zentralen Widerstandskomitee und den Besatzern getroffen, die Stadt in drei Tagen aus der Luft mit Lebensmittelpaketen zu versorgen.
    Die kanadischen Soldaten sind nur noch 35 Kilometer von Amsterdam entfernt, in zwei Stunden schafft man das mit dem Fahrrad. Doch die Armee, die die Hauptstadt befreien soll, kommt einfach nicht weiter. Die Besatzer scheinen das Land mit in ihren Untergang ziehen zu wollen. Die Deutschen haben in der Provinz Holland das Wieringermeer, den modernsten Polder des Landes geflutet, der erst 1934 dem Wasser abgetrotzt worden war. Große Teile von Utrecht sind unter Wasser gesetzt. Noch immer werden in Amsterdam Menschen verhaftet.
    29. April – Das Dröhnen der Bomber kommt näher. Die Amsterdamer kennen es nur zu gut. Als es zum ersten Mal in ihre Köpfe drang, in der Nacht zum 10. Mai 1940, ahnten die wenigsten, welche Katastrophe sich damit ankündigte. Während der Besatzung wurde es zum ambivalenten Signal. Die Hoffnung auf Befreiung hing daran, wenn die Bomber der Alliierten am Himmel über Amsterdam Richtung Deutschland flogen. Aber als dann auch Bomben auf die Hauptstadt der Niederlande fielen, die eigentlich den Deutschen galten, mussten auch Amsterdamer sterben.
    Mit dem Dröhnen am Himmel hat sich am 29. April 1945 das Blatt endgültig gewendet. Aus den Flugzeugen der Verbündeten regnet es Pakete über Amsterdam. In Jutesäcke verpackt, fallen Lebensmittel vom Himmel. Die deutschen Abwehrgeschütze, immer noch auf den Dächern postiert, schweigen, und kein Besatzer rührt die Lebensmittelsäcke an. Zwei Drittel sind von den Engländern, ein Drittel von den USA gestiftet.
    Am nächsten Tag kommen die Flugzeuge und die Pakete wieder. Festes Zeichen, dass die Hoffnungen diesmal nicht enttäuscht werden, und die Befreiung wirklich nur noch Tage dauern kann. Es ist Karfreitag, der 30. April 1945. Die Amsterdamer stehen auf den Straßen und Plätzen, schauen zum Himmel, viele Menschen haben Tränen in den Augen. Es gibt wieder eine Zukunft für Mokum, ihre Stadt. Im zerstörten Berlin hissen an diesem Tag gegen 14 Uhr zwei sowjetische Soldaten auf der Kuppel des zerstörten Deutschen Reichstags eine Rote Fahne. Kaum zwei Stunden später erschießt sich der »Führer« Adolf Hitler in seinem Bunker unter der Reichskanzlei.
    Tags darauf diktiert Arthur Seyß-Inquart, der als Reichskommissar für die besetzten Niederlande dem »Führer« direkt unterstellt war, in Den Haag eine letzte Bekanntmachung: »Deutsche Soldaten, deutsche Männer und Frauen, deutsche Jugend in der Festung Holland! Ich rufe euch auf, hört es und fasst es mit starkem Herzen: Unser Führer ist im Kampf gefallen … Sein Geist wird niemals enden.« Die Bekanntmachung wird nicht mehr, wie bis dahin üblich, ins Niederländische übersetzt.
    3. Mai – Königin Wilhelmina trifft in Den Haag ein, und diesmal wird sie bleiben. Ein letzter Tagesbefehl der Wehrmacht an die deutschen Soldaten in den Niederlanden schwadroniert vom »ungebrochenen Willen zu kämpfen« und fordert: »Lieber Tod auf dem Schlachtfeld als in schmählicher Gefangenschaft.«
    4. Mai – Die Nachricht kommt zuerst aus London in der abendlichen Nachrichten-Sendung der BBC um halb neun Uhr: Deutschland hat in Nordwest-Europa kapituliert. Gegen neun Uhr meldet Radio Herrijzend Nederland: »Die Niederlande sind frei.« Innerhalb von Minuten füllt sich das stille, verschlafene Amsterdam mit Leben, als wäre es helllichter Tag.

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