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Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition)

Titel: Leben mit dem Feind: Amsterdam unter deutscher Besatzung 1940-1945 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Middenlaan die 75. Vorstellung mit der Rosen-Revue »Lachsanatorium« gefeiert wurde, wollte der Beifall kein Ende nehmen.
    Unterdessen setzen die WA -Männer ihr Treiben fast ungehindert fort. Trotz Frost und dichtem Schneefall in der Hauptstadt machen sie sich am 3. Februar auf den Weg zum Rembrandtplein. Das Café De Kroon gehört zu den wenigen Lokalen, wo immer noch kein Schild Juden als »unerwünscht« deklariert. Bevor die Männer das Lokal betreten, fliegt erst einmal ein Fahrrad durch die Scheibe. Die Besucher versuchten, die ungebetenen Gäste hinauszudrängen; Anlass für die WA -Leute, ein Handgemenge zu inszenieren. Wenig später ist das Inventar kurz und klein geschlagen. Nach getaner Arbeit verschwinden die Männer und werfen auf dem Rückweg noch in der jüdischen Imbissstube Haas in der Amstelstraat die Fensterscheiben ein.
    Drei Tage später drängen an der Haltestelle Muntplein in der Innenstadt ein Dutzend Männer in den vollen Wagen der Linie 25 und fordern lautstark vom Fahrer, er solle »die Juden« aus dem Wagen weisen. Mitfahrer protestieren, nach bewährtem Muster kommt es zum Kampf. Ein deutscher Soldat greift auf Seiten der Rechtsradikalen ein; als Amsterdamer Polizisten erscheinen, bedroht er sie mit seiner Pistole. Eine andere Variante des Straßenbahn-Rituals bestand darin, jüdische Mitfahrer aus dem fahrenden Wagen zu stoßen.
    Café Alcazar Anfang Februar 1941: Überfall von WA-Männern, weil jüdische Gäste hier weiterhin Zutritt haben
    9. Februar – Die NSB hat ihren Anhängern in Amsterdam für diesen Tag »freie Hand« gegeben. Schon am Vormittag zeigen sich WA -Männer in Uniform mit schwarzem Hemd in den Straßen, laufen in Gruppen zu fünfzig zwischen Rembrandtplein und Dam hin und her, um Unruhe in die Stadt zu bringen. Am Nachmittag zieht ein Trupp zusammen mit deutschen Soldaten und deutschen Polizisten in Zivil ins Judenviertel, zum Waterlooplein. Sie kippen Obst- und Gemüsekarren um, dringen in umliegende Häuser ein, werfen Hausrat auf die Straße, zerstören das Mobiliar. Als endlich die deutsche Feldgendarmerie erscheint, flüchten die Täter.
    Am Thorbeckeplein stürmen WA -Männer das Cabaret-Café Alcazar. Der Besitzer hatte sich bisher erfolgreich geweigert, die »Juden-Schilder« aufzuhängen. Das Alcazar ist proppenvoll, jüdische Besucher sitzen neben deutschen Militärs. Alle genießen das exzellente Orchester und die jüdische Sängerin Clara de Vries. Ein Teil des Personals hält die Eindringlinge zurück, während andere die Musiker, die Sängerin und die jüdischen Gäste durch den Hintereingang ins Freie schleusen. Dann allerdings zertrümmern die WA -Männer in Windeseile das Inventar. Die herbeigerufene Amsterdamer Polizei wird von deutschen Soldaten und deutscher Polizei daran gehindert, die Gewalttäter zu verhaften.
    Vor dem Café gehen die Straßenkämpfe weiter, erreichen den Rembrandtplein, wo hunderte von Nazis und deutsche Soldaten Amsterdamer Polizisten, die eingreifen wollen, bedrohen und teilweise misshandeln. Schließlich erscheint die SS und räumt den Platz. Kurz nach 21 Uhr provozieren WA - und SS -Männer noch einmal schwere Kämpfe im Tanzlokal Huize Bob am Waterlooplein. Schüsse fallen. Es war eine Woche der Gewalt, wie sie Amsterdam noch nie erlebt hatte.
    Doch an Unruhen, die so aus dem Ruder laufen, ist den Besatzern nicht gelegen. Niemand soll daran zweifeln, dass die Deutschen die Herren in Amsterdam sind und nicht ihre niederländische Gefolgschaft. Hans Böhmcker schreibt am 10. Februar an Reichskommissar Seyß-Inquart, dass die WA an den Kämpfen im Judenviertel schuld sei und eigenmächtig »Polizei gespielt« habe. Das wird nicht mehr vorkommen.
    Zur gleichen Zeit, als Böhmcker seinem Chef versichert, alles im Griff zu haben, steht der kerzengerade am Dam und lässt das Defilee von drei Bataillonen deutscher Ordnungspolizei – »die Grünen«, die in der Stadt kaserniert sind – an sich vorbeiziehen. Während die Besatzer öffentlich ihre Macht demonstrieren, treffen sich an diesem 10. Februar 1941 in einem Büro an der Keizersgracht sechs Männer unter konspirativen Umständen. Die erste Nummer ihrer illegalen Zeitung Het Parool ist fertiggestellt. Die Redakteure, drei von ihnen Juden, die das Untergrund-Blatt herausgeben und seit Dezember 1940 daran arbeiten, sind überzeugt, dass »Das Wort« am Ende eine mächtigere Waffe ist als alle brutale Gewalt.
    Einer der Gründungsredakteure, der Journalist Frans

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